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Foto: Dimitrios Kambouris/Getty Images

„Wir haben damals die richtige Richtung eingeschlagen“: Joe Elliott über die Anfangsjahre von Def Leppard

Was Langlebigkeit und dauerhaften Erfolg angeht, gibt es kaum eine Band, die Def Leppard das Wasser reichen könnte: Die Ikonen aus Sheffield waren schon vor 40 Jahren extrem angesagt – und füllen bis heute die größten Stadien mit ihren energiegeladenen Liveshows.

von Tim Peacock und Renko Heuer

Während sich ihre Alben längst über 100 Millionen Mal verkauft haben, wurden Def Leppard erst 2019 in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen. Die neu aufgelegte 5CD-Collection The Early Years 79-81 beleuchtet eindrucksvoll ihre ersten Schritte auf diesem Weg: Hier kann man hören, wie sie binnen kürzester Zeit Fuß fassen und so das Fundament legen sollten – für einen jahrzehntelangen Höhenflug, der bis heute anhält.


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Die Speerspitze der New Wave Of British Heavy Metal

Bestehend aus den ersten beiden Leppard-Alben On Through The Night und High’n’Dry, die flankiert werden von reichlich Exklusivmaterial, unter anderem ihren BBC Radio 1-Session-Aufnahmen und einem bislang unveröffentlichten Konzertmitschnitt, der im Rahmen der UK-Tour 1980 im New Theatre von Oxford entstand, ist The Early Years 79-81 eine echte Schatztruhe für die Fans: Die Tracklist transportiert einen automatisch zurück ins Jahr 1979, als die Band aus Sheffield gerade erst damit begonnen hatte, sich eine Fanbase aufzubauen. Viele dieser Fans sahen in ihnen damals die Speerspitze jener neuen Entwicklung, die als New Wave Of British Heavy Metal in die Musikgeschichtsbücher eingehen sollte.

Geprägt hatte den zumeist als Akronym verwendeten Sammelbegriff – NWOBHM – der Musikjournalist Geoff Barton, der ihn erstmals im Mai 1979 in der britischen Zeitschrift Sounds gebrauchte. Barton wollte damit das Aufkommen einer neuen Generation von Heavy-Metal-Bands beschreiben: Eine Generation, die sich ab den späten Siebzigern, als die Punk-Welle wieder am Abklingen war, zusammen mit vielen anderen neuen Stilen durchsetzte und sehr schnell immer größer wurde...

Von einer „neuen Welle“ sprach Barton deshalb, weil es so viele Gruppen in England gab, die den Hardrock- und Metal-Sound weiterentwickelten. Wirklich lange durchhalten sollten davon jedoch nur die wenigsten: Von den vielen Anwärtern aus dem Feld der NWOBHM-Bands avancierten genau genommen nur zwei – Iron Maiden und Def Leppard – zu internationalen Superstars. Daneben gab es noch Kandidaten wie Diamond Head oder Venom, die zwar nie dermaßen riesig werden sollten, aber immerhin später als wichtige Einflüsse angeführt wurden – unter anderem von Metal-Ikonen wie Metallica und Megadeth.

„Keine dieser Kategorien ist an uns haften geblieben“

„Auch nach all diesen Jahren versuchen die britischen Medien uns noch immer unter dem Begriff NWOBHM zu verorten, während die Presseleute in den USA uns immer noch am liebsten als ‘Hair Metal’-Band einstufen. Aber keine dieser Kategorien ist wirklich an uns haften geblieben, weil wir als Band irgendwann einfach nur noch für uns standen“, stellt Sänger Joe Elliott im Gespräch mit uDiscover Music klar.

Die Frisuren sitzen. Foto: Michael Ochs Archives/Getty Images

„Genau genommen ist es doch so, dass überhaupt nur zwei relevante Bands aus dieser NWOBHM-Schublade überlebt haben – und zwar wir und Iron Maiden: zwei Bands also, die unterschiedlicher nicht klingen könnten. Wir als Def Leppard stehen doch heute da, wo wir stehen – spielen die größten Stadien, wurden in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen –, weil wir unseren Weg gegangen sind, und nicht weil wir früher mal Teil irgendeiner Bewegung waren.“

Geschadet hat die Einstufung als NWOBHM-Band ihnen dabei gewiss nicht, denn dieses Schlagwort ließ viele Leute damals überhaupt erst hellhörig werden. Nachdem sich Def Leppard als gefeierte Liveband schon viele Fans erspielt hatten und auch Radio-Legende John Peel von der BBC sie früh unterstützt hatte, unterzeichneten sie schließlich ihren Major-Deal mit Phonogram/Vertigo, woraufhin im März 1980 mit On Through The Night ihr Debütalbum erscheinen sollte.

„Wie kleine Kinder im Süßwarenladen haben wir uns gefühlt.“

Für die Aufnahmen zu On Through The Night wurde ihnen der Produzent Tom Allom zur Seite gestellt, bekannt für seine Arbeiten mit Black Sabbath und Judas Priest. Die Sessions fanden im ländlichen Berkshire statt, in den Tittenhurst Park Studios, die einst John Lennon gehört hatten. Der Ex-Beatle hatte dort unter anderem das Video zu Imagine gedreht. Als Def Leppard jedoch die Arbeit an ihrem Erstling begannen, hatte Lennon das Studio längst an Ringo Starr weiterverkauft, der wiederum inzwischen in Los Angeles lebte. Während seiner Abwesenheit ließ sich dort Leben und Arbeiten wunderbar kombinieren.

„Das war eine wahnsinnig tolle Erfahrung“, erzählt Elliott und lacht. „Wir waren alle noch Teenager, hatten gerade einen Vertrag mit dem Label unterzeichnet, bei dem auch Thin Lizzy und Elton John waren, und ich bekam das ehemalige Schlafzimmer von John Lennon für einen ganzen Monat zugeteilt – wir haben uns also wie kleine Kinder im Süßwarenladen gefühlt.“

„Das war echt genial: Da waren wir also, fuhren auf Fahrrädern durch den Garten von John Lennon, tranken Rotwein und veranstalteten große Abendessen mit Tom Allom. Eine fantastische Zeit war das.“

Als sie sich dann an die eigentliche Arbeit machten, rasselte die Band in nur gut einem Tag sämtliche Instrumentalspuren herunter – woraufhin sie, wie Elliott selbst sagt, sich zu viel Zeit für die Overdubs nahmen. Rückblickend habe er das Gefühl, dass On Through The Night davon profitiert hätte, wenn sie in dieser Hinsicht etwas disziplinierter gewesen wären.

„Letztlich ist es ein Dokument, das zeigt, wo wir im Jahr 1979 standen“, sagt er weiter. „Es hätte nie ein so bahnbrechendes Debüt sein können wie etwa die ersten Alben von Boston oder von Van Halen.“

„Andererseits“, ergänzt er dann, „war es auch eine grandiose Startrampe für uns. Mir bedeutet On Through The Night wirklich sehr viel, und wir alle haben die Arbeit mit Tom Allom sehr genossen. Danach jedoch mit Mutt Lange zu arbeiten, das war dann noch mal eine ganz andere Nummer!“

„Einen besseren Tutor hätten wir uns nicht wünschen können“

Gewissermaßen das inoffizielle sechste Mitglied von Def Leppard, hatte tatsächlich niemand so großen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Band wie der aus Südafrika stammende Robert John Lange, Spitzname „Mutt“. Später auch für die Karriere-Meilensteine Pyromania und Hysteria mitverantwortlich, ging er erstmals mit Def Leppard für deren zweites Album High’n’Dry ins Studio (das zweite Album, das in voller Länge auf The Early Years 79-81 vertreten ist). Joe Elliott wusste schon damals, dass Lange genau der Mann war, den seine Band brauchte.

„Als Band ist er uns durch Highway To Hell von AC/DC aufgefallen, aber ich persönlich hatte ihn ehrlich gesagt schon deutlich früher auf dem Schirm“, erzählt Elliott. „Ich fand seine Arbeiten mit The Motors und The Boomtown Rats fantastisch, und ich wusste, dass Mutt so etwas wie der nächste Bob Ezrin oder Ron Nevison war... einer der ganz, ganz großen Produzenten also. Genau genommen hatte ich [den Manager] Peter Mensch schon davor gefragt, ob wir Mutt für On Through The Night gewinnen könnten, aber daraus wurde nichts.“

Peter Mensch konnte Lange aber doch dazu überreden, sich Def Leppard einmal live anzuschauen, als die Band 1980 im Vorprogramm von AC/DC in der Bingley Hall von Stafford spielte. Offensichtlich beeindruckt, bezeichnete der Producer sie als „zwar noch sehr rohen Diamanten, aber darin steckt tatsächlich ein Diamant.“ Als er daraufhin die ersten Demos gehört hatte, erklärte er sich bereit, High’n’Dry zu produzieren. Ganz anders als Tom Allom, der für On Through The Night auf eine entspannte Arbeitsatmosphäre gesetzt hatte, arbeitete Lange mit sehr viel mehr Aufwand und ganz anderen Methoden. Die Pre-Production-Phase dauerte allein mehrere Monate. Der Grund: Er zerlegte so gut wie alle Stücke von High’n’Dry erst mal komplett in ihre Einzelteile und baute sie dann radikal um.

„Es hatte einfach mehr Nachdruck, mehr Eier“

„Die erste Ansage von Mutt war, dass wir uns nicht so viel aus unseren Ideen machen sollten. Schließlich würden wir High’n’Dry von Grund auf neu aufbauen“, erinnert sich Elliott. „Aber es hat sich ja gelohnt. Als das Album dann im Kasten und der Druck weg war, hörten wir uns alles noch mal mit etwas Abstand an – und es war einfach mal um Längen besser als On Through The Night. Das war wirklich kein Vergleich.“

Gespickt mit frühen Meilensteinen wie Let It Go, High’n’Dry (Saturday Night) oder auch der ersten großen Ballade – dem MTV-tauglichen Song Bringin’ On The Heartbreak –, hatte die fünfköpfige Band aus Sheffield mit High’n’Dry ihr erstes substantielles Werk geschaffen. Es sollte dies- und jenseits des Atlantiks die Top-40 erobern und ihnen in den Staaten schließlich sogar zweifaches Platin bescheren. Zugleich war es für Def Leppard das Fundament, von dem aus sie 1983 mit Pyromania in die absolute Top-Liga der Rockwelt durchstarten konnten.

„Wir haben damals die richtige Richtung eingeschlagen“, sagt Joe Elliott rückblickend. „High’n’Dry hatte diesen melodischen Einschlag von On Through The Night, aber es hatte mehr Nachdruck, mehr Eier und auch einfach bessere Arrangements. Auch als Sänger machte ich damals echt große Fortschritte.“

„Die Arbeit an High’n’Dry hat zwar unsere ganze Arbeitsweise auf den Kopf gestellt, aber genau das gab uns auch eine neue Richtung. Der entscheidende Faktor war wirklich Mutt“, sagt er abschließend. „Er war unser Professor und wir seine aufnahmebereiten Studenten. Einen besseren Tutor hätten wir uns nicht wünschen können!“