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Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images

Little Richard ist tot: Der Rock hat seinen Vater verloren

Im Alter von 87 Jahren ist Little Richard verstorben. Der Gründervater des Rock’n’Roll schenkte uns Klassiker wie Tutti Frutti, überwand Grenzen und gab Generationen von Musiker*innen die Blaupause für die Musik, die sie bis heute spielen.

von Björn Springorum

Es war keine Stimme. Es war ein Urschrei. Die Töne, die Little Richards Kehle entstiegen, waren genau so roh, wild und infernalisch wie die Musik, die er wie ein Besessener exorzierte. Little Richard war eine der wichtigsten und prägendsten Figuren in der Frühphase des Rock’n’Roll, einer, den man auch ganz ohne Übertreibung und Sympathie als Gründervater dieser Musik bezeichnen kann. Am heutigen Samstag, den 9. Mai, verstarb er im Alter von 87 Jahren, wie sein Sohn, der Musiker Danny Penniman bestätigte. Die Todesursache ist noch unklar.

1956 veröffentlicht Little Richard Tutti Frutti. Die Beatles, die Stones, die Kinks, die Beach Boys oder The Who: Alle sind damals noch Teenager, grün hinter den Ohren und zutiefst beeindruckt von dieser wilden, ungezähmten, kathartischen und lauten Musik, die von Georgia aus die Welt in Brand steckt. Es folgen Long Tall Sally, Lucille und Good Golly Miss Molly – alles Hits, alles Blaupausen für dieses aufregende neue Genre namens Rock’n’Roll. Seine Stücke sind unverzichtbare Psalmen im Gebetsbuch dieser Musik, die die Beatles gleich mehrfach interpretierten und die auch in einem jungen Elton John den flammenden Wunsch aufkeimen lassen, ein Entertainer von diesem Format zu werden.

Vom Tellerwäscher zum Rockstar

Nach 1958 mag Little Richard kein Top-Ten-Hit mehr vergönnt gewesen sein. Doch da hat er mit seinem hämmernden Piano, seinen lustvollen Schreien, seinem androgynen Erscheinen und seinen süffisant-doppeldeutigen Texten längst Musikgeschichte geschrieben. Die Kunstfigur eines Prince wäre ohne Little Richard nur sehr schwer vorstellbar – nicht übel für einen, der 1932 in den Slums von Macon, Georgia aufwächst und unter einem illegal Whiskey vertickenden Vater leidet, der die musikalischen Vorlieben seines Sohnes als „schwul“ abstraft. Noch 1956 ist er als Tellerwäscher in einer Greyhound-Busstation in Macon beschäftigt. Dann kommt Tutti Frutti. Und die Welt hört zu.

Schon Ende der Fünfziger zieht er sich vorübergehend aus der Musik zurück. Ein Comeback in den Sechzigern verläuft zwar nicht so erfolgreich wie gehofft, führt ihn aber unter anderem in den Hamburger Start Club. Die Band, die die Shows dort für ihn eröffnet: The Beatles. Jetzt ist er tot. Und mit ihm ist eine der letzten Schlüsselfiguren dieser Musik gegangen.