Was hätte Jimi Hendrix noch für großartige Songs veröffentlichen können. Was der Gitarrengott in seiner gerade einmal sechsjährigen Karriere geschaffen hat, gelingt manch anderen in einem ganzen Leben nicht. Diese zehn Songs stechen besonders heraus – auch wenn Hendrix nicht alle selbst komponiert hat.
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch einige der besten Songs von Jimi Hendrix anhören:
1. Hey Joe (1966)
Schon seine erste erfolgreiche Single stammt nicht aus Hendrix’ eigener Feder. Doch weiß irgendwer, von wem Hey Joe eigentlich komponiert wurde? Eben. Billy Roberts heißt der Mann, doch Hendrix machte sich die Nummer im Dezember 1966 derart zu eigen, dass man bei den Worten Hey Joe sofort an ihn denkt. Produziert wurde die Single von Animals-Bassist Chas Chandler, der Hendrix in einem New Yorker Club entdeckte und den jungen Gitarristen postwendend mit nach England nahm.
2. Purple Haze (1967)
Um den Text von Purple Haze ranken sich zahlreiche Mythen. Sogar Hendrix selbst äußerte sich höchst ambivalent zu der Nummer. So sollte der Song ursprünglich Purple Haze — Jesus Saves heißen. In einem Interview verriet Hendrix, dass er im Text von einem Traum erzähle, in dem er unter Wasser gelaufen sei. Doch nach der Veröffentlichung streute der Gitarrist die Behauptung, es handele sich um ein Liebeslied. Hendrix-Biograf Harry Shapiro hält für am wahrscheinlichsten, dass der Song aus einem Potpourri an Ideen entstanden ist.
3. The Wind Cries Mary (1967)
Um The Wind Cries Mary aufzunehmen, brauchte Jimi Hendrix keine halbe Stunde. „Der Song wurde am Ende der Sessions von Fire aufgenommen“, berichtet Produzent Chas Chandler in einem Interview. „Wir hatten noch 20 Minuten oder so.“ Entstanden ist das Stück nach einem Streit zwischen Hendrix und seiner damaligen Partnerin Kathy Mary Etchingham. Es ging bei der Auseinandersetzung um Kartoffelpüree. Ja, Kartoffelpüree. „Er [Hendrix] kam in die Küche, probierte und sagte, dass es ganz klumpig schmeckt“, erinnerte sich Etchingham später in einem Interview. „Ich wusste, dass er selbst nicht kochen kann, und so hat der Streit angefangen. Am Ende habe ich getobt und geschrien, habe Teller auf den Boden gepfeffert und bin abgehauen.“ Um sich abzukühlen, verbrachte Etchingham die Nacht bei einer Freundin. Hendrix soll sie so sehr vermisst haben, dass er aus Liebeskummer die Ballade The Wind Cries Mary komponierte.
4. Foxy Lady (1967)
In Foxy Lady geht Hendrix ein wenig archaischer zur Sache und singt mutmaßlich eine mehr als nur sexuell angehauchte Ode an das britische Model Heather Taylor. „I want to take you home / I won’t do you no harm“, verspricht der Ausnahmegitarrist in der Nummer — und schuf mit dem Song einen seiner größten Hits überhaupt. Einige Musikkritiker*innen bezeichnen die Komposition sogar als Musterbeispiel für alles, was Hendrix als Musiker ausmachte. Taylor heiratete später allerdings trotzdem The-Who-Frontmann Roger Daltrey.
5. Little Wing (1967)
Was klingt wie der Name einer amerikanischen Ureinwohnerin, ist wohl auch so gemeint, wie Hendrix 1968 in einem Interview berichtete: „Der Titel basiert auf einem sehr, sehr einfachen indianischen Stilmittel“, erzählt Hendrix. „Ich bin auf die Idee gekommen, als wir in Monterrey waren und ich mir die Umgebung angeschaut habe. Ich dachte mir, dass ich alles, was ich sehe, in eine Art Form bringen könnte, vielleicht die eines Mädchens, und dass ich sie Little Wing nennen könnte, und dann würde sie einfach wegfliegen.“ Eine schöne Idee — und einer von Hendrix’ besten Songs!
6. Castles Made Of Sand (1967)
In Castles Made Of Sand verbreitet Hendrix nicht gerade die sprühende Lebensfreude. So handelt Strophe eins von einer in die Brüche gegangenen Beziehung; Strophe zwei erzählt die Geschichte eines jungen amerikanischen Ureinwohners, der im Schlaf überrascht und getötet wird. „Castles made of sand / melts into the sea, eventually“, singt Hendrix dazu. Ein wenig erbaulicher wird es erst in Strophe drei, in der eine Rollstuhlfahrerin ein vorbeifahrendes goldenes Schiff entdeckt und daraufhin von ihrem Suizidvorhaben ablässt. Eine Nummer mit Tiefgang, die zweifelsohne zu Hendrix’ Meisterwerken gehört.
7. Fire (1967)
Auf den ersten Blick sieht der Text von Fire nach Ferkelkram aus, doch der Ursprung der Nummer soll ein ganz anderer sein. So soll Experience-Bassist Noel Redding seinen Kollegen Hendrix nach einem Gig an einem kalten Silvesterabend ins Haus seiner Mutter eingeladen haben. Völlig durchgefroren hatte der Gitarrist nur einen Wunsch: sich am Kamin aufzuwärmen. Dort pausierte allerdings gerade der deutsche Schäferhund Rover von Reddings Mama, was Hendrix zu folgenden Worten bewegt haben soll: „Aw, move over, Rover, and let Jimi take over!“ Heute ist der Ausruf eine Textzeile des Songs Fire.
8. All Along The Watchtower (1968)
Eigentlich stammt diese Nummer ja von Bob Dylan, doch selbst der Folk-Papst spielte All Along The Watchtower später so wie Hendrix. Der wiederum hatte schon früher Gefallen an Dylans Songs gefunden und zum Beispiel Like A Rolling Stone gecovert. Als ihm 1967 die noch nicht veröffentlichten Masterbänder des Dylan-Albums John Wesley Harding zugespielt wurden, packte es ihn. „Hendrix kam mit diesen Dylan-Tapes an und wir haben sie zusammen im Studio zum ersten Mal gehört“, erinnerte sich Toningenieur Andy Johns später in einem Interview. Zunächst wollte Hendrix das Stück I Dreamed I Saw St. Augustine covern — doch All Along The Watchtower gefiel ihm schließlich noch besser.
9. Voodoo Child (Slight Return) (1968)
Was den Titel dieses Stücks betrifft, herrscht zurecht ein wenig Verwirrung. Es gibt von Hendrix nämlich auch einen Song namens Voodoo Chile, der stolze 15 Minuten dauert. Der Länge entsprechend zog sich auch die Aufnahme der Nummer am 2. Mai 1968, weshalb sich Hendrix und seine Band am Tag danach Schöneres vorstellen konnten als das kleine Epos gleich noch einmal spielen zu müssen. Weil sie aber Besuch von einer Filmcrew bekamen, entwickelten sie kurzerhand das inzwischen deutlich beliebtere Voodoo Child, eine „leichte Rückkehr“ („slight return“) zu Voodoo Chile. Beide Kompositionen sind auf dem Album Electric Ladyland zu finden.
10. Crosstown Traffic (1968)
Zu Hendrix’ geradlinigeren Veröffentlichungen zählt der Song Crosstown Traffic, der etwas weniger Gitarrengefrickel enthält und dadurch sehr eingängig klingt. Inhaltlich wirkt die Nummer wie eine klassische Absage nach einem One-Night-Stand. So heißt es im Text unter anderem: „I’m not the only soul who’s accused of hit and run / Tire tracks all accross your back, I can see you had your fun / But darling, can’t you see my signals turn from green to red / And with you I can see a traffic jam straight up ahead“. Autsch.
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