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Foto: Harald Bischoff/Wikimedia Commons

Zeitsprung: Am 1.1.1984 stirbt Blues-Legende Alexis Korner.

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 1.1.1984.

von Timon Menge und Christof Leim

Alexis Korner gilt als einer der wichtigsten Drahtzieher der britischen Blues-Szene. So ebnet er zu Beginn der Sechziger nicht nur Eric Clapton und John Mayall den Weg, sondern auch den Rolling Stones. Am 1. Januar 1984 erliegt der Musiker einer Krebserkrankung.

Korner kommt am 19. April 1928 in Paris zur Welt und wächst multikulturell auf, kriegsbedingt vor allem in England. So flüchten sein jüdischer österreichischer Vater, seine griechische Mutter und er zu Beginn des Zweiten Weltkriegs mit einem der letzten Schiffe nach Großbritannien. Schon vorher zieht die Familie mehrfach um, Korner lebt in der Schweiz, in Frankreich und in Nordafrika.

Der Krieg bringt den jungen Briten mit der US-amerikanischen Kultur in Berührung, und er entdeckt die Blues-Musik. Den Ausschlag gibt ein Album von Jimmy Yancey, das er während eines deutschen Luftangriffs hört. „Von da an“, gibt er später in einem Interview zu Protokoll, „wollte ich nur noch Blues spielen.“

Als der Krieg vorbei ist, lernt Korner Klavier und Gitarre. 1949 tritt er Chris Barber’s Jazz Band bei, 1952 der Ken Colyer Jazz Group, die mit Chris Barbers Gruppe fusioniert. Zu jener Zeit lernt er auch Cyril Davies kennen. Die beiden Musiker stellen ihre gemeinsame Begeisterung für den Blues fest und spielen ab 1954 zahlreiche Konzerte als elektrisch verstärktes Duo. Die Shows finden unter anderem im London Blues And Barrelhouse Club statt, wo die zwei Künstler nicht nur selbst auftreten, sondern auch US-amerikanische Größen buchen. Schon bald pilgern Fans aus ganz England in den Club. Ihr erstes Album nehmen die beiden 1957 auf.

1961 gründen Korner und Davies die Supergroup Blues Incorporated, für die sie zum Beispiel den heutigen Rolling Stones-Drummer Charlie Watts rekrutieren. Darüber hinaus geben sich zahlreiche Gastmusiker die Klinke in die Hand wie zum Beispiel Brian Jones, Eric Clapton, Keith Richards oder auch Art Wood, der ältere Bruder von Ron Wood.

Als in England immer mehr Musik-Clubs dicht machen, beschließt das Duo im März 1962, einen eigenen Laden zu eröffnen, den Ealing Club. Das Angebot kommt an, und die Zuschauerzahlen stimmen. Zu den freudigen Gästen des neuen Seziertes gehören unter anderem die Rolling Stones und Manfred Mann. Einen ganz besonderen Einfluss nehmen Korner und Davies auf John Mayall, der später in zahlreichen Interviews erzählt, der Laden habe ihn dazu inspiriert, die Bluesbreakers zu gründen.

Im Mai, also zwei Monate nach Eröffnung des Clubs, erhalten Blues Incorporated ein festes Engagement im Londoner Marquee Club. Die ersten Musikfunktionäre werden auf die Band aufmerksam, einen weiteren Monat später tritt Plattenproduzent Jack Good an die Musiker heran. Er möchte ein Konzert der Band mitschneiden und veröffentlichen. Das Ergebnis: R&B From The Marquee (1962).

Kurz nach der Veröffentlichung überwirft sich das Duo: Korner möchte Bläser einsetzen, Davies quittiert seinen Dienst. 1963 wird Alexis Korner dann von dem Trend überrollt, den er selbst losgetreten hat. Mit den Rolling Stones, den Animals und den Yardbirds konkurriert er gegen junge Bands, die sich besser zu verkaufen wissen und kommerziellere Songs schreiben. Weiter geht es für ihn trotzdem, wenn auch nicht auf der großen Bühne.

Er beginnt damit, den Five O’Clock Club zu moderieren, eine britische Kindersendung. Das Engagement nutzt er, um dem Nachwuchs US-amerikanische Blues- und Jazzmusik nahe zu bringen. Darüber hinaus schreibt er für zahlreiche Musikzeitschriften — während Mick Jagger und Co. deren Titelseiten zieren.

Auch als Musiker bleibt er aktiv. Im Frühjahr 1968 nimmt er einige Songs mit dem zukünftigen Led Zeppelin-Frontmann Robert Plant auf, doch ein gemeinsames Album wird nie fertig. Live läuft es für Korner vor allem außerhalb seines Heimatlandes gut, besonders in Skandinavien, wo er regelmäßig gebucht wird. Dort lernt er auch Peter Thorup kennen, mit dem er die Band New Church gründet. Als Brian Jones und die Rolling Stones getrennte Wege gehen, überlegt der Gitarrist kurz, ob er bei Korner anheuert, doch der Grandseigneur lehnt ab. Er möchte nicht, dass seine neue Band Gegenstand öffentlicher Kontroversen wird.

Alexis Korner und sein langjähriger Partner Peter Thorup 1968 in Bremen. - Credit: Pottz/Wiki Commons

Während der Siebziger landet Alexis Korner schließlich doch noch einen großen Hit, wenn auch nicht aus eigener Feder. Gemeinsam mit Thorup leitet er die 25-köpfige Big Band C.S.S., die eine Cover-Version des Led Zeppelin-Hits Whole Lotta Love einspielt. Der Song stürmt die britischen Charts, zieht eine Tour nach sich, und die Gruppe erhält Einladungen ins Fernsehen.

Korner nutzt die Erfolgswelle und stellt die Compilation Bootleg Him (1972) zusammen, für die er zahlreiche Raritäten aus seinem privaten Archiv kramt, unter anderem die Aufnahmen mit Robert Plant, aber auch Stücke mit Mick Jagger und Charlie Watts. Mitte der Siebziger bildet Korner zum ersten Mal ein Duo mit seinem langjährigen Partner Colin Hodgkinson. Als Mick Taylor 1975 die Rolling Stones verlässt, wird Korner sogar als möglicher Nachfolger gehandelt. Den Zuschlag erhält allerdings Faces-Gitarrist Ron Wood.

1981 gründet Korner die letzte Supergroup seiner Karriere: Für Rocket 88 rekrutiert er Jack Bruce am Kontrabass, Ian Stewart am Piano und Charlie Watts am Schlagzeug. Begleitet von einigen Bläsern und Keyboardern tourt die Band durch Europa. 1981 erscheint mit Rocket 88 ein Album.

Gegen Mitte der Achtziger wird Korner eine schlechte Angewohnheit zum Verhängnis. Der jahrzehntelange Kettenraucher klagt über starke Kopfschmerzen und sucht ein Krankenhaus auf. Die Ärzte können zunächst nichts feststellen und schicken den Musiker wieder nach Hause. Am 1. Januar 1984 erliegt er mehreren Tumoren in Kopf und Lunge.

Alexis Korner gehört weder zu berühmtesten, noch zu den kommerziell erfolgreichsten Musikern — sicher aber zu den wichtigsten. John Mayall, die Rolling Stones und Eric Clapton gäbe es vermutlich auch ohne ihn. Ob sie sich ohne Korners Vorarbeit zu den größten britischen Bluesmusikern aller Zeiten entwickelt hätten, sei aber dahingestellt. Ruhe in Frieden!

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