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Foto: Sam Emerson

50 Jahre „Apostrophe“: Eine Rechnung von Tina Turner und die Sache mit dem gelben Schnee

Vor 50 Jahren veröffentlichte Frank Zappa das Album Apostrophe – ein grandioses Stück Rockmusik voller schrägem Humor, absurden Geschichten und großer Virtuosität. Zum runden Geburtstag widmen wir uns sechs teils schrägen Fakten zum Album.

Fakt 1: Die Redewendung „Don’t Eat The Yellow Snow“ hat Zappa nicht erfunden.

Fangen wir gleich mal zu Beginn mit der Dekonstruktion eines Mythos an. Die Sache mit dem – sorry, wir werden jetzt mal etwas ekliger – gelben Schnee, den man nicht essen soll: Die ist zwar ein wirklich guter, universell anwendbarer Ratschlag. Erfunden hat sie Frank Zappa, der sonst vieles erfunden hat, aber nicht, auch wenn man der Pop-Kanon den Spruch „Don’t Eat The Yellow Snow“ oft als Erfindung des genialen Komponisten einordnet. Die humorvolle, aber eindringliche Warnung, den gelben Schnee lieber liegen zu lassen, war in den USA und Kanada, besonders in kälteren Gebieten, wohl schon lange vorher eine Art Running Gag. Eine Recherche mit dem Google NGram Viewer zeigt, dass der Begriff bereits in den 1960er-Jahren in Publikationen auftaucht – also Jahre vor der Veröffentlichung von Zappas Album Apostrophe, das dieses Jahr seinen 50. Geburtstag feiert.

Fakt 2: Jack Bruce fand’s offenbar schrecklich!

Legendär ist auch der Gastbeitrag von Jack Bruce. Der legendäre  Cream-Bassist  ist nämlich auf dem Titeltrack Apostrophe zu hören, allerdings laut ihm selbst nicht als Bassist, sondern als Cellist – und zwar als einer, der die Musik eigentlich ganz schrecklich fand. Eigentlich ist Bruce ja als Co-Komponist und Bassist des Titeltracks (ein Jam) gelistet, er selbst bestritt dies aber vehement. In einem Interview mit dem polnischen Rockmagazin Tylko Rock erklärte er, wie es aus seiner Sicht tatsächlich ablief: „Ich tauchte also in einem New Yorker Studio mit meinem Cello auf, hörte [Zappas] Musik, ziemlich schrecklich, und wusste einfach nicht, was ich mit mir anfangen sollte, und Frank sagte zu mir: ‚Hör mal, ich möchte, dass du einen Sound spielst, etwa so… whaaaaaang!!!‘ Also tat ich, was er von mir verlangte. Whaaaaaang!!! Das war alles. Das war mein Beitrag zu Frank Zappas populärster Platte!“

Fakt 3: Zappa fand Jack Bruce auch eher naja.

Der Maestro selbst attestiert zwar, dass Jack Bruce sehr wohl Bass spielte, zeigte sich einst aber alles andere als begeistert vom ehemaligen Cream-Bassisten. „Nun, das war nur eine Jamsache, die sich ergab, weil er ein Freund von [Schlagzeuger] Jim Gordon war. Ich fand es sehr schwierig, mit ihm zu spielen; er spielt zu busy. Er will nicht wirklich im Sinne der Grundfunktionen Bass spielen; ich glaube, er hat andere Dinge im Kopf. Aber so sind Jamsessions nun mal.“

Fakt 4: Tina Turner wollte 187,50 Dollar für ihre Gesangsparts.

Tina Turner und The Ikettes sind auf dem Song als Background-Musikerinnen gelistet. Bereits auf dem Vorgängeralbum Over-Nite Sensation hatte sie mitgewirkt, die Aufnahmen stammen aus diesen Sessions (Apostrophe ist ein Mix aus zwei verschiedenen Sessions). Interessant ist hier auch, wie viel sie Zappa für ihre Dienste verrechnete. Eine Rechnung vom 31. Mai 1973 besagt:
„Hintergrundstimmen (3) von 16:30 Uhr bis Mitternacht, insgesamt siebeneinhalb Stunden (7½) zu einem Stundensatz von 25,00 $ pro Person, ergibt insgesamt 187,50 $ pro Person. Bitte stellen Sie die Schecks an die folgenden Personen aus:


Tina Turner: 187,50 $
Linda Sims: 187,50 $
Debbie Wilson: 187,50 $


Die Rechnung endet mit den Worten „Vielen Dank, dass Sie uns die Gelegenheit gegeben haben, Ihnen zu dienen“. 187,50 Dollar: Auch inflationsbereinigt gar nicht mal so teuer für  eine der größten Rock- und Soulröhren aller Zeiten !

Fakt 5: Es wurde ein großer kommerzieller Erfolg.

Gut, das ist jetzt eher ein schönes Faktum – aber auch irgendwie schräg. Es war wohl vor allem Don’t Eat The Yellow Snow, das Zappa mit dem Album in die US-Charts brachte und das Album zu Zappas populärstem machte. Sogenannte „casual listeners“, die sich über die Single erfreuten und amüsierten, bekamen aber ein wildes, geniales, teils sperriges, absurdes Album geboten, das die Qualitäten von Zappas Werk wundervoll hervorhebt. Umso erfreulicher ist es, dass dieser Longplayer ein kommerzieller Erfolg wurde!

Fakt 6: Danke dem DJ!

Zappa selbst erklärte übrigens, dass der Erfolg der Platte (Zappa bekam Gold dafür) einem DJ geschuldet ist: „Apostrophe (‘)… war unsere erste goldene Schallplatte. Und das war ein Zufall, denn ein Radiosender in Pittsburgh nahm Don’t Eat The Yellow Snow, kürzte es von zehn Minuten auf drei, was Teil einer Kette war, Teil ihres Formats, Novelty-Platten aus den 60ern zu spielen. Der Typ, der das machte, hörte den Song, sah ihn als moderne Scherzplatte an und legte ihn direkt neben Teeny Weeny Bikini auf, und er wurde ein Hit. Und zu dieser Zeit waren wir in Europa auf Tournee. Wir hatten es noch nicht einmal als Single veröffentlicht, und ich wurde in Europa darüber informiert, dass ich eine Hit-Single auf dieser Kette von Sendern an der Ostküste hatte, was willst du damit machen? Und ich sagte dem Tontechniker, der noch in Los Angeles war und an dem Album arbeitete, er solle eine Version von Don’t Eat The Yellow Snow so bearbeiten, wie dieser Typ sie geschnitten hatte, und sie herausbringen. Und es war ein Hit. Das war nichts, was ich hätte vorhersehen können… Wer hätte das gedacht? Das Lob gebührt dem DJ.“

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