Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 16.9.1977.
von Timon Menge und Christof Leim
Eine Erscheinung wie eine Fee, Glitzer auf den Wangenknochen und Songs, die ein Genre formten: Marc Bolan hat als Anführer von T. Rex mitdefiniert, was wir heute als Glam Rock kennen. Am 16. September 1977 kommt der britische Musiker im Alter von nur 29 Jahren bei einem Autounfall ums Leben. Werfen wir einen Blick auf seine viel zu kurze Lebensgeschichte.
Hier könnt ihr euch die größten Hits von Marc Bolan anhören:
Eigentlich heißt er Mark Feld. Am 30. September 1947 erblickt der Mann, den wir später als Marc Bolan lieben lernen, in einem Vorort von London das Licht der Welt. Dort geht er auch zur Schule, bereits in jungen Jahren kommt er in den Genuss eines Fernsehauftritts und zwar als Mod in der Thriller-Serie Orlando. Seine erste eigene Gitarre bekommt er mit neun. Genau wie bei den Beatles und vielen anderen Bands jener Zeit lassen sich seine Wurzeln im Skiffle verorten.
Mit 15 fliegt er wegen schlechten Benehmens von der Schule, wenig später lässt er sich unter die Fittiche einer Modelagentur nehmen und landet als Vorzeige-Mod im Magazin Town. 1964 lernt Bolan seinen ersten Manager Geoffrey Delaroy-Hall kennen, mit dessen Hilfe er den seichten Popsong All At Once einspielt, eine seiner ersten professionellen Aufnahmen.
Rockstar in der Mache
Bolan während seiner Zeit mit John’s Children. Unseren Helden findet ihr unten rechts.Im Anschluss ändert er seinen Künstlernamen zu Toby Tyler, bevor er im August 1965 seinen ersten großen Plattenvertrag an Land zieht und fortan unter dem Namen Marc Bolan Geschichte schreibt. Am 19. November 1965 erscheint seine erste Single The Wizard. An der Gitarre: niemand geringeres als Jimmy Page. Zu jener Zeit bewegt sich Bolan vor allem in der Welt des Folk, besonderen Gefallen findet er an der Literatur innerhalb der Beatszene.
1966 taucht er mit seiner Gitarre vor der Haustür von Musikmanager Simon Napier-Bell auf. Er lässt ihn wissen, dass er einmal ein großer Star werden wird und jemanden braucht, der ihm bei den Vorbereitungen hilft. Napier-Bell bittet den selbstbewussten Jungspund herein und hört sich einige seiner Songs an. Umgehend bucht er ein Studio und fädelt die Zusammenarbeit mit dem Nachwuchskünstler ein.
Der Tyrannosaurus kommt
Zu jener Zeit betreut Napier-Bell sowohl die Yardbirds als auch die Gruppe John’s Children. Zunächst möchte er Bolan bei den Yardbirds einschleusen, entscheidet sich dann aber für seine anderen Schützlinge, weil bei John’s Children ein Songschreiber fehlt. Gemeinsam mit der Gruppe gelingen Bolan erste Erfolge, wie zum Beispiel die Single Desdemona. Doch ihre gemeinsame Geschichte endet im Juni 1967.
Das erste Album von Tyrannosaurus Rex: „My People Were Fair And Had Sky In Their Hair But Now They’re Content To Wear Stars On Their Brows“. Heißt so. Kein Witz.Ans Aufhören denkt Bolan nicht und ruft Tyrannosaurus Rex ins Leben. Eigentlich schwebt ihm eine fünfköpfige Rockband vor, doch aus finanzieller Not schlägt er einen minimalistischeren Weg ein und gründet stattdessen ein Folkduo, das ihn in zwei verschiedenen Besetzungen bis Dezember 1970 beschäftigen soll. Inhaltlich widmet er sich dort vor allem der Fantasy, am 15. März 1969 erscheint sogar ein Gedichtband aus seiner Feder. So richtig los geht es allerdings erst im Anschluss.
Die Hochphase
Betätigt sich Ende der Sechziger auch als Autor: Marc Bolan.Ende 1970 tauft Bolan sein Projekt in T. Rex um und realisiert seinen anfänglichen Plan: eine vollständige Rockband. Mit T. Rex (1970) erscheint zunächst noch eine „Altlast“ aus Duozeiten, die Single Ride A White Swan ebnet den Weg für alle weiteren Erfolge. Bei der nächsten Platte verdeutlicht schon der Titel, in welche Richtung es nun gehen soll: Electric Warrior kommt am 24. September 1971 und enthält unsterbliche Hits wie Cosmic Dancer, Jeepster, Get It On sowie Life’s A Gas. Mit Karacho verdeutlicht Bolan der Welt, dass ihr ein neuer Rockstar geschenkt wurde. Das Album entert die Pole Position der britischen Charts, erreicht Goldstatus und wird später vom Rolling Stone mit Platz 160 der 500 wichtigsten Alben aller Zeiten bedacht.
Anschließend geht es munter weiter: Mit The Slider (1972) und Tanx (1973) veröffentlichen Bolan und seine Mitmusiker zwei weitere Hitalben. Singles wie Metal Guru, Telegram Sam, Children Of The Revolution, Solid Gold Easy Action und 20th Century Boy gehören bis heute zu jeder ernstzunehmenden Siebziger-Party. Anschließend widmet er sich facettenreicheren Sounds, Mitte 1973 stellt er das Line-Up seiner Band um. 1974 entdeckt Marc Bolan seine weniger poppige Seite. Sieht man sogar schon.Nun ebenfalls an Bord: Gitarrist Jack Green sowie Bolans zukünftige Partnerin Gloria Jones, die zunächst als Hintergrundsängerin einsteigt, später aber auch Keyboard spielt. 1974 folgt Zinc Alloy And The Hidden Riders. Nicht nur Titel und Cover erinnern an Bolans guten Freund David Bowie, auch inhaltlich orientiert er sich an seinem größten Glam-Rivalen. Ihre kommerziellen Erfolge büßen T. Rex von da an Stück für Stück ein. 1976 erscheint mit I Love To Boogie zwar noch einmal eine erfolgreiche Single, doch die ganz große Aufmerksamkeit wie zu Beginn der Siebziger bleibt aus. Am 11. März 1977 landet mit Dandy In The Underworld die letzte T.-Rex-Platte in den Geschäften.
Der Unfall
Als Bolan und Gloria am 16. September 1977 von einem Restaurantbesuch nach Hause fahren, sitzt Jones am Steuer. Sie kommt von der Straße ab, prallt mit dem Wagen gegen einen Zaunpfahl und schließlich gegen einen Baum. Bolan stirbt sofort, Jones kommt mit einem gebrochenen Arm und einem Kieferbruch davon. Marc Bolan war nur 29 Jahre alt und hinterlässt nicht nur seine Partnerin, sondern auch ihren gemeinsamen Sohn Rolan Bolan (offiziell: Rolan Seymour Feld).
Gloria Jones und Rolan Seymour Feld alias „Rolan Bolan“. - Foto: Harald Bischoff/Wiki CommonsWas Marc Bolan für die Popkultur im Allgemeinen und für die Entwicklung des Glam Rock im Speziellen getan hat, lässt sich kaum in Worte fassen. Gemeinsam mit seinen Genrekollegen David Bowie, The Sweet und Slade hat er das Bühnenkostüm neu definiert, Geschlechterrollen aufgehoben und sich sowohl von Fantasyliteratur als auch von progressiver Rockmusik inspirieren lassen. Zwar findet der Glam Rock gegen Ende der Siebziger sowieso sein Ende, doch Bolan wäre sicher etwas Neues eingefallen. Schade, dass wir das nie erfahren werden. Rest in peace, Marc!