Von der 300-Dollar-Les-Paul zur Zwei-Millionen-Dollar-Gitarre: Die Geschichte von Greeny
popkultur13.05.20
Sie ist eine der bekanntesten Les Pauls der Rockgeschichte und ging schon durch die Hände etlicher prominenter Musiker. Heute gehört Greeny, so der Name der ganz besonderen Gibson, Kirk Hammett. Bis sie mit dem Metallica-Gitarristen in den 2000er-Jahren einen neuen Besitzer fand, machte das Instrument eine bemerkenswerte Reise (und enorme Wertsteigerung!) durch – Grund genug, diese Geschichte einmal genauer zu beleuchten.
von Markus Brandstetter
Der Ursprung und die Magie von Greeny
Greeny heißt nicht etwa so, weil sie ein grünes Finish hat – das wäre für eine Les Paul zwar ungewöhnlich, mit einem Blick auf Gibsons (oft kritisierter) Farbgebung neuer Variationen alter Modelle in den letzten Jahren nicht unmöglich. Ihren Namen trägt die Gitarre aufgrund ihres ursprünglichen Besitzers. Der heißt Peter Green und wurde unter anderem als Gitarrist bei Fleetwood Mac bekannt.
Les Pauls aus dem Baujahr 1959 haben für Gitarrenfans prinzipiell etwas Magisches – aber das Modell, das Green in den 1960er-Jahren für einen Preis vom heutigen Äquivalent zu 300 Dollar gekauft hatte, war nochmal etwas ganz Besonderes. Das hat in erster Linie mit den Tonabnehmern zu tun – beziehungsweise einer Out-Of-Phase-Schaltung, die für einen nasalen, einer Stratocaster ähnlichen Sound sorgt. Green erklärte, den Tonabnehmer selbst modifiziert zu haben. Andere gehen allerdings davon aus, dass es sich um einen glücklichen Produktionsfehler gehandelt haben könnte. Was auch immer der tatsächliche Grund für die spezielle Schaltung war: Greeny bekam dadurch dadurch einen unverkennbaren Klang – was man auch etlichen Fleetwood-Mac-Aufnahmen nachhören kann, etwa auf dem Song Albatross.
Besitzerwechsel zu Gary Moore
In den 1970ern borgte Green, der zu der Zeit mit schweren mentalen Problemen zu kämpfen hatte, die Gitarre an einen jungen, aufstrebenden Gitarristen namens Gary Moore. Später verkaufte er Moore die Gitarre – für den gleichen Preis, für den er sie damals erworben hatte. Und wieder schrieb Greeniy Rockgeschichte – denn Moore nutzte sie auf etlichen Thin-Lizzy-Songs sowie auf Solostücken.
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Finanzielle Probleme zwangen Moore 2006 jedoch dazu, Greeny zu verkaufen. Zwischen 750.000 und 1,2 Millionen Dollar soll er dafür bekommen haben. In den nächsten Jahren fand Greeny ihr Zuhause bei privaten Gitarrensammlern und verschwand von der Bildfläche. Bis 2014 – denn da wurde bekannt, dass das Instrument erneut bei einem berühmten Gitarristen gelandet war.
Wie Kirk Hammett zu Greeny fand
Dass Greeny schließlich bei Kirk Hammett landete, war eher Zufall. 2014 besuchte ein Freund den Gitarristen auf dessen Hotelzimmer in London – und erklärte ihm, er müsse ihm etwas zeigen. Gemeinsam mit einem anderen Mann brachte er zwei Gegenstände mit ins Zimmer – einen Vintage Marshall-Amp und einen Gitarrenkoffer. Hammett wusste gleich, um welche Gitarre es sich handelte, als er den Koffer öffnete, zitiert ihn das Magazin „Guitar World“.
„Nach etwa 30 Sekunden dachte ich mir, ‘Wow, das ist echt keine typische Les Paul’, und ich schaltete in die mittlere Position, weil das der berühmte Sound ist – und ich fing an, reinzuhauen und dachte mir nur: ‘Heilige Scheiße, das ist ein totaler Widerspruch“. Der Widerspruch, den Hammett empfand, bestand im Klangbild. „Es klang wie eine unglaubliche Les Paul in der Bridge- und Neck-Position, aber wenn du sie in die mittlere Position schaltest, klingt sie plötzlich wie eine Strat durch ein 100-Watt-Marshall-Stack”.
Jimmy Page riet Hammett zu Kauf
Dennoch: Hammett zögerte mit dem Kauf. Dass er seine Brieftasche schließlich doch öffnete, ist Jimmy Page zu verdanken. Am Tag des Testens schrieb Hammett der Led-Zeppelin-Legende eine SMS – und fragte ihn nach Rat. Seine Antwort: „Ich erinnere mich an diese Gitarre. Du solltest sie unbedingt kaufen“. Wenn Jimmy Page einem zu etwas in Sachen Gitarren rät, dann befolgt man diesen Ratschlag. Hammett griff also zu – laut ihm für etwas unter zwei Millionen Dollar.
Ein lebendes Stück Rockgeschichte
Hammett tat etwas, was Greenys Vorbesitzer nicht getan hatten: Er spielte sie tatsächlich wieder. Mit ihrem neuen Besitzer kamen auch Rockfans wieder in den Genuss der Gitarre – Hammett spielt sie bei Live-Shows und nutzt sie auch im Studio. Somit wurde aus einem Sammlerstück für Superreiche wieder ein lebendes Stück Rockgeschichte. Und genau dafür sind Gitarren eigentlich ja auch da: Um gespielt zu werden.