Wie läuft denn der Lockdown bei Rockstars so? Was bei Ulrichs daheim passiert, erzählt der Metallica-Drummer in einem Interview. Mit seinen Bandkollegen nimmt er sogar eine cool reduzierte Version von Blackened auf.
von Christof Leim
Hier könnt ihr euch das Metallica-Unplugged-Album Helping Hands anhören:
Ein Vorteil momentan für manche von uns: Wir können mehr Zeit mit der Familie verbringen. So läuft es auch bei Metallica-Drummer Lars Ulrich, der den auch in den USA geltenden Lockdown mit seiner Frau Jessica Miller und den drei Söhnen Myles, Layne und Bryce verbringt. Dabei passiert mitunter auch nichts anderes als bei uns Nicht-ganz-so-Rockstars: Vor ein paar Wochen zum Beispiel stellte Lars ein Bild von sich und seiner Gang beim Brettspielen ins Netz, old school, mit Figürchen auf pappener Spielfläche. Charmant. (Das Spiel, dass die Ulrichs hier zocken, heißt übrigens Ludo und lässt sich am ehesten mit dem immergrünen Mensch-ärgere-dich-nicht vergleichen.)
https://www.instagram.com/p/B-3W6TJnoYV/Ansonsten versucht der 56-Jährige, möglichst „gesund und produktiv“ zu bleiben, wie er dem Rolling Stone im Interview erzählt. „Ich bin auch aktiver als vor ein paar Monaten, mit viel Sport und Schlagzeugspielen, anstatt im Sofa zu versinken. Man fühlt sich dann im Kopf einfach besser.“
Filme & Musik
Daneben schauen sich die Ulrichs viel Filme an, und zwar nach einem interessanten Auswahlverfahren: Alle dürfen einmal aussuchen, ein Veto-Recht gibt es explizit nicht. Auf dem Sendeplan stehen Klassiker wie Platoon und Die wunderbare Welt der Amelie, aber vor allem Experimentelles von Ingmar Bergman und Godard. Das reguläre Fernsehen läuft indes kaum. Das Quintett versucht außerdem, jeden Tag etwas Vernünftiges, Gutes zu tun, auch wenn es nur eine kleine Sache ist, sei es, persönliche Kontakte zu pflegen oder an Wohltätigkeitsinitiativen mitzuwirken. Nicht schlecht.
https://www.udiscover-music.de/news/metallica-battery-heimvideoMusik spielt natürlich eine Rolle: Im Haus läuft viel Radiohead, Lars steht auf die neue Platte von Fiona Apple (Fetch The Bolt Cutters) und hat Rage Against The Machine mal wieder für sich entdeckt. Die stilistische Bandbreite seiner Jungs bewundert der Vater, insbesondere, weil das bei ihm und seinem Kumpel James in dem Alter ganz anders aussah: „Damals war mein Geschmack nur etwa einen Zentimeter breit. Mit 19 gab es für mich nur die New Wave of British Heavy Metal, alles andere hat nicht interessiert.“
Kellerkrach
Musik selber machen gehört in diesen Zeiten ebenso dazu: „In jedem Zimmer liegen Akustikgitarren oder Bässe herum, man kann immer irgendwo was spielen“, erklärt er in einem anderen Gespräch mit dem Rolling Stone. Seine älteren Söhne Myles (21) und Layne (19), beide sonst Studenten und auf mehreren Instrumenten unterwegs, nutzen die Möglichkeiten und den „Jam Room“ im Keller ausgiebig. Als sie sich an Schlagzeug bzw. Bass begeben und eine vogelfreie, äußerst noisige Version eines Beatles-Stückes raushauen, die vor allem nach Freude, weniger nach musikalischer Feinjustierung klingt, zeigt sich der Vater stolz: „Eine völlig abgedrehte Garagen-Rock-Ausgabe von Eleanor Rigby, drei Minuten in bester Blue-Cheer-Manier. Es gibt von der Nummer ja viele Versionen, aber keine mit dieser Art von Energie und Wahnsinn. Ihr macht mich stolz, Jungs.“
Metallica-Jam
Papa selber sollte ja gerade mit seiner kleinen Krachkapelle in Südamerika auftreten, was natürlich nicht geht. Also spielen Metallica eben auf Distanz – und nehmen eine reduzierte Version des 1988er-Thrash-Geschosses Blackened auf. Textlich geht es in der Nummer vom Justice-Album um Apokalypse und das Ende der Welt. Soweit ist das vom Thema Pandemie nicht entfernt und kommt in diesem Format schön düster. Nicht zum ersten Mal unterziehen die Vier einen geliebten Klassiker einem Neuanstrich. Hat was.
James Hetfield sitzt dabei mit Akustikgitarre an einem Schreibtisch, sieht fit aus und singt gut. Lars’ Trommelzimmer könnte auch dein oder mein Proberaum sein, und bei Rob Trujillo herrscht ein bisschen Chaos aus Bässen, Klamotten und Kabelkram. Nur einen See vor der Verandatür wie Kirk Hammett haben die allermeisten von uns wohl nicht. Nun ja.