Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 13.8.1973.
von Christof Leim
In Sachen Southern Rock gelten Lynyrd Skynyrd seit jeher als Branchenprimus. Den Grundstein dafür legen sie schon mit ihrem allerersten Album, dem umständlich betitelten (Pronounced 'Lĕh-'nérd 'Skin-'nérd). Hier findet sich bemerkenswerter schon alles, was den Sound der Band ausmacht, außerdem mindestens zwei Songs für die Ewigkeit.
Hört hier in das legendäre Skynyrd-Debüt rein:
Als Lynyrd Skynyrd ihr Debüt veröffentlichen, hat die Band schon fast zehn Jahre auf dem Buckel. Alles beginnt im Sommer 1964, als ein paar Schulfreunde, darunter Ronnie Van Zant, Allen Collins und Gary Rossington, die Band My Backyard gründen. Die Truppe kämpft sich durch die üblichen Line-up- und Namenswechsel und landet 1969 schließlich bei der markanten Bezeichnung Lynyrd Skynyrd. Damit wollen sie sich über ihren Sportlehrer Leonard Skinner lustig machen, der ihnen wegen ihrer langen Haare ständig Probleme bereitet. (Später freunden sich die Musiker und der strenge Pädagoge sogar an.)
Drei-Gitarren-Attacke
1970 gehören Lynyrd Skynyrd schon zu den großen Bands in ihrer Heimatstadt Jacksonville, Florida und entwickeln ihren typischen Südstaaten-Sound zwischen Hard Rock, Blues, Country und anderen typisch amerikanischen Stilen, die üblicherweise als Americana bezeichnet werden. 1972 wird Al Kooper von Blood, Sweat & Tears auf die Band aufmerksam, als er sie live bei einer Show in Atlanta erlebt. Prompt nimmt er sie für sein Label Sounds Of The South unter Vertrag, das vom Branchenriesen MCA vertrieben wird. Damit kann es also losgehen.
Die Aufnahme laufen vom 27. März bis 1. Mai 1973, Kooper produziert. Nach nur zwei Songs steigt Bassist Leon Wilkeson aus, angeblich weil ihn der beginnende Ruhm nervös macht. Die meisten Bass-Parts sind schon geschrieben, kurzerhand übernimmt der Gitarrist Ed King von der Band Strawberry Alarm Clock die tiefen Töne. Als das Album rauskommt, ist Wilkeson wieder dabei, aber Ed King bleibt – was der Band eine Drei-Gitarren-Attacke ermöglicht. Auf dem Coverfoto, das auf der Main Street in Jonesboro, Georgia geschossen wird, sehen wir deshalb sieben cool aussehende Rocker mit langen Haaren und Schlaghosen. Das gesamte Line-up liest sich wie folgt: Leon Wilkeson, Pianist Billy Powell, Sänger Ronnie Van Zant, Gitarrist Gary Rossington, Schlagzeuger Bob Burns sowie die Gitarristen Allen Collins und Ed King.
Ein Meisterstück
Acht Stücke haben die Herren eingespielt, vier davon gehören für die nächsten Dekaden zum Pflichtprogramm in Sachen Lynyrd Skynyrd. Die größte Nummer steht ganz am Ende: Free Bird, der „signature song“ der Band neben dem im Folgejahr erscheinenden Sweet Home Alabama. Die grundlegende Akkordfolge stammt von Collins, doch Van Zant erscheint sie zu komplex: Zwei Jahre lang findet er einfach keine Gesangslinie dazu. Bei einer Probe platzt schließlich der Knoten, als der Gitarrist wieder einmal mit der Sequenz herumspielt. Sein Sänger bittet ihn, das zu wiederholen – und schreibt Melodie und Text in wenigen Minuten zusammen.
Die erste Zeile „If I leave here tomorrow, would you still remember me?“ entstammt übrigens einer Frage von Collins’ Freundin und späterer Ehefrau. Das zehnminütige Epos startet mit einem Orgelintro von Powell und steigert sich über mehrere Strophen hinweg zu einem gewaltigen Gitarren-Showdown. Heute beendet es traditionell die Shows und läuft auch schon mal eine Viertelstunde. Über die Jahre entwickelt sich unter Rockfans eine Tradition, bei Konzerten einfach mal „Free Bird!“ zu rufen, egal, wer da auf der Bühne steht. Das passiert zum Beispiel, als Nirvana 1993 bei MTV Unplugged auftreten (und sich daraufhin durch ein paar Take von Sweet Home Alabama stümpern). Free Bird wird über ein Jahr später, im November 1974, als Single veröffentlicht und knackt Anfang 1975 die Top 40.
Drei Schritte Vorsprung
Als erste Auskopplung wird Gimme Three Steps gewählt, in dem Van Zant über einen Streit in einer Biker-Bar singt, bei dem der Protagonist beim Tanzen mit der Frau eines anderen erwischt wird. Weil der Eifersüchtige bewaffnet ist, bittet der „Übeltäter“ um drei Schritte Vorsprung. In Simple Man gibt eine Mutter ihrem Sohn Ratschläge für sein Leben. Die akustisch-elektrische Nummer gehört zu den schönsten Stücken im Katalog der Band und wurde unzählige Male gecovert, etwa von Shinedown. Die Ballade Tuesday’s Gone behandelt ergreifend und im 3/4-Takt das Leben des ständig Reisenden und Rastlosen. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001, einem Dienstag, wird der Song vom Radiogiganten Clear Channel auf eine Liste von „unangebrachten“ Stücken gesetzt. Metallica covern die Nummer für Garage Inc. In Things Goin’ On werden Lynyrd Skynyrd sogar sozialkritisch und prangern Rassentrennung und das Verhalten vieler Politiker an.
(Pronounced 'Lĕh-'nérd 'Skin-'nérd) erscheint am 13. August 1973, schafft es auf Platz 19 der Charts und wird landesweit im Radio gespielt. Im Oktober geht die Band für zweieinhalb Monate auf ihre erste große Tour, teilweise als Vorgruppe von The Who auf deren Konzertreise zu Quadrophenia. Das lohnt sich: Nach nur anderthalb Jahrenerhält die Band ihre erste Goldauszeichnung. Damit haben Lynyrd Skynyrd den Einstieg geschafft.
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