Ende August ist es endlich soweit: Der diesjährige Record Store Day läuft an, verteilt über drei Wochenenden. Wir haben ein paar heiße Tipps für euch: Krautrock-Klassiker, Folk-Perlen, Star-Trek-Musik und ganz besondere Picture Discs.
von Michael Döringer
Jeder Tag ist Record Store Day!
Nach einigem Hin und Her und mehreren Verschiebungen stehen die Sterne (noch!) gut, dass der diesjährige Record Store Day nun doch stattfinden wird. Das aktuelle Konzept der „RSD-Drops“, nach dem das Event auf drei verschiedene Wochenenden ausgedehnt wird und die exklusiven Releases Stück für Stück an einem bestimmten Datum erscheinen, wird sich wohl mit der aktuellen Corona-Situation vertragen können. Der Andrang wird entschleunigt und die Käuferschar aufgeteilt, je nach dem für welche Platten man sich interessiert. Der erste Termin ist für den 29. August angesetzt, die anderen beiden finden am 26. September und am 24. Oktober statt. Das kommt dem Motto „Every day is record store day“ doch schon relativ nahe. Selbst wenn doch noch etwas dazwischen kommen sollte: Die Release-Liste steht und wir haben sie unter die Lupe genommen. Hier präsentieren wir euch unsere zehn persönlichen Favoriten des diesjährigen Programms, das natürlich noch viel reichhaltiger ist. Hier könnt ihr die komplette Liste selbst durchackern und auch die jeweiligen Release-Dates checken.
Abwärts – Computerstaat/Amok Koma
Ein essenzielles Stück deutscher (Post-)Punk-Geschichte: das Debütalbum der Hamburger Band Abwärts, das ursprünglich im Jahr 1980 beim legendären Zickzack-Label von Alfred Hilsberg erschien. Am berühmtesten ist wohl der Song Computerstaat, eine beissend politische Abrechnung mit Politik und Gesellschaft in der damaligen BRD. Zum RSD erscheint das Album Amok Koma zusammen mit der 5-Track-EP Computerstaat auf Clear Vinyl und limitiert auf 500 Exemplare weltweit.
David Bowie – I’m Only Dancing (The Soul Tour 74)
Schon zum letztjährigen RSD erschien mit Cracked Actor (Live Los Angeles 74) eine Bowie-Live-Rarität, und auch die Doppel-LP Im Only Dancing (The Soul Tour 74) zeigt diesen einzigartigen Künstler mit einer fantastischen Band mitten in seiner kreativen Blüte. Die Aufnahmen stammen vor allem von einer Show am 20. Oktober 1974 im Michigan Palace in Detroit, die Zugaben von einer Show in Nashville etwa einen Monat später. Die Soul Tour war eine radikale Kehrtwende nach der pompösen Tour zu Diamond Dogs – das Stage Set wurde enorm verkleinert, die Band neu besetzt und es fanden auch bis dato unveröffentlichte Songs Einzug in die Tracklist, die bei den Sessions für Young Americans entstanden. Ein Stück Geschichte zum Anfassen für alle Bowie-Fans.
DIO – Annica (12“)
Vor 10 Jahren verstarb der große Ronnie James Dio, eine der wichtigsten, wenn nicht sogar die größte Stimme im Heavy Metal. Ihm zu Ehren erscheint eine interessante 12-Inch, die sich bestimmt viele von euch gut in der Sammlung vorstellen können. Die limitierte Picture Disc bezieht sich auf die Magica-Ära, einem der letzten starken Alben von Dio aus dem Jahr 2000. Auf der A-Seite befindet sich der Song Annica, der bisher nur als Bonus-Track auf einem japanischen Release zu finden war. Neben einer Live- und Studioversion von Lord Of The Last Day befindet sich auf der Platte das epische Spoken-Word-Stück Magica Story, mit dem Dio 18 Minuten lang in seine Fantasy-Welt einführt.
Josephine Foster – This Coming Gladness (LP Reissue)
Einer der unbekannteren Namen auf der RSD-Liste ist Josephine Foster, doch diese Folk-Künstlerin ist eine Offenbarung. Ihr Album This Coming Gladness erscheint zum ersten Mal seit 2008 wieder auf Vinyl, in einer Edition von 1000 Stück. Ihr Stimme schwebt irgendwo zwischen Joan Baez und Joanna Newsom, ihre Songs wagen sich trotz klassischem Songwriting immer auch in experimentelle Soundscapes vor.
Motörhead – Ace of Spades (12“ Shaped Picture Disc)
Kann man von dieser Nummer je genug bekommen? Nein, natürlich nicht. Und haben wir alle auf die eine oder andere Art in der Sammlung stehen. Aber als echtes Pik-Ass in Form einer „Shaped Picture Disc“? Garantiert nicht. Zugreifen! Auf der B-Seite gibts Dirty Love als Zugabe.
New Order – Peel Sessions 82 / Soft Cell – Mutant Moments EP
Wir erlaube uns eine Doppelempfehlung von zwei 80er-Platten, die in eine ähnliche Kerbe schlagen. Zum einen die Debüt-EP von Soft Cell, die 1980 in 2000er-Auflage erschien und sofort vergriffen war. Von Bootlegs abgesehen erscheint sie nun erstmals seit 40 Jahren wieder, remastered und auf schickem 10-Inch-Clear-Vinyl. Die Songs sind pures Minimal-Wave-Gold. Ähnlich verhält es sich mit den Peel-Sessions von New Order aus dem Jahr 1982 – frühe Songs einer Band, die immer noch im Entstehen begriffen war, in großartigen Versionen.
Best Of Star Trek (12“ + CD)
Haben wir Trekkies unter uns? Die RSD-Version der Best Of Star Trek Compilation bannt die Filmmusik der Raumschiff-Enterprise-Ära auf orange-transparentes Vinyl und kommt zusätzlich mit einer CD voller Soundeffekte. Nerd-Herz, was willst du mehr?
Wipers – Is This Real? Anniversary Edition (LP + 7“)
Anfang des Jahres haben wir selber noch das Erbe der Wipers und ihr einflussreiches Debütalbum Is This Real? gewürdigt, das vor 40 Jahren erschien. Nirvana coverten zwei Songs von dieser Platte – nur ein kleiner Hinweis darauf, wie wichtig die Band aus Portland für Kurt Cobain und den ganzen Seattle-Sound waren. Die Jubiläumsausgabe erscheint zum RSD mit einem Konzertposter, von Sänger und Songwriter Greg Sage individuell unterschrieben. Dazu gibt es eine 7-Inch mit den Songs der ursprünglichen 4-Track-Aufnahmen.
Kraftwerk – 1+2
Seit 1989 hat es keine offizielle Vinyl-Neuauflagen der ersten beiden Alben von Kraftwerk mehr gegeben. Der frühe Sound der Roboter war noch viel krautiger und progressiver als der spätere, perfekt designte Mensch-Maschinen-Sound, für den sie heute vor allem berühmt sind. Auf den ersten beiden Platten hört man vielleicht schon hier und da die elektronischen Wurzeln von Autobahn heraus, vor allem ist es aber ein tiefer Einblick in die Hochphase des Krautrocks. Essenzielle Platten, die man gehört haben muss – und eben jetzt endlich wieder neu auf Vinyl verfügbar sind.
Keith Richards - Hat it when … 7“
Keine RSD-Liste ohne Stones-Content! Neben einer Neuauflage der 1975er-Outtake-Collection Metamorphosis gibt es eine charmante kleine Platte von Keith Richards zu erwerben, auf der sich eine seltene Nummer versteckt. Auf der A-Seite dieser roten 7-Inch befindet sich Hate It When You Leave, ein Klassiker seines Albums Main Offender (1992). Aber auf der B-Seite bekommen wir Key To The Highway zu hören, das bisher nur auf der japanischen Version von Main Offender veröffentlicht wurde. Der Song ist ein alter Blues-Standard, von dem es einige berühmte Versionen gibt, von The Band, Eric Clapton oder B.B. King.