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Fontaines D.C. beim Reading Festival 2024. Foto: Simone Joyner/Getty Images

„Romance Is A Place“: So waren Fontaines D.C. live in München

Nach dem riesigen Erfolg des aktuellen Albums Romance von Fontaines D.C. war klar: Eine ebenso erfolgreiche Tour musste folgen. Die Europa-Tournee zum Album zog massenhaft Fans an und war in vielen Städten ausverkauft – so auch am 7. November im Zenith in München. 

Das Album ohne Lückenfüller

Das vierte Studioalbum Romance der irischen Post-Punk-Band Fontaines D.C. zeigt eine hörbare Weiterentwicklung der Fünfertruppe. Schon bei vorherigen Alben wie Skinty FiaA Hero’s Death oder dem 2019 erschienenen Dogrel hat sich die Band nicht vor Vielfalt gescheut, doch mit Romance gehen sie einen Schritt weiter. Auf elf Tracks erkunden sie mutig neue Klangwelten, und die instrumentellen sowie stimmlichen Experimente machen das Album zu einem echten "No-Skip". 

Eine Stärke, die Fontaines D.C. schon immer auszeichnet, ist ihre Fähigkeit, Musik als ganzheitliches Erlebnis zu präsentieren, das visuelle Elemente mit einbezieht. Von Beginn an legen sie Wert auf Details und spielen mit Farben und Schriftarten – sei es bei der Gestaltung ihrer Tonträger, Videos oder ihres Merchandisings. Und natürlich hört dieser Anspruch auch auf der Bühne nicht auf. Aber zunächst einmal zurück zum Anfang. 

Publikumsliebling im Vorprogramm: Wunderhorse überzeugt

Die Band aus Dublin brachte Verstärkung mit: Wunderhorse aus England, die sich – obwohl erst seit 2021 aktiv – schon eine beeindruckende Discografie erspielt haben. Im August brachten sie ihr Album Midas heraus, das in Fankreisen definitiv Wellen schlug. Ungewöhnlich für ein Konzert dieser Größe – das Münchner Zenith fasst etwa 5.800 Menschen – war die Menge an Fans, die offensichtlich vor allem, oder auch, wegen der Vorband gekommen war. Wunderhorse begannen in düsterem Licht ihre Setlist zu spielen, während eine beträchtliche Menge an Fans die komplette Lyrics mitsang. Vor allem beim wundervollen Teal wurden die Herzen ergriffen und die Publikumschöre laut. Kein Wunder, dass sie junge Band im Frühjahr ihre eigene Headline-Tour in den USA spielen wird, gefolgt von einem Leg in UK.  

Willkommen zuhause: Romance ist ein Ort

Dann: Ein Vorhang verdeckt die Bühne. Mit düsterem Bass und kreisenden Keys ertönt das titelgebende Intro des aktuellen Albums von Fontaines D.C.. Mit den Worten „Maybe Romance Is A Place“ zeigt Sänger Gillian Chatten, dass sich die Fans am richtigen Ort eingefunden haben. Sofort spürbar ist die berechnete Ästhetik der Band. Das deformierte Ballonherz des Albumcovers ziert den Hintergrund, grünes und pinkes Neonlicht die Bühne. Kalkulierte Energie bringt die Menge zum Mitschreien. Mit einer säuberlich kuratierten Setlist treten Fontaines D.C. dabei keineswegs in die Falle, ihr Album einfach nur runterzuspielen. Stattdessen pendelt die Darbietung mitreißend zwischen verschiedenen Songs früherer Projekte. Auf das treibende Jackie Down The Line folgt Televised Mind, und damit kommen vor allem die Fans der ersten Stunde voll auf ihre Kosten. 

Stimmung mit Rücksicht, bitte!

Der erste Block der Setlist erstreckt sich so kraftvoll und geladen, dass die Energie nicht nur auf der in Albumfarben getauchten Bühne bleibt. Die Menge grölt mit und lässt sich dabei auch das Moshen nicht entgehen. Wie so oft mit einem Haken an der Sache, die eigentlich unendlich Freude bringen sollte: ein paar rücksichtslose Gäste, die mit einem Drink zu viel im System lieber Rempeln als Rocken. Für manche Fans artet das so aus, dass sie sichtlich den Tränen nahe sind. Aus dem Hintergrund ertönen verzweifelte Stimmen: „Ich kann das Konzert gar nicht richtig sehen“. Bei einer Band wie Fontaines D.C. gehört eine gewisse leidenschaftliche Stimmung dazu; das sollte man wissen, bevor man sich in die Menge wagt. Dennoch ist das egoistische Verhalten Einzelner etwas, das bei keiner Show erwartbar sein sollte. Verhalten, das natürlich nicht der Band zu Schulden kommt. Und dennoch müssen auch sie dazu Worte verlieren.

Einen Turn nimmt die Stimmung, als die Band gerade Boys In The Better Land anstimmt und nur wenige Sekunden danach wieder stoppt. Eine Frau war in der Menge zusammengebrochen und hat sich vermutlich dabei verletzt. Fontaines D.C. unterbrechen ihre Show und warten geduldig, bis Sanitäter:innen die Frau sicher aus der Menge bringen können. Nachdem von weiter hinten Buhrufe ertönen und fordern, die Band solle weiterspielen, erhebt auch Frontman Grian Chatten die Stimme. „Haltet verdammt nochmal die Klappe. Hier sind offensichtlich Leute ernsthaft verletzt, und wenn ihr nicht warten könnt, seid ihr hier fehl am Platz”, tönt durch die Lautsprecher, bevor die Band für einige Minuten die Bühne verlässt.  

Das Beste zum Schluss

Das letzte Drittel der Show offenbart sich dann als der Höhepunkt, auf den die gesamte Setlist ausgelegt ist. Klar haben sich die Post-Punker aus Dublin ihre bekanntesten Songs bis zum Schluss aufgehoben. Das gefühlvoll nostalgische, fast schon poplastige Favourite wird gefolgt von In The Modern World. Mit I Love You machen sie dabei noch einen Ausflug in frühere Projekte, bis Starburster das Schlusslicht bildet. Der wohl eindrucksvollste Track auf Romance hinterlässt eine geballte Ladung Energie und reißt die Fans noch ein letztes Mal mit, bevor die bunten Lichter erlöschen und dem zierenden Ballonherz die Luft entweicht.  

Headline-Tour, die Zweite

Für alle, die sich beim Lesen dieser Zeilen fragen: „Lohnt sich ein Konzert von Fontaines D.C.?“ Die Antwort ist ein klares: Ja – unbedingt! Die irische Band taucht Hallen in rauchige Klanglandschaften, mal düster, mal nostalgisch, immer packend. Vom ersten Riff bis zum letzten Akkord geladen. Gerade schweben Fontaines D.C. an der perfekten Schwelle zwischen ausverkauften Hallen und der realistischen Chance, noch Tickets zu ergattern. Und falls es dieses Mal nicht geklappt hat: Im Sommer 2025 geht die Band erneut auf Europatour und macht auch in mehreren deutschen Städten Halt. Eine neue Chance, das beinahe perfekte Romance live zu erleben.  

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