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Foto: Ian Dickson/Redferns/Getty Images

New-York-Dolls-Gitarrist Sylvain Sylvain ist tot

Sie brachten den Rock’n’Roll in den Punk und waren eine der ersten Queer-Bands: Die NYC-Legende New York Dolls beklagt den Verlust ihres ikonischen Gitarristen Sylvain Sylvain.

von Björn Springorum

Im Alter von 69 Jahren ist Sylvain Mizrahi vergangenen Mittwoch an seinem Krebsleiden verstorben. Das teilte seine Frau Wanda O‘Kelley Mizrahi auf der Facebook-Seite des Künstlers mit. „Wie die meisten von euch wissen, rang Sylvain schon die letzten eineinhalb Jahre mit dem Krebs“, schreibt sie. „Obwohl er ihn tapfer bekämpft hat, erlag er gestern seinem Leiden. Und auch wenn wir seinen Verlust betrauern, wissen wir, dass er endlich keine Schmerzen mehr hat und seinen Frieden gefunden hat. Dreht seine Musik auf, zündet eine Kerze an, sprecht ein Gebet und gebt dieser wunderschönen Doll ein letztes Geleit.“

Sylvain Sylvain Mizrahi Rest In Peace February 14, 1951 ~ January 13, 2021 As most of you know, Sylvain battled cancer... Gepostet von Sylvain Sylvain Mizrahi am Donnerstag, 14. Januar 2021

Flamboyante Freaks

Geboren in Kairo, lebt Sylvain Mizrahi erst in Paris, bevor seine Familie nach New York übersiedelt. Nach einer Zeit bei der Band Actress gründet er unter dem Künstlernamen Sylvain Sylvain 1971 die New York Dolls. Insbesondere ihre beiden ersten Alben New York Dolls (1973) und Too Much Too Soon (1974) sind Referenzwerke des Rock und gelten als frühe Vermählungen von Punk und Glam. Ohne diese Band ist überhaupt die gesamte flamboyante Musikszene in New York nicht vorstellbar: Gemeinsam mit den Stooges, The Velvet Underground und MC5 mischen die New York Dolls die frühen Siebziger im Big Apple ordentlich auf.

Kommerziell bleiben die New York Dolls im Vergleich zu den genannten Zeitgenossen zwar eher unauffällig; ihr Einfluss ist aber unbestritten hoch. Von den Sex Pistols über KISS, die Ramones, Guns’N Roses und The Damned bis hin zu The Smiths sind so ziemlich alle vom entfesselten Spiel der New York Dolls angetan. Und von ihren Texten eh: Früh formuliert die Band den Wortschatz der Punk-Bewegung, setzt sich mit einem Leben abseits der Norm ebenso auseinander wie mit Antikapitalismus und Drogen. Unabsichtlich schmieden die New York Dolls den Kompass, mit dem sich eine ganze Szene einnordet.

Unvergleichlich und pionierhaft auch ihr Auftreten: Die eh schon androgyne Band trägt auf der Bühne High Heels, exzentrische Hüte, Strumpfhosen, Frauenkleider und Make-Up und darf mit gutem Gewissen als queerer Vorläufer bezeichnet werden. „Die New York Dolls kündigten die Zukunft an“, so Mizrahis Witwe weiter, „und sorgten dafür, dass man gut dazu tanzen kann.“