Als LL Cool J am 18. November 1985 sein Debüt Radio veröffentlicht, läutet der New Yorker damit ein neues Zeitalter ein. Das Album legt den Grundstein für seine unvergleichliche Karriere, etabliert das neue Label Def Jam Recordings – und markiert einen wichtigen Wendepunkt in der Entwicklung des Hip-Hop.
Aufgewachsen in New York City, nimmt James Todd Smith alias LL Cool J den Hip-Hop quasi mit der Muttermilch auf. Schon mit zehn reimt er seine ersten Zeilen. „In unserer Nachbarschaft wuchsen die Kinder mit Rap auf“, erklärt er 1987 in einem Interview mit der New York Times. „Man kann sich das vorstellen, als würde man in einem komplett spanischen Haushalt aufwachsen und Spanisch lernen.“ Im Alter von 16 Jahren nimmt er im Keller seiner Großeltern die ersten Demotapes auf. Unterstützung erhält er von seinem Vater, einem Jazz-Saxofonisten, der 2.000 US-Dollar investiert, um seinem Sohn Turntables, einen Mischer und einen Verstärker zu ermöglichen. Seine Mutter hilft auch und steckt ihre Steuerrückzahlung in einen Drumcomputer für den Sohnemann. LL Cool J nutzt den Startbonus – und verschickt schließlich ein Demo an Def Jam Recordings.
Radio: LL Cool J lässt es zur New School läuten
Die Unterschrift auf dem Gründervertrag des Labels ist noch nicht ganz trocken, als sich die beiden Masterminds Rick Rubin und Russell Simmons dazu entscheiden, LL Cool J unter ihre Fittiche zu nehmen. Schon seine erste Single I Need A Beat (1984) geht durch die Decke. Mehr als 100.000 verkaufte Einheiten – ein wahnsinniger Erfolg für einen Newcomer. LL Cool J macht sich einen Namen im Rap-Business; und füllt die Kasse von Def Jam, die das Geld gleich wieder in ihren Schützling reinvestieren. Sie möchten, dass LL Cool J ein Album nachlegt, was der sich nicht zweimal sagen lässt. Der junge Musiker bricht die Schule ab und nimmt die Arbeit an seinem Debüt auf. Am 18. November 1985 erscheint Radio und markiert die allererste Def-Jam-LP. „Es gab keine Erwartungen“, erinnert sich Produzent Rick Rubin. „Wichtig war, dass es gut klingt.“
Das gelingt Rubin und LL Cool J mit Bravour. Schon der Radio-Opener I Can’t Live Without My Radio läutet eine neue Ära des Hip-Hop ein: Die Old School mit ihren Vinyl-Turntables weicht der energiegeladenen New School mit ihren Drumcomputern und Ghettoblastern. Inhaltlich rappt LL Cool J auf Radio über Themen wie das Stadtleben und Teenie-Probleme; auch die Großspurigkeit des Rap kommt nicht zu kurz. Zum erfolgreichsten Song des Albums entwickelt sich die vierte Single Rock The Bells, nicht zuletzt dank der Verwendung in mehreren Soundtracks, wie für das Videospiel Mat Hoffman’s Pro BMX 2 (2002). Der aggressive und aufs Wesentliche reduzierte Sound von Radio trifft einen Nerv – und setzt damit den Standard für eine ganze neue Hip-Hop-Generation.
Der Startschuss einer großen Karriere
Als Radio am 18. November 1985 erscheint, brechen alle Dämme. Mehr als 500.000 Einheiten reißen Teens aus den ganzen Vereinigten Staaten dem jungen Rapper aus der Hand. Drei Jahre später sind es schon eine Million. Als einer der ersten Hip-Hop-Acts überhaupt feiert LL Cool J kommerzielle Erfolge im Mainstream, gemeinsam mit Run-DMC und den Beastie Boys, die ebenfalls bei Def Jam Recordings unter Vertrag stehen. Davon profitiert auch Rubin, der sich in den folgenden Jahrzehnten als legendärer Produzent positionieren kann. Radio ist das erste Album, auf dem sein berühmter Claim „Reduced By Rick Rubin“ zu finden ist, eine Anspielung auf den für ihn charakteristischen minimalistischen Sound. Ganz und gar nicht minimalistisch entwickelt sich die Karriere von LL Cool J, doch das ist wieder eine andere Geschichte.