Keinen Bock auf Klischees? Verständlich. Hip-Hop ist das Genre, das mit den meisten Vorurteilen zu kämpfen hat. Gangster, Bitches, dicke Karren, man kennt das. Und auch musikalisch haben viele oft einen falschen Eindruck. Hip-Hop kann viel mehr sein, als man denkt. Wir haben zehn von unzähligen Beispiele herausgesucht, mit denen sich möglicherweise ein paar Hater bekehren lassen.
Hört euch hier alle Songs an und lest weiter:
1. The Roots feat. Cody Chestnutt – The Seed (2.0)
„If Mary drops my baby girl tonight / I would name her Rock’n’Roll“ singt Soul-Barde Cody Chestnutt im Refrain von The Seed (2.0). Die Roots waren mit ihrem klassischen Band-Lineup immer schon mehr als eine gewöhnliche Hip-Hop-Band, aber hier haben sie fast eine waschechte Rocknummer abgeliefert. Trotzdem bleiben sie ihrem Sound treu und machen auch diejenigen glücklich, die mit traditionellem Rap nicht so viel anfangen können. Besser und natürlicher kann man die Genres nicht zusammenbringen.
2. k-os – The Love Song
Auf seinem Album Joyful Rebellion (2004) hat Kevin Brereton alias k-os einen großartigen Eintopf aus Hip-Hop, Jazz, Reggae, Rock und vielen anderen Zutaten zusammengerührt. The Love Song ist nur eines von vielen Beispielen, wie musikalisch ausgefuchst und ausschweifend ein relativ simpler Hip-Hop-Beat wirken kann.
3. RJD2 – Ghostwriter
Ähnlich wie DJ Shadow hat RJD2 instrumentalen Hip-Hop zu einer eigenen Kunstform gemacht. Nicht ganz so collagenhaft und experimentell zerstückelt wie Shadow, dafür mit vielen Melodien, dicken Grooves und – so wie bei seinem Hit Ghostwriter – mit fetten Bläser-Samples. Hier wird der Beat-Bastler zum Songwriter.
4. Kanye West feat. Pusha T – Runaway
Der gute Kanye ist nicht nur wegen seiner öffentlichen Ausfälle und seiner Selfie-Gattin zum Celebrity geworden. Nein, in den letzten Jahren hat er mindestens zwei der spannendsten Rap-Alben aller Zeiten hingelegt. Zum Beispiel My Beautiful Dark Twisted Fantasy (2010). Es gibt nicht viele Künstler, die Samples von Black Sabbath bis Aphex Twin zu Songs verbauen können, die klassischer Hip-Hop, eingängiger Pop und absolut extravagant zugleich sind. Wenn man genau hinhört, sollte jedem Musikliebhaber ein Licht aufgehen.
5. OutKast – Roses
Spätestens seit Ms. Jackson waren OutKast zuständig für die geschmackssicheren Hip-Hop-Hits für die Massen – also die Art von poppigen Rap-Songs, die auch bei Nicht-Hip-Hoppern zünden. Das haben sie noch einige Male geschafft, zuletzt mit Roses, wenn wir uns da richtig erinnern. Es ist einfach schon viel zu lange her. Wir wollen ein OutKast-Comeback, jetzt sofort!
6. Peeping Tom feat. Rahzel & Dan the Automator – Mojo
Mike Patton hat das Sprengen von Genre-Grenzen quasi erfunden. Meistens macht er das im Metal-Bereich (siehe Faith No More, Mr. Bungle, Fantômas), Avantgarde ist sein ganz normaler modus operandi. Gerappt hat er ja immer schon, aber mit seinem Projekt Peeping Tom konnte man zum ersten Mal auf Albumlänge seine ganz persönliche Interpretation von Hip-Hop und anderen elektronischen Beats hören. Eine große, fast vergessene Platte!
7. Limp Bizkit – N 2 Gether Now
Wisst ihr noch, damals? Nu Metal hat Rap- und Rockfans zusammengebracht. Gerade Limp Bizkit haben oft gezeigt, dass sie ein großes Herz für Hip-Hop haben, zum Beispiel mit N 2 Gether Now von ihrer Durchbruchsplatte Significant Other (1999). Eigentlich ein reinrassiger Hip-Hop-Track mit Method Man vom Wu-Tang Clan am Mikrofon und DJ Premier am Beat. Da haben Limp Bizkit Musik in so manches Zimmer geschmuggelt, in dem Hip-Hop vorher wahrscheinlich überhaupt kein Thema war. Gute Sache.
8. Beastie Boys – No Sleep Till Brooklyn
Wer hats erfunden? Schon ungefähr 15 Jahre vor Limp Bizkit und Co. haben die Beastie Boys Rap und Rock in den Mixer geworfen. Über 30 Jahre ist Licensed To Ill jetzt schon alt. Besser hat dieses Crossover-Ding eigentlich seither auch fast niemand mehr hinbekommen – sorry, liebe Nu-Metal-Bands.
9. K.I.Z. – Halbstark
Wie siehts eigentlich in Deutschland aus? Da sind gute Texte schon die halbe Miete, wenn man neue Hörer gewinnen will. Witziger und intelligenter Rap hat hier Tradition. Die alten Platten von Blumentopf oder Eins Zwo sollte man unbedingt regelmäßig ausgraben. Mit klassischer Berliner Schnauze haben K.I.Z. Rap-Texte in den letzten Jahren auf ein neues Level gehoben. Bitterböse sarkastisch, prollig satirisch und auch ernsthaft politisch, wenn es sein muss. Halbstark ist eher Kategorie Blödelnummer, aber eben zum Schreien komisch.
10. Kendrick Lamar – These Walls
Und wie siehts aus mit aktuellem ambitioniertem Hip-Hop? Da führt kein Weg vorbei an Kendrick Lamar. Der Mann kann alles: den smarten LA-Gangster, den spirituellen Preacher, den straighten Rapper oder den musikalischen Visionär. To Pimp A Butterfly ist voller Jazz- und Soul-Momente, verzichtet auf Klischees und hat verdammt viel zu sagen zu Themen, die uns alle etwas angehen – nicht nur Rap-Fans.