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Interview mit Leon Thomas: „Ich bin besessen von Jimi Hendrix“

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Leon Thomas hat sich als Künstler zwischen R&B, Rap und Rock’n’Roll einen Namen gemacht. Drake, Ariana Grande oder SZA schwören auf seine Producer-Skills, während er sich mehr und mehr auch als Album-Artist einen Namen macht. Wir haben uns mit ihm in Berlin getroffen und über Producing, Songwriting und Co. gesprochen.

In den Charts ist Leon Thomas schon seit Jahren Dauergast. Meist aber eben im Namen anderer Künstler. Als Producer für Ariana Grande, SZA oder Drake spielt er schon lange ganz oben mit, als Solokünstler ist er in diesen Sphären deutlich kürzer zuhause. Sein zweites Soloalbum Mutt, erschienen bei Motown, ändert das vergangenes Jahr. Der Mix aus Conscious Rap, R&B und gutem altem Soul begeistert, erstmals rollt Leon Thomas als Artist die Charts auf.

Leon Thomas: Zwischen Rock’n’Roll und Oper

Es ist nur der jüngste Meilenstein in einem durch und durch künstlerisch geprägten Leben. Thomas, mittlerweile 31, wächst als Sohn kulturell und politisch motivierter Eltern auf, die das Schwarze Künstlerkollektiv Black Rock Coalition unterstützen und Stammgäste im New Yorker Kultladen CBGB sind. In seiner Jugend treffen Hip-Hop und Rock’n’Roll aufeinander, sein Großvater ist der Opernsänger John Anthony, da sind Musik und Familie praktisch synonym zu verwenden. Das wird auch im Gespräch mit dem Talent aus New York City deutlich.

In deinem Sound steckt deine gesamte Biografie. Wie würdest du eigentlich selbst beschreiben, was du machst?

Ich würde es auf jeden Fall als eklektisch beschreiben. Ich habe eine wirklich große Liebe für R&B, und das ist wie das Hauptgericht, das ich normalerweise serviere. Aber ich bin durch meine Eltern auch ein großer Fan von Rock’n’Roll, ich bin ein großer Fan von Hip-Hop und ich mag es, die drei zu mischen. Ich bin aber eben auch ein großer Fan von Jazz, was man wahrscheinlich am ehesten an einigen Akkordfolgen bemerkt. Eklektisch eben. (lacht)

Hip-Hop hört man allerdings noch am wenigsten heraus, findest du nicht auch?

Ja, ich glaube, der Hip-Hop-Einfluss kommt eher von der Art und Weise, wie ich eine Geschichte erzähle. Sie ist definitiv von vielen Rappern inspiriert, mit denen ich zusammenarbeite.

„Ich denke, man kann hören, wie viel Zeit wir in die Produktion gesteckt haben.“

Leon Thomas

Was kommt bei dir zuerst? Texte? Akkorde? Sound?

Nun, die Texte sind auf jeden Fall der größte Teil. Es geht mir immer darum, die richtige Form für die Geschichte zu finden, die ich erzählen möchte. Die Melodie wird nur verwendet, um diese Geschichte zu erzählen. So gut ich kann. Die Produktion hat in den letzten zehn Jahren aber nun mal einen großen Teil meines Lebens ausgemacht. Daher bin ich definitiv sehr kritisch, was die Zusammenstellung des Sounds angeht. Ich denke, man kann hören, wie viel Zeit wir in die Produktion gesteckt haben.

Unterscheidet sich das von deiner Herangehensweise als Produzent?

Erheblich, ja. Da gibt es am Anfang die Künstler:innen und eine Gitarre. Nicht mehr. Wir jammen, lernen uns kennen und ich versuche zu ergründen, was sie sagen möchten und mit welcher Stimme sie das sagen wollen.

„Denn das ist mein Job:
Ich bin Geschichtenerzähler.“

Leon Thomas

Welchen guten Ratschlag hast du mal bekommen, aber völlig ignoriert?

Das ist eine gute Frage. Also, dieser Typ hat mir mal gesagt, er habe ein Sprichwort: „Schreib dein Leben auf.“ Und das ist keine schlechte Aussage, denn ich finde es gut, verletzlich zu sein. Aber ich finde es auch gut, als Songwriter seine Vorstellungskraft zu nutzen. Manchmal denke ich, dass man nicht immer alles durchmachen muss, worüber man singt. Ich denke, es ist wirklich besser, eine große Vorstellungskraft zu haben und sich Welten auszudenken, in denen Menschen leben können. Ich bin also irgendwie froh, dass ich nicht auf ihn gehört habe, denn ich bin froh, dass ich jetzt Lieder habe, bei denen ich vielleicht nicht jedes Detail der Strophe durchlebt habe. Denn das ist mein Job: Ich bin Geschichtenerzähler.

Du hast schon mit großen Namen wie Ariana Grande oder SZA gearbeitet. Mit welchem Artist aus der Musikgeschichte hättest du gern mal einen Song geschrieben?

Weißt du, in letzter Zeit bin ich wirklich besessen von Jimi Hendrix. Ich habe mir einfach alles angehört, das ich finden konnte, um mich wirklich in seinem Katalog zu vertiefen. Ich bin schon mein ganzes Leben lang ein Fan von ihm, aber erst in letzter Zeit bin ich wirklich begeistert von seiner Präsenz auf der Bühne. Ich denke, es wäre wirklich cool, eine Platte mit ihm zu machen. Aber na ja…

Wenn du eine Zeitreise machen und einen Song aus einer beliebigen Ära stehlen könntest, bevor er veröffentlicht wurde: Welchen würdest du wählen?

Ich würde in die späten Sechziger reisen und Black Dogs von Led Zeppelin stehlen. Ich denke, ich würde den Song ein wenig anders machen, aber er ist natürlich auch so absolut großartig. Ja, das wäre was.

„Wir haben ein ganzes Album gemacht, das ich dann wieder verworfen habe.“

Leon Thomas

Zurück zu deinen eigenen Songs: Fällt dir Songwriting generell leicht oder schwer?

Es ist jedes Mal wie Magie. Irgendwann kommt alles einfach zusammen und klickt. Das dauert aber immer eine ganze Weile, und der Anfang ist meist wirklich schwer. Wir haben ein ganzes Album gemacht, das ich dann wieder verworfen habe, weil es sich für mich nicht echt anfühlte. Aber in den anderthalb bis zwei Jahren danach habe ich mir wirklich die Zeit genommen, mich selbst kennenzulernen und genau herauszufinden, wie ich mich dieses Mal präsentieren wollte. Das macht Mudd zu einem sehr egoistischen Album. Ich habe das getan, wonach mir war, und das auf eine sehr rebellische Art und Weise. Ich könnte nicht glücklicher damit sein.

Und wenn wir jetzt mal an Konzerte und Live-Performances denken - hast du einen Lieblingsmoment in deiner Setlist? 

In letzter Zeit ändert es sich ständig, aber ich haben dieses Schlagzeugsolo in Sneak. Es macht mir so viel Spaß, da hochzugehen und Schlagzeug zu spielen. Schlagzeug war meine erste Liebe. Das erste Instrument, das ich je gespielt habe. Und mein eigentlicher Einstieg in die Musik.


Es ist jedes Mal etwas ganz Besonderes für mich, dieses geheime Talent auf der Bühne zum Leuchten zu bringen.

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