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Zeitsprung: Am 21.2.1969 kommt James Dean Bradfield (Manic Street Preachers) zur Welt.

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 21.2.1969.

von Timon Menge und Christof Leim

Eine von Ungerechtigkeit geprägte Kindheit, ein mysteriöser Vermisstenfall und jede Menge politischer Widerstand: Manic Street Preachers-Frontmann James Dean Bradfield hatte es nicht immer leicht, lässt sich davon aber bis heute nicht abschrecken. Zu seinem Geburtstag haben wir einen Blick auf sein Schaffen geworfen.


Hört hier in die größten Hits der Manic Street Preachers rein:

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Bradfields bewegtes Leben beginnt am 21. Februar 1969, als er in Wales zur Welt kommt. Trotz der idyllischen Umgebung in seiner Heimatstadt Blackwood verläuft seine Kindheit alles andere als schön. Vor allem in der Schule entstehen Probleme, Bradfield erfreut sich keiner großen Beliebtheit. Eher klein geraten und nach eigenen Angaben ein „Woody Allen-esker Nerd“, der sich für merkwürdige Musik begeistert, muss er jahrelanges Mobbing und Nichtakzeptanz über sich ergehen lassen. Die einzigen Lichtblicke bieten von klein auf sein Cousin Sean Moore, der im gleichen Haus aufwächst, sowie die engen Freunde Nicky Wire und Richey Edwards.

Seine Frustration lenkt Bradfield in eine Leidenschaft für Rockmusik. 1986 übt er einen Sommer lang fanatisch, Gitarre zu spielen. Während sich seine Altersgenossen mit Bier und der Entdeckung ihres Körpers befassen, zieht Bradfield die Vorhänge des elterlichen Wohnzimmers zu, dreht seinen Verstärker auf und spielt, bis ihm die Finger bluten. Schon als er zum ersten Mal Appetite For Destruction (1987) von Guns N’ Roses hört, kristallisiert sich heraus, dass er auch selbst auf der Bühne stehen möchte. Gemeinsam mit seinem Cousin Moore und seinem Freund Wire sowie Bassist Miles Woodward gründet er die Manic Street Preachers, für die er nicht nur die sechs Saiten bedient, sondern auch singt.



Als Woodward die Gruppe 1988 verlässt, wechselt Wire zum Bass; kurz nach Veröffentlichung der ersten Single Suicide Alley steigt Edwards als Rhythmusgitarrist ein. Gemeinsam mit Wire kümmert er sich um die Texte, während Moore und Bradfield vor allem die Musik dazu schreiben. Ihre unkonventionelle Art verschafft den jungen Musikern früh eine treue Fangemeinde, dank kleinerer Skandale entwickeln sich die Manic Street Preachers zum Enfant Terrible der britischen Rockszene. Kurze Zeit später unterschreiben die Briten ihren ersten Plattenvertrag. Der Startschuss fällt 1992 mit dem Album Generation Terrorists.


Obwohl die Gruppe heute dem Alternative Rock oder gar dem Britpop zugerechnet wird, finden sich besonders auf den frühen Alben Einflüsse aus härteren Genres wie Glam- oder Punkrock. Beständigkeit geben dem Werk der Band vor allem die politischen und aufklärerischen Texte, die nicht zuletzt von Edwards’ psychischen Krankheiten beeinflusst sind. Als er am 1. Februar 1995 verschwindet und nie wieder gesehen wird, trifft das die Gruppe schwer und sie legt für sechs Monate alle Aktivitäten nieder. (Die ganze mysteriöse Geschichte könnt ihr hier nachlesen.) Vor dem finalen Aus retten sich die Briten mithilfe des Songs A Design For Life, vor allem Bradfield verspürt zum ersten Mal seit Edwards’ Verschwinden so etwas wie Euphorie. Obwohl der Verschwundene im Jahr 2008 für tot erklärt wird, bauen die Manic Street Preachers bis heute bei jedem Auftritt ein viertes Mikrofon für ihren Kollegen auf.



Die Gruppe bleibt ihrem politischen Ton treu, Songs wie If You Tolerate This Your Children Will Be Next, Motorcycle Emptiness und Close My Eyes festigen ihren Status im britischen Rock der Neunziger und der Nullerjahre. Dennoch verspürt Frontmann Bradford 2005 den Drang, sich solo auszuprobieren. Vor allem am Texten möchte er sich versuchen und erkennt schnell: Wo Wires und Edwards’ Lyrik von Verstandenem handelt, so schreibt er selbst, um zu verstehen. Sein Album The Great Western (2006) wird von Musikjournalisten mit Lob überschüttet, doch noch während der dazugehörigen Promotour betont Bradfield, dass die Manic Street Preachers für ihn Familie und Mafia zugleich seien: Ist man einmal drin, bleibt man es auch.



Im Jahr 2018 veröffentlichen Bradfield und die Gruppe das Album Resistance Is Futile; für den Frontmann ein Weg, mit der Lage der Welt fertig zu werden, ohne durchzudrehen. Die Briten prangern an, kommentieren, und Bradfield zeigt der Tyrannei wie gewohnt den Stinkefinger — denen, die sich früher über ihn lustig gemacht haben und denen, die die Welt regieren. Trotz aller Wut bleibt er einer der entspanntesten und bodenständigsten Rockstars, die die Insel zu bieten hat. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, James Dean!

James Dean Bradfield 2014 - Pic: Markus Unger/Wiki Commons
Titelfoto: Masao Nakagami/Wiki Commons