Ohne ihn wären ABBA nicht nur um ein B ärmer, sondern vermutlich gar nicht erst auf der Bühne gelandet: Göran Bror Benny Andersson ist Musiker, begnadeter Produzent und Songwriter. Zu seinem Geburtstag am 16. Dezember nehmen wir sein Leben etwas genauer unter die Lupe und erzählen fünf Geschichten, die ihr so (vielleicht) noch nicht kennt.
von Sina Buchwitz
Vom legendären Eurovision-Durchbruch über Anni-Frids totgeglaubten Vater bis hin zu verrückten Outfits für das Finanzamt: Damals wie heute gibt es unzählige Anekdoten über ABBA zu erzählen. Heute wollen wir uns auf die Geschichten konzentrieren, die Benny Anderssons Leben geschrieben hat.
1. Benny war schon vor ABBA ein gefeierter Musiker.
Als Kind musikaffiner Eltern legt Benny den Grundstein für seine Karriere bereits im Alter von sechs Jahren: Zu seinem Geburtstag schenkt ihm seine Familie ein Akkordeon. Damit tritt Junior in die Fußstapfen seines Vaters und Großvaters, die beide ebenfalls Akkordeon spielen. Nur vier Jahre später bringt sich Benny in Eigenregie das Klavierspielen bei. 1964, kurz vor seinem 18. Geburtstag, trifft der Schwede bei einem Talentwettbewerb auf die Band The Hep Stars. Sänger Svenne Hedlund ist derart begeistert von Anderssons Können, dass er ihn quasi vom Fleck weg als Keyboarder für seine Band engagiert.
https://twitter.com/Rockstarscars/status/1200080595612815362Schon im folgenden Jahr gelingt es der Rockband, die schwedischen Top 10 mit drei Cover-Songs gleichzeitig zu regieren: Cadillac (im Original von Vince Taylor), Farmer John (Don and Dewey) und A Tribute To Buddy Holly (geschrieben von Geoff Goddard). Ganz Schweden steht Kopf und macht die Jungs zu nationalen Superstars. Sogar von den „schwedischen Beatles“ ist die Rede. Es folgen einige Erfolgsjahre mit insgesamt 20 Top-Ten-Hits für Andersson. Gegen Ende der Sechziger verzettelt sich die Gruppe jedoch – ein geplanter Spielfilm wird zum finanziellen Desaster, ein musikalischer Stilwechsel (initiiert durch den Band-Einstieg von Hedlunds Freundin) sorgt für interne Spannungen. Benny beschließt, The Hep Stars zu verlassen und gründet stattdessen lieber eine andere, kleine Band: ABBA.
2. Benny wurde mit 16 Vater.
Heutzutage kann sich ein Weltstar wie Benny Andersson vermutlich jeden Lifestyle leisten. Doch seine Vergangenheit ist alles andere als glamourös. Mit gerade einmal 15 Jahren, noch mitten in der Pubertät, trifft der damalige Teenie in einem Jugendklub auf seine erste große Liebe: die 17-jährige Christina. Die beiden verlieben sich und es kommt, wie es kommen muss – Christina wird schwanger und Benny wird mit 16 das erste Mal Vater.
Auf den ersten Schock seiner Familie folgt Akzeptanz und Unterstützung. Benny zieht bei Christinas Großeltern ein, wo sie den Sohn gemeinsam großziehen. Sechs Personen in einer Zweizimmerwohnung. Benny erinnert sich mit gemischten Gefühlen an die Zeit: „Obwohl ich mich für einen reifen 16-Jährigen hielt und meinen Schulfreunden weit voraus war, war die Situation nicht ideal. Es war nicht schön, wenn ich zum Touren unterwegs war. Das bereue ich. Aber mittlerweile funktioniert es gut, seit vielen Jahren.“
3. Er hatte ein Alkoholproblem.
Obwohl der Schwede heute ein gesundes Leben ohne Alkohol und Zigaretten führt, hatte er lange Zeit ein starkes Suchtproblem. 2001 beschließt er, etwas zu ändern: „Wenn du merkst, dass du dich ohne Alkohol unwohl fühlst, ist es Zeit, aufzuhören“, erklärt Andersson 2018 in einem Interview mit der Daily Mail. „Manche können Alkohol trinken, andere nicht. Alkoholismus trifft dich, ohne dass du es merkst.“
4. Benny spielt noch heute täglich Klavier.
1982 gehen die vier ABBA-Mitglieder getrennte Wege. Doch insbesondere Benny und Björn hält das nicht davon ab, weiterhin Musik zu produzieren. Insbesondere klassische Musik und Musicals haben es dem Schweden angetan. 1984 produziert er gemeinsam mit Ulvaeus und Tim Rice ein Musical namens Chess, das an den Kalten Krieg angelehnt ist. Es wird insbesondere in Großbritannien ein voller Erfolg, der Song One Night in Bangkok schlägt sogar in den USA in die Charts ein. Doch den großen Knall komponieren sie 15 Jahre später: Die ABBA-Jungs erwecken mit Mamma Mia! nicht nur ihre alten Songs zu neuem Leben, sondern erschaffen gleich eines der erfolgreichsten Musicals aller Zeiten.
Auch in der Praxis bleibt er der Musik stets treu. So gründet er mit dem Benny Anderssons Orkester (BAO) eine Musikgruppe, die vor allem instrumentale, schwedische Volksmusik spielt. Seine Bemühungen um den Erhalt der Volksmusik werden 2008 sogar mit einem einen Ehrendoktor der Universität Stockholm geehrt. 2018 erhält er für ein Piano-Album den Opus-Klassik-Preis.
In einem aktuellen Interview mit WDR 4 erzählt er: „Ich habe jeden Tag Klavier gespielt. Das mache ich bis heute. Ich versuche jeden Tag, Musik zu schreiben. Nur um zu sehen, ob etwas dabei herauskommt. Normalerweise nicht. Das ist ein langwieriger Prozess. Doch die Sache ist: Wenn ich es nicht mache, passiert nichts. Ich muss also dort sitzen und versuchen, etwas zu finden, das zu mir spricht. Und wenn das gelegentlich passiert, behalte ich es.“
5. Er züchtet Rennpferde und betreibt ein Hotel.
Wer nun glaubt, dass Andersson sich mit Leib und Seele der Musik verschrieben hat, der hat nur zum Teil Recht. Denn auch in anderen Bereichen ist der Schwede geschäftig: In Stockholm besitzt er ein kleines Luxushotel namens Rival – selbstverständlich mit angeschlossenem Konzertsaal. Hier sitzt Benny gelegentlich auch noch selbst am Klavier: „Keiner kann es mir verbieten, denn das Hotel gehört mir!“, scherzt er in einem Interview.
Doch auch von Pferdestärken weiß der Geschäftsmann zu berichten. Seit nunmehr 25 Jahren züchtet Andersson Rennpferde in seinem Stall „Chess Racing“. Über 100 Pferde soll er bereits besessen haben: „Das ist mehr als nur ein Hobby für mich.“ Zum Glück blieb für ein neues ABBA-Album trotzdem noch Zeit. In diesem Sinne: Happy Birthday, B!
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