Zwar hat Elvis Presley im Verlauf seiner Karriere mehr als 700 Songs eingesungen und aufgenommen, geschrieben hat er jedoch keinen einzigen dieser Titel. Auch Credits als Co-Songwriter gibt es nur sehr wenige – in der Regel ging es da so oder so nur um Rechtliches: Lizenzen & Co. –, aber sein Händchen bei der Auswahl von Hits ist und bleibt legendär. Ein kuratorisches Genie. Schließlich gelten Elvis’ Interpretationen von Stücken wie Hound Dog oder Suspicious Minds längst als die ultimativen Aufnahmen dieser Titel. Dabei gibt es eine Vielzahl von Presley-Coversongs, die man heute mit ganz anderen Größen der Musikgeschichte verbindet...
von Martin Chilton
Presley, der erst 42 Jahre alt war, als er am 16. August 1977 starb, setzte sich mit jedem Titel, der ihm vorgeschlagen wurde, intensiv auseinander. Er hörte sich alles an und machte darauf basierend seine Auswahl; die vielen Nummer-eins-Singles unterstreichen dabei nur, wie ausgeprägt und treffsicher sein Hitgespür war. Werfen wir jedoch einen Blick auf die überraschendsten Coversongs des King of Rock’n’Roll.
5 überraschende Interpretationen von Elvis Presley
5: Solitaire (Carpenters)
Die Ballade Solitaire, ein hochemotionales Stück, stammt aus der Feder von Neil Sedaka und Phil Cody. Die bekannteste Version dieses Songs ist ganz klar die von den Carpenters aus dem Jahr 1975 – obwohl Karen Carpenter kein Geheimnis daraus gemacht hat, dass ihr dieser Song persönlich nicht gefiel. Elvis Presley soll im Oktober 1976 geschätzt zehn verschiedene Versionen von Solitaire im Jungle Room in Graceland aufgenommen haben. Sein Favorit wurde dann noch vor Ablauf des Jahres veröffentlicht.
4: Yesterday (The Beatles)
Viele der größten Sängerinnen und Sänger der Rock- und Popgeschichte sind irgendwann bei Yesterday gelandet und haben eine eigene Interpretation davon in Angriff genommen – neben dem von Elvis stehen auf dieser langen Liste unter anderem auch die Namen von Frank Sinatra, Aretha Franklin oder Neil Diamond. Presley nahm den Beatles-Klassiker, der erst 2019 den gleichnamigen Kinohit mit Himesh Patel in der Hauptrolle inspirieren sollte, im Jahr 1970 für ein Live-Album auf. Seine einleitenden Worte waren an einer Hand abzählbar – drei Worte: „my version of...“ –, woraufhin er dem Herzschmerz-Meilenstein der Briten seinen unverwechselbaren Klangstempel aufdrückte. Darüber hinaus hat Elvis übrigens auch Hey Jude eingesungen.
3: I’m So Lonesome I Could Cry (Hank Williams)
Es gibt nur ganz, ganz wenige Songwriter, die so eindringlich-ergreifende Schnulzen schreiben können wie Country-Ikone Hank Williams. Als Presley im Jahr 1973 eine Live-Version von I’m So Lonesome I Could Cry in Hawaii aufnahm, sagte er vorweg: „Ich würde nun gerne einen Song singen, der wohl das traurigste Stück ist, das ich je gehört habe.“ Ein großer Fan von Williams’ Musik, hatte Elvis schon 1959 eine Coverversion von I Can’t Help It (If I’m Still In Love With You) eingesungen. ’71 folgte dann gleich noch ein Williams-Cover – und wieder ging es um vertonten Herzschmerz: Men With Broken Hearts.
2: Bridge Over Troubled Water (Simon & Garfunkel)
„Als ich zum ersten Mal Bridge Over Troubled Water von Elvis gehört habe, war das ein unglaubliches Erlebnis“, gestand einst Paul Simon. „Ich dachte nur: Wie zur Hölle soll ich denn da mithalten können?“ Seine Version des Simon & Garfunkel-Hits nahm Elvis Presley schon 1970 auf, und der Song sollte bis zu seinem Tod in vielen seiner Live-Shows auftauchen. Im Rahmen jenes Konzerts in der Market Square Arena von Indianapolis am 26. Juni 1977, das sich als seine allerletzte Live-Performance entpuppen sollte, präsentierte er eine besonders ergreifende Interpretation des Stücks.
1: I Shall Be Released (Bob Dylan/The Band)
„Schon als ich Elvis Presleys Stimme zum ersten Mal gehört habe, war mir klar, dass ich für niemanden arbeiten und niemand mein Boss sein würde. Ihn zu hören war eine Befreiung, wie ein Ausbruch aus dem Gefängnis“, sagte Dylan später. Presley wiederum war Fan von Dylans Songwriting, und so nahm er 1971 eigene Versionen von dessen Folk-Hits wie Blowin’ In The Wind und I Shall Be Released auf. Letzterer war erstmals auf dem Debütalbum von The Band, Music From Big Pink, zu hören gewesen.