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Foto: Paul Natkin/WireImage/Getty Images

„Ultramega OK“: Wie Soundgarden die Blaupause für Grunge vorlegten

Green-River-/Mudhoney-Frontmann Mark Arm erfand den Begriff und Nirvana verwandelten ihn in ein weltweites Phänomen. Aber das Album, mit dem für Grunge alles anfing, war Soundgardens herausragendes Debüt Ultramega OK.

von Tim Peacock

Die ursprüngliche Veröffentlichung war am 31. Oktober 1988 bei dem angesehenen amerikanischen Indielabel SST. Das Album war eine wilde Mischung aus selbstbewusstem, Led-Zeppelin-lastigem Hardrock, Proto-Punk im Stooges-Stil und einer Prise Westcoast-Hardcore. Und auch wenn Ultramega OK nur ein ausgewähltes Publikum erreichte, erfuhr die Welt auf diesem Wege, dass sich in Seattle ein musikalisches Erdbeben zusammenbraute.

Hier könnt ihr Ultramega OK hören:

Für die 1984 gegründete Band Soundgarden war ihr Debütalbum Ultramega OK das langersehnte Ergebnis von vier Jahren harter Arbeit und mehreren Lineup-Wechseln. Durch regelmäßige Konzerte hatte sich die Band einen Ruf erspielt und sah sich auch selbst als Teil einer gesunden, lokalen Musikszene. Dass sie einmal den Mainstream erobern oder auch nur landesweit erfolgreich sein könnten, kam ihnen zu dem Zeitpunkt allerdings kaum in den Sinn.

„Lokale Bands wie [Melvins] konnten es damals mit anderen großen Stadionrockacts aufnehmen“, erinnerte sich Drummer Matt Cameron Anfang 2018 im Magazin Classic Rock. „Wir kamen alle aus der Underground-Szene der 80er, wo Performance total wichtig war. Wir lebten einfach im Moment. Wir wollten alle Musik und Kunst machen. Ich bin wirklich nur hier, um gute Musik zu machen und ich glaube, das galt für uns alle.“

Rückblickend erkennt man auch in den Anfangsjahren der Band schon deutliche Anzeichen dafür, dass Soundgarden einmal ein viel größeres Publikum erreichen würden. 1986 steuerten sie drei Songs zu der gefeierten Compilation Deep Six bei (auf der sich auch andere Grunge-Vorreiter aus dem Pazifischen Nordwesten wie Green River, Melvins und U-Men befanden) und ihre ersten EPs für das angesagte Label Sub Pop aus Seattle – Screaming Life und Fopp – weckten schnell das Interesse der Major Labels.


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„Wir lebten einfach im Moment“

Soundgarden aber entschieden sich, ihr Debütalbum bei SST zu veröffentlichen. Oberflächlich betrachtet macht das Sinn, denn der Katalog des kalifornischen Labels enthielt schon andere wichtige Releases aus der Punk-/Alternative-Rock-Szene der 80er, wie z. B. Zen Arcade von Hüsker Dü, Double Nickels On The Dime von Minutemen und Evol von Sonic Youth. Trotzdem musste die Band am Ende mehr Kontrolle aus der Hand geben, als ihnen lieb war. Sie fuhren nach Oregon, um Ultramega OK mit dem von SST ausgewählten Produzenten Drew Canulette aufzunehmen, aber nach dem Empfinden von Soundgarden war er leider nicht in der Lage, ihre ungezähmte Power festzuhalten.

Eine beeindruckende Absichtserklärung

Aber auch wenn Soundgarden nie wirklich zufrieden mit Ultramega OK waren (später baten sie Jack Endino, den Produzenten von Bleach, um einen Remix in Richtung Raw Power), ist und bleibt es doch eine beeindruckende Absichtserklärung. Tracks wie Head Injury und Circus Of Power sind punkiger und weniger glatt als andere Songs im Katalog der Band, aber die grundlegenden Elemente, die Soundgarden ausmachen, sind schon da. Der Motor hinter Beyond The Wheel und dem aufgewühlten Incessant Mace sind die monumentalen, Tony-Iommi-esken Riffs von Gitarrist Kim Thayil; Chris Cornells akrobatischer Gesang bekommt auf Mood For Trouble Flügel; Flower und das gigantische Cover von Howlin’ Wolfs Bluesklassiker Smokestack Lightnin zeigen beide, wie gut das idealistische, junge Quartett mittlerweile darin war, Metal, Psychedelia und hymnischen Hardrock zu etwas Aufregendem und Unverwechselbarem zu verbinden.

Ultramega OK wirkte Wunder für Soundgarden. Das Album überzeugte ihre Fans und die erfahrensten Kritiker*innen ihrer Zeit. Unter den vielen begeisterten Reviews waren vor allem die in den Magazinen Kerrang! und Sounds ein Beleg dafür, dass die europäischen Medien die aufkeimende Szene Seattles schon auf dem Radar hatten. Außerdem kam die Platte zu einer Zeit, als Bands wie R.E.M., Sonic Youth und Hüsker Dü bewiesen hatten, dass talentierte Alternative-Rock-Bands durchaus bei einem großen Label unter Vertrag sein und damit das nächste Level erreichen konnten, ohne ihre Qualität oder Integrität dafür opfern zu müssen – Ziele, die Soundgarden mit ihrem imposanten zweiten Album Louder Than Love erreichen sollten.

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