Was für ein Jahr! 2016 hat uns eine Entwicklung schmerzlich vor Augen geführt: Der Musikwelt gehen die großen Rockstars und Songwriter aus. Die alten Helden treten in immer kürzeren Abständen ab und kein Nachwuchs scheint in Sicht, der wirklich das Zeug hat, Persönlichkeiten wie Leonhard Cohen oder Lemmy Kilmister zu ersetzen. Aber manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht, wie es so schön heißt. Alex Turner, Kopf der Arctic Monkeys und Co-Chef von The Last Shadow Puppets, wird heute 31 Jahre alt. 12 Jahre nach dem sensationellen Durchbruch der Arctic Monkeys ist Turner kein naiver Jungspund mehr, aber in der allgemeinen Wahrnehmung wohl noch zu jung, um als das zu gelten, was er ist – einer der kreativsten und produktivsten Rockmusiker und Songwriter des 21. Jahrhunderts. Einer, der sich seine Aufnahme in die Rock and Roll Hall of Fame mit 31 eigentlich schon längst verdient hat.
„Sollten wir die nächsten Kaiser Chiefs werden, dann werfe ich alles hin!“
Der Aufstieg der Arctic Monkeys war aus mehreren Gründen einzigartig: Sie waren nicht nur der letzte große Hype der Rockmusik bisher, sondern auch die erste Erfolgsgeschichte, die vom Internet geschrieben wurde. Noch bevor sie eine einzige Platte veröffentlicht hatten, sangen Tausende auf Konzerten ihre Songs mit – Myspace machte es möglich. Die Plattenfirmen rissen sich um die vier Jungs aus Sheffield, die noch nicht mal ganz ihre Pickelphase hinter sich gebracht hatten, aber schon die schneidigsten Garage-Punk-Songs spielten, die man seit langer Zeit gehört hatte.
Ihr Debütalbum Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not stürmte Anfang 2006 in Großbritannien aus dem Stand auf Platz 1 und wurde das am schnellsten verkaufte britische Debüt aller Zeiten. Kein Wunder bei Hits wie „I Bet You Look Good On The Dancefloor“ oder „When The Sun Goes Down“, die immer noch zur Heavy Rotation jeder guten Indie-Disko gehören. Es war, als wäre eine neue Beatlemania angebrochen. Und Alex Turner war dafür verantwortlich, dass der Hype auch eine ordentliche musikalische Substanz hatte. Seine Band sollte nicht nur eine Next-Big-Thing-Eintagsfliege werden. Als der ganz große Trubel um ihn und seine Freunde losbrach, verkündete er mit gesundem jugendlichen Größenwahn: „Sollten wir die nächsten Kaiser Chiefs werden, dann werfe ich alles hin!“ Kluge Kritiker erkannten schon 2006, dass die Arctic Monkeys anders sind, dass ihre Reise ganz woanders hingeht: Die Arctic Monkeys hätten das Zeug, die nächsten The Who zu werden.
Vom Trainingsanzug zur Lederjacke
Alex Turner ist auf dem besten Weg dahin: Er hat nicht nur den Sound der Arctic Monkeys weiterentwickelt, erwachsener werden lassen und dennoch die Energie der Anfangsjahre beibehalten. Mit seinem Nebenprojekt The Last Shadow Puppets hat er eine Möglichkeit gefunden, aus dem Indie-Rock-Schema auszubrechen und großangelegte, pompös orchestrierte Rock-Songs zu schreiben.
Und er hat sich verändert: Er ist vom typisch nordenglischen lad in Trainingsanzug zu einem Rocker mit Schmalzlocke und Lederjacke mutiert, nach Los Angeles gezogen und lässt es sich dort, wie man hört, mit recht häufig wechselnden Model-Freundinnen gut gehen. Es sei ihm gegönnt, denn gleichzeitig wird er als Songwriter immer besser. Im Gegensatz zu vielen anderen Indie-Rockstars aus dem letzten Jahrzehnt hat er sich bewährt und seiner Musik eine immer größere Relevanz verpasst. Das kann man nicht mal von Pete Doherty sagen.
Schaut euch hier das Arctic Monkeys Video zu When The Sun Goes Down an:
Seit ihrem fantastischen fünften Album AM (2013) haben die Arctic Monkeys eine vorläufige Pause eingelegt. Die anderen Bandmitglieder sind mit Familie und Kindern beschäftigt. Alex Turner dagegen hat im letzten Jahr ein neues Album von The Last Shadow Puppets veröffentlicht und an vielen anderen Projekten mitgewirkt. Hoffen wir, dass sich diese dauerproduktive Hitmaschine heute an seinem Geburtstag auch mal ordentlich feiert. Wir tun es auch: Auf Alex Turner, der noch viel größer werden wird, als er es jetzt schon ist. Cheers mate!