Es gibt sie, die perfekten Paarungen aus unsterblicher Musik und unsterblichem Artwork. Manchmal geraten aber selbst ästhetisch anspruchsvolle Bands in visuelle Schieflage. Eine Chronologie des Grauens.
von Björn Springorum
Geschmackssicherheit ist eine Tugend, die nicht jeder sein Eigen nennen kann. Deswegen kommt es immer mal wieder vor, dass selbst Musiklegenden, die wir musikalisch wie ästhetisch als überaus ansprechend empfinden, den einen oder anderen visuellen Ausrutscher in ihrer Vita kleben haben. Tja, mit den Achtzigern war eben nicht zu spaßen. Unsere kleine, aber feine Auswahl des schlechten Geschmacks zeigt aber: Es war nicht nur das Jahrzehnt der schwierigen Farben, Frisuren und Fotos, die das Schlimmste in eigentlich unerschütterlichen Bands hervorbrachte.
The Rolling Stones – Dirty Work
Ja, da haben wir sie schon, die Achtziger in ihrer vollen schrecklichen Pracht. Vielen Dank für die Schulterpolster, die Vokuhilas, die weiten Hosen, die schrillen Farben. Muss man ja nicht mitgemacht haben, denkt man sich aus der hochnäsigen Warte des Jahres 2019. Mick Jagger und Keith Richards daraufhin so: Und ob! Dirty Work von 1986, das 18. englische und 20. amerikanische Album der Rolling Stones, achtet einfach auf alles, was die Achtziger so grässlich gemacht hat. Und dieses Sofa, für das sollte man eigentlich einen Waffenschein machen müssen. Musikalisch voll in Ordnung, ist Dirty Work ein gutes Beispiel dafür, dass selbst eine der größten Bands des Planeten nicht vor schlechten Entscheidungen gefeit ist.
Crosby, Stills & Nash –Live It Up
Das, äh… nein, das kann eigentlich nicht das sein, wonach es aussieht. Los, wir schauen noch mal genauer hin. Oh. Doch, kein Zweifel: Live It Up von Crosby, Stills & Nash aus dem Jahre 1990 gehört ganz klar in die Kategorie „Was zum Teufel habe ich da gerade gesehen?“ Gigantische aufgespießte Hot-Dog-Würstchen auf dem Mond, an denen bizarre Bauarbeiter hochklettern, im Hintergrund der Blaue Planet – das Ganze sieht aus wie der üble Streich eines wütenden Designers. Das entschuldigt nicht mal das Veröffentlichungsjahr. Lag natürlich nicht nur am grotesken Cover, doch Live It Up produzierte keine Hit-Singles und war ihr allererstes Album, das bis heute in Amerika weder mit Gold oder Platin ausgezeichnet wurde. Kein Wunder, dass David Crosby dieses Album bereits mehrfach Live It Down genannt hat.
The Beach Boys – Pet Sounds
Jetzt wird‘s heikel! Pet Sounds von The Beach Boys ist schließlich eines der besten, wichtigsten und wunderbarsten Pop-Alben aller Zeiten. Dieses Cover jedoch, das gehört eher in ein Familienalbum. Denn das fristet nicht ohne Grund ganz hinten im Schrank ein beschämtes Dasein. Wehe, der betrunkene Onkel kramt es auf einer Familienfeier mal hervor… Wie war das damals noch gleich im Streichelzoo? Und wo kam das LSD her?
Led Zeppelin – III
Niemand stellt die Übermacht Led Zeppelins in Frage. Die künstlerischen Entscheidungen des Hard-Rock-Adels in diesem Fall hingegen schon: Für ihr drittes, schlicht III betiteltes Album bezeugte die Musikwelt nicht nur einen kleinen Paradigmenwechsel hin in Richtung Folk Rock, sondern auch eines der skurrilsten Cover eines Multi-Millionen-Hits. In Teilen Kindertapete, in Teilen verworfene Skizzen eines Designers, ist das Cover von III alles, aber weder kohärent noch sinnig. Sei‘s drum, das Album darunter ist über jeden Zweifel erhaben. Und das nicht nur wegen des Immigrant Song.
The Bee Gees – Life In A Tin Can
Weitergehen, weitergehen, hier gibt es nichts zu sehen. Nur eine Band, die aus einer Konservendose nach draußen schaut. Herrlich, die Zeiten vor Photoshop! Was die Bee Gees damit sagen wollten, bleibt ihr Geheimnis! Wird langsam eng hier oben? Man fühlte sich eingeengt, in seiner Freiheit beschnitten? Nun, Life In A Tin Can machte es nicht besser und erwies sich als ziemlicher Flop.
127532gng03.99Pantera – Metal Magic
Metal-Plattencover haben eigentlich noch mal eine ganz eigene Kategorie verdient. Eine ganz eigene, seeeehr lange Kategorie. Darin würde auch Metal Magic, das 1983er Debüt von Pantera, einen Stammplatz bekommen. So sah es wohl aus, wenn man sich von seinem leidlich talentierten und merkwürdigen Klassenkameraden was Krasses ins Schulheft zeichnen ließ. Dauerte wohl nicht ohne Grund noch ein paar Jahre, bis Pantera zur Groove-Metal-Sensation aufstiegen. Verrückt, dass sich der „Künstler“ sogar getraut hat, seinen Namen aufs Cover zu schreiben.
Genesis –Foxtrot
Wie konnte das denn passieren? Die ersten drei Genesis-Albencover hatten jene gewisse künstlerische Note und auch das nötige Gravitas für die wunderbare Musik. Dann kam Foxtrot – und der politisch inkorrekte Teil in uns fragt sich, welche*r geistig herausgeforderte Achtjährige da mal die Buntstifte auspacken durfte. Die Musik könnte zumindest in keinem größeren Kontrast zu diesem infantilen Machwerk stehen.
The Beatles – Yesterday And Today
Es wurde zwar sehr bald nach seiner Veröffentlichung wieder vom Markt genommen, aber: Was zum Henker?? 1966 nur für den amerikanischen Markt veröffentlicht, sehen wir hier ein von Robert Whitaker aufgenommenes Foto der Band. das mehr Wirbel verursacht hat als das eigentliche Album. Gedacht als Beatles-Statement gegen den Vietnamkrieg, zeigte das Cover die Band in Weiß, übersät von geköpften Babypuppen und rohem Fleisch. Subtil ist, sagen wir vorsichtig, was anderes. Eine Theorie besagt, dass die Beatles mit diesem Bild gegen die „zerhackstückten“ Alben protestierten, die den amerikanischen Markt überschwemmten – mit Songs in vollkommen anderer Reihenfolge. So oder so keine Glanzstunde.
Motörhead – Ace Of Spades
Motörhead zu kritisieren, ist so ziemlich das größte Sakrileg der Musikwelt. Götter beleidigen? Fahnen verbrennen? Pff, Kinderarten dagegen! Dennoch: So großartig Ace Of Spades auch ist – das Cover ist ein Griff ins Klo! Was soll das hier sein? Indianer von einem verschollenen Biker-Stamm irgendwo in den Appalachen? Oder doch eher Cowboys, die alle im selben Kaufhaus eingekauft haben?
Black Sabbath – Sabotage
Aaah, bei Black Sabbath ist es nicht ganz leicht, sich auf ein, formulieren wir dezent, fragwürdiges Plattencover zu einigen. Das von Paranoid ist im Grunde eine einzige Katastrophe. Das von Born Again kann so eigentlich auch nicht ernst gemeint gewesen sein. Aber das von Sabotage, das toppt so ziemlich alles: Die Klamotten waren selbst für Sabbath-Verhältnisse geschmacklos (Ozzys Outfit!), die Sache mit dem Spiegel wirkt einfach nur dämlich, sogar die Bildaufteilung ist total disharmonisch. Na ja, glaubt man der Band, dann dachte sie, es handle sich hier lediglich um Testaufnahmen. Schön, wenn das wahr wäre!