Weihnachten mit dem Synthesizer: „Wonderful Christmastime“ von Paul McCartney

Songs zu Weihnachten gibt es viele, doch nur einige wenige der erfolgreichsten stammen aus den letzten 50 Jahren. Wonderful Christmastime von Paul McCartney ist einer von ihnen und das wohl erste Synthesizer-Weihnachtslied überhaupt. Der Ex-Beatle hat sogar ein ganzes Weihnachtsalbum aufgenommen — das bleibt allerdings unter Verschluss.

Liverpool in den Vierzigerjahren, Weihnachten. Der kleine Paul McCartney feiert mit seiner Familie eine Party. Die Stimmung ist genau richtig, die McCartneys stoßen auf den Abend an, der Geist ist erwacht — „The mood is right, let’s raise a glass, the spirit’s up“. Gesungen wird auch. Paul liebt Weihnachtslieder, ganz im Gegensatz zu seinem Vater. Der steckt dem Chor vor der Haustür einen Schilling zu und sagt: „Dafür, dass ihr eine Straße weiter singt.“ Doch Paul lässt sich in seiner Liebe zu Weihnachten nicht beirren und feiert das Fest nach bester Liverpooler Art. Genau jene Momente sind es, die ihn rund 30 Jahre später zu seinem großen Weihnachts-Hit Wonderful Christmastime inspirieren — auch wenn der Song, wie so viele Weihnachtslieder, mitten im Sommer entsteht.

East Sussex, Juli 1979: Paul McCartney sitzt im Heimstudio seiner Lower Gate Farm. Er hat sich ein neues Spielzeug gekauft, einen Synthesizer namens Sequential Circuits Prophet-5, und erforscht für sein zweites Soloalbum McCartney II die damals noch neue Welt des New Wave. Als er gerade auf dem Synthesizer herumdrückt, um etwas auszuprobieren, erklingen plötzlich die Töne, die am Anfang von Wonderful Christmastime zu hören sind — und McCartney schreibt in Windeseile einen Weihnachts-Hit. Er spielt den Song komplett alleine ein, vom Gesang bis hin zu den legendären Jingle Bells. Sein Soloalbum legt er erstmal auf Seite — doch sein Lied für die Feiertage veröffentlicht McCartney schon am 16. November 1979.

Ob der ikonische Synthesizer-Sound, der fröhliche Text oder McCartneys glasklare Stimme: Wonderful Christmastime funktioniert auf vielen Ebenen und schreibt Musikgeschichte. So handelt es sich bei der Nummer um den wohl ersten Weihnachts-Song, bei dem ein Synthesizer zum Einsatz kommt, Paul McCartneys Pioniergeist sei Dank. „Manchmal hören die Leute das Lied beim Einkaufen vielleicht ein bisschen zu oft“, erklärt McCartney in einem Interview auf seiner Website. „Aber das ist mir egal. Ich bin glücklich!“ Das gilt auch für viele Menschen weltweit, die das Lied alljährlich hören. Hatte McCartney mit den Beatles nur für den Fanclub Weihnachts-Songs veröffentlicht, gehört Wonderful Christmastime heute zur Riege der erfolgreichsten moderneren Festtags-Hits. 

Als Wonderful Christmastime erscheint, stürmt der Song weltweit die Charts. Vor allem in Deutschland und Großbritannien erfreut sich die festliche Nummer großer Beliebtheit, was wohl nicht an der B-Seite liegt, einer instrumentalen Reggae-Version von Rudolph The Rednosed-Reindeer. Coverversionen von Wonderful Christmastime entstehen über die Jahrzehnte auch, zum Beispiel von Diana Ross. Kylie Minogue und der libanesisch-britische Sänger Mika nehmen sich McCartneys Hit ebenfalls an und verwenden dafür sogar den gleichen Synthesizer wie der Ex-Beatle. Etwa 400.000 US-Dollar spült der Song jährlich auf McCartneys Konto. An die Veröffentlichung seines streng geheimen Weihnachtsalbums denkt er aber nicht.