Wenn sich einer seinen Status verdient hat, dann Paul Weller. Seine neue Single ist eine Absage an die ziellose Rastlosigkeit des Lebens und predigt Zufriedenheit. Bequem macht er es sich dennoch nicht.
von Michael Döringer
Brit-Ikone in Pastell
Am 3. Juli ist es soweit: Paul Weller veröffentlicht sein neues Album On Sunset. Die Platte kann man schon vorbestellen, die erste Single-Auskopplung Earth Beat haben wir bereits ausführlich gehört und gefeiert. Jetzt gibt es mit Village den zweiten Song aus dem sage und schreibe 15. Solowerk der Brit-Ikone zu hören – eine richtig schön entspannte und verträumte Nummer, die wie aus dem sommerlichen Pastell-Artwork entsprungen scheint:
Wozu auf den Everest?
Man kann aus obigem Lyric-Video schon ablesen, worum es in dem Song geht. Weller spricht mit entschiedenem Anti-Rock&Roll-Gestus aus der Perspektive eines Mannes, der komplett zufrieden mit seinem Leben ist. „Es ist eine Antwort auf all die Ansprüche, mit denen wir konfrontiert sind: dass wir den Amazonas entdecken und auf den Everest steigen müssen, um im Leben glücklich zu werden“, sagt Weller zu den Hintergründen des Lieds. „Hier ist ein Typ, der sagt: Scheiss auf das alles, ich habe den Himmel bereits gefunden.“
Auf dem Song hört man Mick Talbot an den Keyboards, Wellers alten Mucker-Kollegen aus Style-Council-Tagen. Nach dem Ende ihrer erfolgreichen Band haben die beiden noch viele weitere Male zusammengearbeitet. Eine weitere Gastmusikern auf dem neuen Album ist Hannah Peel, die schon auf seiner letzten Platte die Streicherarrangements besorgte.
Jetzt in unserem Store erhältlich:
Immer Pop, immer experimentierfreudig
Weller begann mit der Arbeit an On Sunset fast direkt nach der Fertigstellung des Vorgängers True Meanings (2018), mit dem der Modfather noch mal ein richtiges Meisterwerk vorgelegt hat. On Sunset hat ähnliches Potenzial. Auf der Platte finden sich zehn klassische und doch entschlossen moderne Songs, die nur ein Paul Weller in dieser Form schreiben und performen kann: durch und durch Pop, immer bereit für eine herzerweichende Ballade, nie zu müde für neue Experimente. Ein bemerkenswertes Element ist dagegen, dass Weller sich auch mal erlaubt, einen Blick zurückzuwerfen, auf sein Leben und seine Karriere, während er sich voller Tatendrang ins Jahr 2020 und eine neue Dekade stürzt.
Paul der Produktive
Geschrieben und aufgenommen wurde die Platte in den Black Barn Studios in Wellers Heimat Surrey, betreut wurde sie von seinem langjährigen Produzenten Jan „Stan“ Kybert, der Weller auch immer beim Songwriting unterstützt. Es ist das insgesamt 15. Studioalbum, das Weller solo aufgenommen hat. Dazu kommen je eine Handvoll Alben mit The Jam und The Style Council. Man kann ohne weiteres behaupten, dass Weller damit zu den produktivsten britischen Musikern überhaupt gehört. Und der Mann klingt nicht so, als wollte er in naher Zukunft in Rente gehen. Da kann man nur sagen: Lang lebe Mr. Weller, Sir Paul II., unser heiliger Modfather.