Wohnzimmershows, Livestreams, Heimkonzerte: Alles schöne Sachen in diesen wilden Zeiten. Nur haben wir das alles mittlerweile schon ein bisschen über, nicht wahr?
von Christof Leim
Am 18. April 2020 „trafen“ sich allerdings die ganz Großen zu einem gemeinschaftlichen Online-Auftritt unter dem Banner One World: Together At Home. In das Wohnzimmer von Keith Richards haben wir jedenfalls noch nicht so oft geguckt…
Hier könnt ihr euch alle Songs anhören:
Hinter One World: Together At Home verbirgt sich eine Reihe virtueller Konzerte, organisiert von der Organisation Global Citizen, um die Anstrengungen der Weltgesundheitsorganisation WHO in Zeiten von Du-weißt-schon-was zu unterstützen. Am 18. April 2020, einem Samstag, fand dann initiiert von Lady Gaga ein großangelegtes Special gleichen Namens statt. Alle Einnahmen kamen dabei dem „Solidaritätsfonds zur Bekämpfung von COVID-19“ der WHO zu Gute. Und dabei wurde acht (!) Stunden lang mit rund 100 Künstlern, Künstlerinnen und Bands richtig aufgefahren…
Mit dem Klavier im Garten
Für die ersten sechs Stunden können Musikfans weltweit auf den üblichen Onlineplattformen Songs sehen und hören von Mainstream-Größen wie Adam Lambert, Kesha, The Killers, Milky Chance oder Hozier. Auch etliche Veteranen und -innen singen mit, etwa Annie Lennox, Sheryl Crow, Zucchero und Billy Ray Cyrus. Die beeindruckende Liste mit Songtiteln findet sich hier.
Die nächsten beiden Stunden werden dann sogar in unzählige TV-Netze übertragen, und jetzt tauchen ganz große Namen auf: Stevie Wonder führt Lean On Me und Love’s In Need Of Love Today auf, Elton John hat sein Klavier in den Garten gestellt für I’m Still Standing, Lady Gaga singt Smile, Keith Urban Higher Love und Billie Eilish Sunny. Eddie Vedder zieht mit River Cross sogar ein brandneues Stück vom Pearl-Jam-Album Gigaton aus dem Hut.
Der Donald taucht nicht auf
Von Sir Paul McCartney hören wir den Beatles-Klassiker Lady Madonna, den er allen widmet, die an den „Frontlinien“ gegen das Corona-Virus kämpfen, also insbesondere medizinischem Personal. Er erinnert dabei an seine Mutter Mary, die während und nach dem zweiten Weltkrieg als Krankenschwester gearbeitet hatte.
Der Titel von Bille Joe Armstrongs Beitrag passt leider fast ein bisschen zu gut zur aktuellen Weltsituation: Der Green-Day-Frontmann spielt Wake Me Up When September Ends. Und die altehrwürdigen Stones sitzen in vier Wohnzimmern in den USA und der britischen Provinz und beglücken uns mit dem immergrünen (und auf eine zartbittere Weise ebenfalls passenden) You Can’t Always Get What You Want - wie immer cool, wie immer leicht und genau richtig herumeiernd. Schön auch, wie Charlie Watts die nicht vorhandenen Becken seines improvisierten Percussion-Setups mitspielt. Das ist wohl drin…
Neben der vielen Musik gibt es Moderationen von Jimmy Fallon, Jimmy Kimmel und Stephen Colbert, Grußworte kommen etwa von Schauspieler Matthew McConaughey sowie Bill und Melinda Gates, ein kleiner Lehrgang in Handhygiene von der Sesamstraße. Natürlich besitzt das alles eine politische Dimension, doch Menschen aus der US-Regierung kommen nicht zu Wort, insbesondere und glücklicherweise nicht Präsident Trump. Auch das Grußwort spricht nicht seine Frau, sondern Michelle Obama und Laura Bush. In ihrer Rezension schreibt Die Zeit unter der Überschrift „Das Live-Aid der Stubenhocker“: „Ohrenbetäubend war vor allem die Konsequenz, mit der sie Donald Trump beschwiegen.“
Lohnt sich
Natürlich kommen Livestreamshows nie an echte Konzerte ran, natürlich interessieren sich viele mehr für die diversen Hintergründe aus Wohnzimmern, Heimstudios und unaufgeräumten Hobbykellern, wie sie sich hinter den Berühmtheiten zeigen.
Habe mir dieses "One World: together at home" Konzert angehört u
KEIN einziger Promi hat ein geschmackvoll eingerichtetes Wohnzimmer Wie kann man denn nur Millionen auf dem Konto haben u es sieht immer noch aus wie IKEA? Und Jogginghosen haben sie auch keine, die Armen! — dieÜrre (@chuzpe_0) April 20, 2020
Aber zumindest kommt die Sache an: Die eingesammelten Spendengelder umfassen mehrere Millionen Dollar. Hoffentlich helfen diese Summen dabei, möglichst bald vor einer richtigen Bühne livehaftige Musik zu erleben… Bis dahin: Daheim bleiben!