Als Sänger von Genesis kennen ihn die meisten, als Komponist von Sledgehammer auch. Doch der Mann aus Surrey ist viel mehr als das. Zu seinem heutigen 70. Geburtstag werfen wir einen Blick auf einen eher unbekannten Peter Gabriel.
von Björn Springorum
Peter Gabriel kommt am 13. Februar 1950 in Woking zur Welt. Die Stadt in Surrey ist gerade weit genug weg von London, um den jungen Gabriel nicht ständig den Verlockungen der Metropole auszusetzen. Aber eben auch nah genug dran, damit er die explosionsartigen Entwicklungen der Sechziger aus nächster Nähe miterleben konnte. Mit gerade mal 17 Jahren gerät er an Mike Rutherford, gemeinsam gründen sie Genesis. Der Rest ist Geschichte. Aber eben nur ein Teil davon, wie diese weniger bekannten Wahrheiten über den Mann mit der unnachahmlichen Stimme und dem unerbittlichen politischen Einsatz beweisen.
Hört hier die größten Hits von Peter Gabriel:
Sammy The Slug
Im zarten Alter von zwölf Jahren schrieb Peter Gabriel seinen ersten Song. Sammy The Slug, also Sammy die Schnecke, entstand möglicherweise auf seinen Streifzügen durch die ländliche Idylle Surreys. Obwohl seine Lehrer früh seine außergewöhnliche Stimme entdeckten, wandte sich Gabriel erst dem Piano und dann dem Schlagzeug zu. Das Geld, das ihm seine Tante für professionelle Gesangsstunden zusteckte, verwendete er auf andere Weise: Er kaufte sich die erste Beatles-Platte davon. Wer weiß, das hatte vielleicht sogar mehr Einfluss auf seine spätere Karriere.
Cat Stevens
Die Anfänge von Genesis liefen schleppend. Und das ist noch euphemistisch ausgedrückt. Das 1968er Debüt From Genesis To Revelation war ein lupenreiner Flop, also sah sich Gabriel hier und da nach anderen Tätigkeitsfeldern um. Eines fand er bei seinem Kollegen Cat Stevens, der gerade ebenfalls eine Krise durchlief und noch vom kommerziellen Misserfolg seines zweiten Albums und seiner gerade mal so ausgestandenen Tuberkulose erholt hatte. Auf Stevens’ drittem Album von 1970, Mona Bone Jakon, ist Peter Gabriel im Song Katmandu an der Flöte zu hören.
Kate Bush
Peter Gabriel ist bekannt dafür, mit einem engen Kreis an Vertrauten zusammenzuarbeiten, die teilweise seit seinem ersten Soloalbum treu an seiner Seite stehen. Eine Künstlerin, die es ihm besonders angetan hat, ist Kate Bush. Die war sich selbst nach ihrem sagenhaften Erfolg mit Wuthering Heights nicht zu schade, den Gabriel-Songs Games Without Frontiers und No Self Control 1980 mit Backing-Vocals auszuhelfen. 1986 übernahm sie sogar die gesangliche Hauptrolle in Don’t Give Up, während Gabriel auch mal bei einem TV-Special über Bush auftrat.
https://www.udiscover-music.de/platten/genesis-in-bildern-1970-1975Schwein gehabt
Ausprobiert hat der Sänger immer schon gern so viel wie möglich. Also ließ er sich auch dazu hinreißen, einen Song zu einem Filmsoundtrack beizusteuern. Nichts gravitätisches, angeberisches oder hochintellektuelles. Nein, er sang den von Randy Newman geschriebenen Song That’ll Do für die Fortsetzung von Ein Schweinchen namens Babe. Und wurde damit sogar für den Oscar nominiert!
WOMAD
Spätestens mit seinem dritten Soloalbums schwang sich Peter Gabriel zu einem der größten westlichen Vertreter, Versteher und Verbreiter der Weltmusik auf. Als Konsequenz hob er 1980 das Festival WOMAD (World Of Music, Arts And Dance) aus der Taufe. Damit wanderte er über die ganze Welt und brachte mittlerweile mehr als eine Million Menschen zusammen. 2017, zum 35. Geburtstag, kamen 10.000 Menschen zusammen, um unter anderem den legendären Emir Kusturica mit seinem No Smoking Orchestra zu sehen.
Die wahre Welt
Ein Visionär und Neudenker wie Peter Gabriel gibt sich natürlich nicht mit einem normalen Aufnahmestudio zufrieden. Deshalb sah er sich 1986 nach einem geeigneten Gebäude um, in das er das Studio seiner Träume bauen konnte. Fündig wurde er nahe seiner heutigen Heimat Bath – ein Gebäude in Form einer historischen, über 200-jährigen Mühle an einem idyllischen kleinen Bach. Hier verwirklicht Gabriel seither seine Projekte, öffnete die Studiotüren aber auch einer ganzen Reihe musikalischer Hochkaräter. Zu seinen Kunden zählen unter anderem Amy Winehouse, Van Morrison, Björk, Coldplay, Robert Plant, Tom Jones, New Order, die Pixies oder Kylie Minogue. Scheint wohl kein ganz übler Ort zu sein.
Mein Schwiegervater, der Lord
1971, mit gerade mal 21 Jahren, trat Peter Gabriel mit Jill Moore vor den Traualter. Moores Vater war kein Unbekannter im Königreich: Lord Moore of Wolvercote war von 1977 bis 1986 der Privatsekretär der Queen! Half aber auch nichts: Morre betrog ihren Mann ausgerechnet mit David Lord, Koproduzent von Gabriels vierter Soloplatte. So hässlich die Ehe auch endete, so wundervolle Früchte trug sie: Seine beiden Töchter Anna-Marie und Melanie arbeiten beide längst an der Seite ihres Vaters: Anna-Marie als Filmemacherin, die schon zwei Konzertfilme über ihn drehte. Und Melanie, die seit 2002 in der Backing-Band ihres Vaters singt.