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Foto: Al Pereira/WireImage/Getty Images

Art Garfunkel macht sich Sorgen, ob seine Stimme überhaupt taugt – nach 60 Jahren?

Bescheidenheit ist eine Zier, obwohl wir schon schmunzeln müssen, wenn diese nach 60 Jahren Berufserfahrung noch so grundlegend ausfällt: Art Garfunkel, Schutzpatron aller sensiblen Seelen, fragt sich scheinbar, ob seine Stimme eigentlich eine Karriere wie die seine rechtfertigt.

von Victoria Schaffrath

Überzeugt euch auf Original Album Classics gern noch einmal von Art Garfunkels Stimmqualitäten:

Der Achtundsiebzigjährige sprach kürzlich mit dem Mojo Magazin und gab zu, dass er sich bis heute fragt, ob seine Stimme nicht zu feminin klinge: „Ich mache mir Sorgen, ob sie nicht zu sensibel ist, verdammt. Sie ist zu fragil. Warum hört sich dieser Typ so feminin, perfekt und glockenhell an? Ist das männlich?“

Für uns stellt sich diese Frage womöglich gar nicht: Ob jemand nun männlich, weiblich oder übernatürlich (siehe: Freddie Mercury) klingt, steht nicht zur Debatte; um die Musik an sich geht’s. Überlegt man aber, zu welcher Zeit das Duo Simon & Garfunkel durchstartete, kann man die Zweifel nachvollziehen. Mit nur elf Jahren, also im Frühsommer 1953, lernte er Paul Simon kennen.

Aus Versehen erfolgreich

„Wir lebten drei Blocks voneinander entfernt in Queens“, erinnert sich der Sänger. „Nur etwa fünf Prozent der Nachbarschaft kannten diese subversive Musik. Als wir dann versuchten, sie zu singen, hatte ich eine gute Singstimme, aber als sich Paul einklinkte, hatten wir eine Harmonie. Und aus dem, was wir mit den Harmonien machen konnten, wurde dann ein enorm unterhaltsames Spiel.“

Den Anteil Simons scheint der New Yorker dabei wesentlich stärker zu bewerten als den eigenen: „Ich wusste, dass ich singen kann, aber wenn Paul da war, um sich in diese ganzen Harmonien hineinzudenken, war es viel interessanter. Und dann spielte er auch noch hervorragend Gitarre, das darf man nicht vergessen. Dazu fühlte ich mich sehr hingezogen. Er ist wunderbar; Rhythmen, Feinheiten, Akzente und Synkopen fügen sich zusammen.“

„Meine Stimme ist zu fragil“

Besonders deutlich hört man die außergewöhnliche Bescheidenheit des Bright Eyes-Interpreten heraus, wenn er über seine Berufswahl erzählt: „Ich wusste mit acht, neun Jahren beim Singen in der Gasse nicht, dass ich das zum Beruf machen kann. Ich war sicher, dass ich letztlich eine Stelle finden müsste, zum Beispiel als Lehrer. Als Kind konnte ich mir schlicht nicht vorstellen, dass ich mit dem Singen davonkommen könnte; dass ich davon Tantiemen erhalten und eine Familie ernähren könnte. Ich dachte wirklich nie, dass ich mir mit dem Singen meinen Unterhalt verdienen könnte.“

Verständlich also, dass ein wenig Unsicherheit bis heute bestehen bleibt. Diverse Grammys, darunter einer für das Lebenswerk, unvergessliche Songs wie The Boxer oder Bridge Over Troubled Water und eine erfolgreiche Solo-Karriere dürften diese Zweifel aber auch wieder beruhigen. Zuletzt plante Garfunkel im Rahmen seiner In Close Up-Tour für Ende April einige US-Termine; im November führt ihn die Show voraussichtlich auch nach Deutschland.