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Foto: Universal Music

Creedence Clearwater Revival: Wie vier Jungs aus Kalifornien zu Country-Rock-Stars wurden

Zwischen 1969 und 1971 gelten sie als Lichtblick des Rock, doch genauso schnell wie Creedence Clearwater Revival auf der Bildfläche erscheinen, verschwinden sie wieder. Wir schauen uns an, was den plötzlichen Erfolg der Kalifornier ausmachte und sie ebenso schnell zum Scheitern brachte. 

von Victoria Schaffrath und Timon Menge

Hier könnt ihr euch die größten Hits von Creedence Clearwater Revival anhören: 

Wie so oft bei dramatischen Bandgeschichten ist der gemeinsame Nenner der Ups und Downs eine Person: John Fogerty, seines Zeichens Leadgitarrist, Sänger, Songwriter, Produzent, Manager und selbsternannter Marketing-Chef bei CCR. Um das zu verstehen, blicken wir auf die Anfänge des Quartetts.

Anfänge: The Blue Velvets

In einer Highschool in der Bucht von San Francisco treffen 1959 Doug Clifford und John Fogerty aufeinander. Fogerty haut am Piano einen Song von Fats Domino in die Tasten, Clifford ahnt bereits, dass er Zeuge eines Ausnahmetalents wird. Die Beiden gründen aus dem Stegreif eine Band. Die Vierzehnjährigen holen Cliffords Kumpel Stuart Cook und Fogertys vier Jahre älteren Bruder Tom ins Boot, letzterer zeigt von Anfang an Ambitionen, träumt von einer Musikerkarriere und Plattendeals und steckt den Rest der Truppe prompt an. 

Man nennt sich also The Blue Velvets. Wer bei San Francisco allerdings an Großstadtflair und Nachtleben denkt, liegt falsch: Die Band stammt aus einem gegenüberliegenden Örtchen, das vor allem von Arbeiterfamilien bewohnt wird. Von den LSD-Exzessen ihrer städtischen Altersgenossen bekommen die Vier wenig mit, klemmen sich lieber an die Instrumente, den Blick starr auf einen Plattenvertrag gerichtet.

Kurz vor dem Durchbruch: Tom Fogerty, Doug Clifford, Stu Cook und John Fogerty 1968. Foto: Fantasy Records.

Umbenennungen und Debüt

Während in „San Fran“ der „Summer of Love“ brodelt, realisieren The Blue Velvets, dass sich ganz um die Ecke, nämlich in Berkeley, eine Plattenfirma namens Fantasy Records befindet. Dort klopfen die Musiker an und bekommen ohne viel Gegenwind einen Plattenvertrag. Fantasy veröffentlicht unter dem neuen Namen The Golliwogs ein erstes Album; da die Band bei der Vertragsunterzeichnung nicht sonderlich auf Veto- oder Urheberrechte geachtet hat, kann sie dem neuen Bandnamen nichts entgegensetzen.

Die Funktionen der einzelnen Bandmitglieder zeichnen sich nun final ab: Tom Fogerty gibt Gesang und Leadgitarre an Bruder John ab, da dessen Stimme markanter ist, und wechselt selbst an die Rhythmusgitarre. Stu Cook zupft den Viersaiter, während Doug Clifford das Schlagzeug abdeckt. Ganz der Stratege überlässt Tom auch beim Songwriting Bruder John die Bühne: Dessen Songs erzählen Geschichten, sind radiofreundlich und kommen auf den Punkt, während sich die übrige Rockszene in langatmigen Gitarrensoli verliert.

Nach personellen Veränderungen bei Fantasy darf sich die Band endlich umbenennen, die Wahl fällt auf Creedence (nach einem Freund der Jungs) Clearwater (nach einer Bierwerbung) Revival (für die Wiedergeburt der Band). Während der Rest der Rockwelt eher Psychedelisches im Sinne hat, nehmen „CCR“ es mit Blues und Americana auf. Dank ein paar Songs der Golliwogs-Platte, unter anderem Porterville, finden sich schnell genug Nummern für ein Album, das man 1968 schlicht Creedence Clearwater Revival benennt. Als zweite Single koppeln sie das Cover Suzie Q aus. Die kalifornischen Radiostationen springen an, Suzie schürft knapp an den Top 10 der amerikanischen Single-Charts vorbei.

Das verdankt die Truppe nicht zuletzt ihrem rigorosen Proben- und Show-Plan, der sie im Sommer ’68 beispielsweise als Vorband für Steppenwolf vorsieht. Häufig spielen sie dabei in San Franciscos legendärem Fillmore. Hier schwören sie sich, nachdem sie etlichen Bands auf LSD zusehen mussten: „Entweder berauschen wir uns an der Musik oder wir verlassen das Business.“

Zweites Album und Durchbruch mit Green River

Mit Bayou Country legen Creedence im Januar ’69 den Nachfolger zu ihrem Debütalbum vor. Zum ersten Mal erscheint das Thema der sumpfigen Bayou-Landschaft rund um New Orleans. Weder Songwriter John Fogerty noch ein anderes Creedence-Mitglied hatte je Kalifornien verlassen, geschweige denn den Bundesstaat Louisiana betreten, die stimmungsvolle Metaphorik stößt jedoch auf Anklang. 

Als erste Single wählt die Gruppe Proud Mary, die im März Platz zwei der amerikanischen Single-Charts belegt und eine dreijährige Erfolgsphase einläutet. Fogerty hat klar seinen Stil gefunden, der – ganz im Gegensatz zum damals üblichen Acid-Rock – durchaus tanzbar und gefällig anmutet. Das untermauert auch die Tatsache, dass Proud Mary mit zahllosen Covern in die Geschichte eingeht, unter anderem in der bekannten Version von Ike und Tina Turner.  


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Doch Fogerty beschleicht eine Ahnung, die viele Künstler bis heute umtreibt: Was passiert, wenn wir keine Präsenz in den Charts zeigen? Aus Angst, vergessen zu werden, sitzt er allabendlich in seinem karg eingerichteten Zimmer und schreibt, was das Zeug hält. Bereits im August können Creedence also Album Nummer drei Green River, vorweisen. Das Sumpf-Motiv wird weiter bedient, die erste Single Bad Moon Rising war bereits im April veröffentlich worden und griff zusätzlich den Vietnamkrieg auf. Das Album schafft es auf Platz eins und bleibt bis heute das Lieblingswerk der Bandmitglieder.

Von Urlaub wollen CCR jedoch nichts wissen und spielen zwischen den Veröffentlichungen einen Haufen Festivals und Shows, unter anderem mit Jimi Hendrix, The Byrds, Led Zeppelin und Joe Cocker. Woodstock darf natürlich nicht fehlen, doch Fogerty zeigt sich alles andere als zufrieden mit der Performance der Band. Außer Exzellenz duldet er nichts, so kommt es also, dass der Woodstock-Auftritt lange Zeit nur denen vorbehalten bleibt, die anwesend waren. Erst kürzlich gibt Fogerty die vollen Aufnahmen frei, die in Form des Albums Live At Woodstock erhältlich sind. 

Willy & The Poor Boys und Konflikte

Weil aber immer noch etwas mehr drin ist, erscheint mit Willy & The Poor Boys im November ’69  bereits der vierte Streich der Amerikaner. Fantasy Records freut sich, denn durch das strikte Training spielen die Jungs ihr Material innerhalb kürzester Zeit ein und halten die Studiokosten gering. Die Singles Down On The Corner und Fortunate Son stechen heraus, letzterer als Protest-Song gegen den Vietnamkrieg. Deutlicher noch als Bad Moon Rising zeichnet er ein Bild des Krieges und äußert sich gegen das Establishment. Die ernstgemeinte Aussage verleiht der Band Profil und zählt dennoch als weiterer Verdienst des Marketing-Genies Fogerty. Gekoppelt mit der ständigen Präsenz in den Charts und den unzähligen Auftritten geht 1969 als erfolgreichstes Jahr in die Bandgeschichte ein.

Zeitlos: Creedence Clearwater Revival auf dem Cover des Rolling Stone im Februar 1979. Foto: Baron Wolman

Wenig später entsteht die Doppelsingle Travelin’ Band/Who’ll Stop The Rain, die im Januar 1970 in den Äther geht. Im selben Jahr folgen das Cover des „Rolling Stone“ sowie das Album Cosmo’s Factory, sodass der Erfolg auf dem Papier klar scheint. Doch hinter den Kulissen kriselt es kräftig, schließlich kontrolliert Fogerty mittlerweile beinahe jeden Aspekt der Band. Ausgebrannt und desillusioniert geraten die Gemüter während der Aufnahmen zum nächsten Album immer wieder aneinander. Der Konflikt kommt zu einem abrupten Höhepunkt, als Tom Fogerty die Band kurz nach der Fertigstellung von Pendulum quittiert.

Fogerty Junior bringt das aus dem Tritt, er trifft die kreative Fehlentscheidung, das nächste Album Mardi Gras demokratisch zu dritteln, indem jedes Mitglied sein eigenes Material schreibt und einspielt. Cook und Clifford zeigen sich wenig begeistert. Nach dem nur mäßigen Erfolg und dem kritischen Verriss der Platte macht Fogerty seine beiden Kollegen für das Scheitern verantwortlich und das Jahr 1972 markiert so das Ende der kurzen, aber heftigen Erfolgswelle von Creedence Clearwater Revival.

Nach dem großen Knall

Da waren’s nur noch drei: „CCR“ nach dem Austritt von Tom Fogerty in einer Werbeanzeige für „Sweet Hitch-Hiker“ 1971. Foto: Fantasy Records

Alle vier setzen nach dem Aus Karrieren im Musikbereich fort, doch so richtig knüpft keiner an die Erfolge der späten Sechziger an. John Fogerty legt drei Soloalben und ebensoviele Top-20-Hits hin, die jedoch allesamt von Gerichtsverfahren mit Fantasy Records überschattet werden. Cook und Clifford produzieren je bedeutsame Künstler wie Doug Sahm und Roky Erickson. Tom Fogerty veröffentlicht ebenfalls Soloalben.

Als Creedence Clearwater Revival 1993 in die „Rock & Roll Hall of Fame“ induziert werden, spielt John lieber mit Bruce Springsteen und Robbie Robertson als mit Clifford und Cook, die wiederum aus Protest die Veranstaltung verlassen. Tom segnet bereits drei Jahre zuvor das Zeitliche, mit ihm schließt sein Bruder zuvor immerhin halbwegs Frieden. Ein Revival scheint somit unwahrscheinlich, doch werden jüngst gegenteilige Stimmen laut. Es bleiben die Erinnerung an die beispiellose Arbeitsmoral einer Band und die Vision des Autokraten John Fogerty, also lassen wir ihm das letzte Wort: „Irgendwann ist die Bombe explodiert.“

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