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Enigma: Das mysteriöse New-Age-Phänomen der Neunziger

New Age, Mönchsgesänge, die sich mit weiblichen Vocals, Pathos, Religion, Sinnlichkeit, ein bisschen Trance und sanften Dance-Rhythmen paaren: Das sind die Dinge, die einem wohl als erstes in den Sinn kommen, wenn man an Enigma denkt. Dabei feierte das Projekt in den 1990er-Jahre Riesenerfolge und verkaufte massenhaft Singles und Alben – weltweit 70 Millionen Stück. Das Gesamtwerk Enigmas gibt es jetzt auch in einer umfassenden Vinyl-Box – alle Infos findet ihr hier.

von Markus Brandstetter

Reist hier mit Enigma zurück in die Neunziger:

Die treibende Kraft hinter dem Projekt Enigma ist der deutsche, in Rumänien geborene Produzent Michael Cretu. Als Cretu 1988 gemeinsam mit seiner damaligen Frau, der Sängerin Sandra, nach Ibiza zog, hatte er bereits mehrere Soloalben und Singles unter seinem eigenen Namen veröffentlicht — darunter sein Soft-Rock-Debütalbum Moon, Light & Flowers aus dem Jahr 1979. Auch als Produzent für andere Künstler*innen war er tätig – darunter für Mike Oldfield, Hubert Kah und Peter Schilling.

Neues Projekt auf Ibiza

Im entspannten Ambiente der Insel, die viele auch heutzutage mit elektronischer Musik verbinden, brütete Cretu fortan ein neues Projekt aus. New-Age-Sounds und elektronische Musik sollte es verbinden, ein bisschen Ambient, ein bisschen Ethno-Einflüsse — eingängig, massentauglich, aber auch ein wenig mysteriös. Dafür holte er sich Fabrice Cuitad alias David Fairstein und Frank Petersen als Co-Produzenten an Bord.

Das Debütalbum MCMXC a.D.

Wohin die Reise für ein neues Projekt gehen könnte, hatte Cretu bereits bei der Produktion für Sandras Single Everlasting Love gemerkt, für die er getragene Chöre mit eingängigem Pop kombiniert hatte. In den A.R.T.-Studios, Cretus eigenem Tonstudio auf Ibiza, entstand schließlich das Debütalbum der Band, MCMXC a.D. — in römischen Zahlen bedeutete dies einfach das Releasejahr 1990. Dabei wollten die Mitglieder des Projekts mysteriös bleiben: Sängerin Sandra wird in den Credits gar nicht genannt, Cretu ist unter „Curly M.C.“ gelistet, Peterson unter F. Gregorian. Enigmatisch eben.

Gregorianische Chants, New Age und ein wenig angedeutete Sexualität: Was sich normalerweise nicht unbedingt wie ein absoluter Chartstürmer anhört, stellte sich als voller Erfolg heraus. Das Album erreichte in etlichen Ländern die Top Ten der Albumcharts. Unter anderem kletterte es auf den sechsten Platz der US-amerikanischen Billboard-Charts und feierte Nummer-eins-Positionen in Großbritannien, Belgien, Griechenland, Portugal, Spanien. Mit der Singleauskopplung Sadeness Pt. 1 feierte das Projekt auch seinen bis heute größten Hit.

Return To Innocence und das weitere Schaffen

Auch das zweite Album der Band, The Cross Of Changes, geizte wahrlich nicht mit Opulenz. Hier bleibt besonders der Track Return To Innocence in Erinnerung — statt gregorianischen Chorälen gab es Chants der Amis, einer indigen austronesischen, in Taiwan ansässigen Gruppe. Die Kombinationsformel Ethno-Chants und Dance-Beats setzte Cretu auch drei Jahre später auf Le Roi est mort, Vive le Roi! fort, ehe sich der Produzent 2000 an Carl Orffs Carmina Burana orientierte. 2003 folgte mit Voyageur ein geschichtlicher Einschnitt: Zum ersten Mal bediente sich Cretu nicht bei Chants und World-Music-Einflüssen, sondern lieferte ein recht straightes Elektro-Album ab. Seitdem erschienen drei weitere Alben, A Posteriori (2006), Seven Lives Many Faces (2008) und zuletzt The Fall Of A Rebel Angel (2016). Für letzteres verpflichte Cretu für das Artwork übrigens den legendären deutschen Kunstfälscher und Maler Wolfgang Beltracchi.

Womit Enigma Geschichte schrieben

Mit MCMXC a.D. und ihrem weiteren Werk holte das Projekt Enigma New-Age-Musik in den Mainstream — und, so argumentieren einige, auch EDM generell. Enigma kombinierte Ethno, Pop und Elektronik zu einer Musik, die sich ausgezeichnet für Soundtracks anbietet. Enigma ist Pop mit einem Hauch Mysterium — und ohne Angst vor Pathos. Dabei schuf Cretu eines der erfolgreichsten elektronischen Musik-Projekte aller Zeiten. Er erfand damit quasi sein eigenes Genre. Das Personal wechselte bei Enigma im Laufe der Jahre immer wieder, Cretu bleibt dabei die einzige Konstante und das Mastermind hinter dem Projekt.

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