Metallica und Deutschland — das ist eine ganz spezielle und enge Verbindung, die auf der ganzen Welt spürbar ist. Das erzählte Robert Trujillo im Interview zum neuen Album der Metal-Superstars, 72 Seasons.
Hier könnt ihr euch 72 Seasons anhören:
Wie die Zeit vergeht: Mittlerweile ist es 20 Jahre her, dass Roberto Agustín Miguel Santiago Samuel Trujillo Veracruz zu Metallica stieß. Wie das passierte, kann man in der längst legendären Doku Some Kind Of Monster nachsehen. Damit ist Trujillo der längstdienende Bassist der kalifornischen Thrash-Legenden, die jüngst ihr 11. Studioalbum 72 Seasons veröffentlicht haben. Um die neue Platte ordentlich zu bewerben, besuchte Trujillo Berlin, um ein paar Fragen zu beantworten.
Robert, erinnerst du dich an das erste Mal, als du in Deutschland warst? Welche Erfahrungen hast du hier gemacht?
Das erste Mal, dass ich Deutschland besuchte, war, glaube ich, 1989. Ich spielte meinen allerersten Gig mit Suicidal Tendencies — als Vorband von Anthrax. Das muss in Bremen gewesen sein. Ich erinnere mich, dass ich auf der Bühne lachte, weil ich die Energie, die ich zum ersten Mal in meinem Leben von dieser Menge erlebte, einfach nicht fassen konnte. In einer Arena zu sein, die Moshpits zu sehen, wie die Menge ausrastet und wie viel Leidenschaft für diese wilde Musik, die wir unter die Leute brachten: Das war wirklich eine Auszeichnung. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich, dass ich ein Leben lang Musiker sein wollte. Ich wusste, dass ich in einer Band sein musste, die all diese Zutaten hatte — den Thrash, den Punk, die Grooves und die Riffs. Das war meine Berufung.
Woran ich mich auch erinnere, ist, dass meine Hand plötzlich zickte, weil ich den Bass immer so weit oben spielte. Ich war einer dieser Bassisten, die hier oben im Brustbereich spielten, und meine Finger waren deswegen blockiert. An diesem Punkt dachte ich mir: „Ich muss den Bass viel tiefer spielen“. Da ich in meinen früheren Jahren eher im R&B-Stil Bass gespielt habe, war mir klar, dass das für diese Art von Musik nicht funktionieren würde, also musste ich den Bass viel tiefer hängen. Das waren also meine erste Erfahrungen in Deutschland, in Bremen mit Anthrax und Suicidal Tendencies. Es war auch meine erste Show in Europa überhaupt und meine erste Show mit Suicidal Tendencies.
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Wenn du herumlaufen könntest, ohne dass dich jemand erkennt — wie würde ein perfekter Tag in Berlin für dich aussehen?
Mein perfekter Tag in Berlin würde Bratwurst essen im Park in der Sonne und Fahrrad fahren beinhalten. In Berlin gibt es wunderbare Parks — und wenn die Sonne scheint und man dieses wunderbare, traditionelle Essen isst … vielleicht ist die Bratwurst aber eher in München beheimatet, ich bin mir nicht sicher! Wie ist das eigentlich wirklich? Aber eigentlich ist Currywurst das, was ich mit Berlin assoziieren würde. Eine andere schöne Erinnerung an Berlin ist, dass ich in den 90er-Jahren hier auf einige Partys gegangen bin. Clubabende mit DJs, die Industrial-Musik spielten, aber auch einige der Punk-Bands, die sich hier zusammengeschlossen hatten. Es gab einfach eine großartige Kunst- und Musikszene in den 90er Jahren. Das war ein toller Ort, an dem man immer eine gute Zeit hatte. Es ist einfach eine dieser Städte, ähnlich wie New York zur gleichen Zeit. Es ist einfach immer etwas los.
Hast du ein deutsches Lieblingsessen?
Ich liebe deutsches Essen! Ich bin ein großer Fan von Bratwurst und Bier. Große Biere, große Krüge … und Jägermeister!
Wenn du die Möglichkeit hättest, einen lokalen Plattenladen zu besuchen – nach welcher Platte würdest du fragen?
Wenn ich auf der Suche nach einer bestimmten Schallplatte wäre, die ich hoffentlich in einem lokalen Laden hier in Berlin finden würde, dann müsste es Tangerine Dream sein. Ich bin mit einer Vorliebe für experimentelle Musik, mit einer Menge progressiver Musik aufgewachsen. Da waren einige obskure Bands aus dem Vereinigten Königreich dabe. Es gab auch eine Band namens UK, die ich sehr mochte. Aber Tangerine Dream war immer eine sehr innovative Band, die einen einzigartigen Sound hatte, und aus irgendeinem Grund war ich in den 70er Jahren sehr inspiriert von dieser Synthie-Musik und den sehr filmischen Stilen. Und Tangerine Dream bedeutete das für mich, also würde ich sagen Tangerine Dream.
Kannst du dich an die erste Platte erinnern, die du je gekauft hast?
Die erste Platte, die ich je gekauft habe, war Abraxas von Santana, und darauf war ihr Hit Black Magic Woman. Das war eigentlich ein Song, den Peter Green auf der berühmten Les Paul „Greeny“ geschrieben hatte, die Kirk heute besitzt. Black Magic Woman, Abraxas, Santana — das war mein erstes Album, das ich tatsächlich mit meinem eigenen Geld gekauft habe. Der andere Grund, warum ich dieses Album ausgewählt habe, war das Artwork. Das Tolle an Vinyl-Schallplatten, und das ist etwas, das für mich und wahrscheinlich für die meisten Leute am wichtigsten ist, ist das Artwork, die Verpackung, die Grafik, die Liner Notes.
Es ist wirklich ein Erlebnis, man kann eintauchen und Dinge über das Album entdecken. Ich wurde in vielerlei Hinsicht in meinem Kopf zu dem jeweiligen Song und dem Cover transportiert, und zufällig waren die Platten von Carlos Santana damals auch wirklich sehr detailreich. Es gab diese visuelle Komponente des Gesamtpakets durch das Albumcover. Die nackten Frauen auf dem Cover hatten aber auch eine Menge damit zu tun.
Was ist dein Lieblingssong von 72 Seasons?
Gerade eben ist mein Lieblingssong auf 72 Seasons Inamorata. Der Grund, warum das mein Lieblingssong ist, ist, dass er einen von Anfang bis Ende auf eine Reise mitnimmt. Er ist elf Minuten lang und fühlt sich aber so an, als wäre er nur 3 Minuten. Und warum? Weil es einfach ein cooler Song ist. Es ist ein Song, der an einer Stelle beginnt und dann in so viele Richtungen geht, aber auf die natürlichste, fließende Weise. Er erinnert mich an eine Autofahrt mit offenem Verdeck auf dem Pacific Coast Highway in Kalifornien mitten im Sommer, mit dem Surfbrett auf dem Rücken. Wenn du Haare hast, weht der Wind in deinen Haaren. Wenn du keine Haare hast, Wind auf deinem kahlen Kopf. Er fühlt es sich einfach richtig an — und es ist ein wunderschöner Song. Ich liebe das Outro, ich liebe den Bass-Breakdown, weil er sich reduziert und sich dann wieder weiterentwickelt. Es ist also ein Song, der ein starkes Statement ist, das Metallica seit langer Zeit nicht mehr gemacht hat, und ich habe das Gefühl, dass wir es mit diesem Song geschafft haben.
Auf welchen Song von 72 Seasons freust du dich am meisten bei den Konzerten?
Der Song von 72 Seasons, auf den ich mich jetzt, heute, hier am meisten freue, ist If Darkness Had a Son. Der Grund dafür ist, dass ich das Gefühl habe, dass dieser Song das Publikum sofort ansprechen wird. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie die Texte mitsingen und einfach die Hymnen schmettern und uns das geben, was wir brauchen. Also würde ich sagen, If Darkness Had a Son ist im Moment meine erste Wahl.
Was schätzt du am meisten an den deutschen Metallica-Fans?
Was ich am meisten an den Fans hier in Deutschland schätze, ist, dass sie so leidenschaftlich sind und mich von dem Moment an, als ich in die Band kam, mit offenen Armen empfangen haben. Ich sehe die Transparente da draußen. Ich meine nicht nur die Banner aus Deutschland, die nur in Deutschland hängen. Ich sehe diese Banner in Orten wie Mexico City, ich sehe diese Banner in Portugal. Ich meine, die deutschen Fans haben entweder gute Jobs, wirklich gut bezahlte Jobs, und sie können um die Welt fliegen, um ihre Liebe und Unterstützung zu zeigen, oder sie sind einfach so leidenschaftlich, dass sie einen Weg finden. Ich weiß nicht, ob sie ein Slow Boat nehmen oder trampen, aber irgendwie finden sie ihren Weg in verschiedene Teile der Welt. Auch in den Vereinigten Staaten sehe ich sie. Ich sehe sie überall. Wir haben einfach eine wirklich starke Verbindung.
Sogar während der Black Album-Tour, als ich bei Suicidal Tendencies spielte, erinnere ich mich daran, dass ich 1993 in Berlin war und diese unglaublichen Shows spielte und einfach die Liebe und den Respekt für Metallica sah. Ich dachte mir nur „Wow, das ist wirklich etwas Besonderes“. Dass das jetzt ein Teil meines Lebens ist, ist eine unglaubliche Erfahrung. Ich habe das Gefühl, dass Metallica ihnen wirklich am Herzen liegt, und ich habe das Gefühl, dass sie sich auch um mich kümmern. Sie sind unglaublich!
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