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Foto: Frans Schellekens/Redferns/GettyImages

Zeitsprung: Am 10.10.1989 will Axl Rose David Bowie verhauen.

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 10.10.1989.

von Christof Leim

„Ich bring’ dich um, Tin Man!“, brüllt Axl Rose am 10. Oktober 1989 und rennt hinter David Bowie her. Was war denn da los? Und was haben Slashs Mutter und Mick Jagger damit zu tun?


Hört hier die besten Guns N’ Roses-Songs:



Ein wirklich wilder Clip soll es werden, den Guns N’ Roses im Herbst 1989 in Hollywood drehen. „A fucking blown-out live, real risky video“, so lautet die Direktive von Axl Rose für den Song It’s So Easy vom Album Appetite For Destruction, das die Band zu Rockstars gemacht hat.

Das Ganze passiert im Cathouse, einem Stammladen der fünf Musiker auf dem Sunset Strip. Hier spielt die Band in ihrer ganzen dekadenten, wilden Pracht auf einer kleinen Bühne vor einer durchdrehenden Menge. Go-Go-Tänzerinnen tanzen Go-Go, auf Slashs Shirt steht groß „Blow me“, und Axl trägt noch die Haare toupiert. Zum Drehbuch gehören auch Einstellungen in einer Limousine, in der der Sänger mit zwei Damen Dosenbiere kippt. Wie man es halt so macht. Selbst für einen Dienstag ist das in der Welt von Guns N’ Roses nicht so ungewöhnlich. Aus der Reihe fallen allerdings die Bondage-Szenen: Dabei trägt Axl noch mehr Make-up als sonst, seine Freundin und spätere Ehefrau Erin Everly ein SM-Outfit in schwarzem Lack und Leder, komplett mit Handschellen und rotem Ball als Knebel im Mund. Genau deswegen tritt Manager Alan Niven nach Fertigstellung auf die Bremse; erst 2018 wird der Clip veröffentlicht, aber die Geschichte erzählen wir ein andermal. Riki Rachtman jedenfalls, der Besitzer des Cathouse und spätere Moderator von Headbanger’s Ballerzählt später: „Die Jungs wussten, dass sie in unserem Club machen konnten, was sie wollten.“


Einen Zuschauer bei diesem Spektakel kennen wir alle: David Bowie höchstselbst. Der Glam-Rock-Gottvater hatte in den Siebzigern ein Techtelmechtel mit Ola Hudson, der Mutter von Saul Hudson, den heute jeder nur Slash nennt. Ola und Bowie bleiben Freunde, und deshalb schaut sich der Sänger an, was der Nachwuchs seiner Ex-Freundin so treibt. Leider findet Bowie, angeblich ordentlich betankt, Axls Herzdame Erin bei dabei ein bisschen zu interessant. Als Mr. Rose das beobachtet, dreht er durch…


Das gibt Ärger

Die Details sind Dekaden später nicht mehr eindeutig, aber laut Rachtman kommt ein Sicherheitsmann auf ihn zu und sagt: „Riki, Axl Rose jagt David Bowie die Straße runter und sagt, er will ihn umhauen.“ Weil Bowie damals in der Band Tin Machine spielt, soll der Guns N’ Roses-Sänger gebrüllt haben: „Ich bring’ dich um, Tin Man!“

Ob es wirklich zu Handgreiflichkeiten kommt, wird nie bestätigt oder dementiert, aber der Vorfall hat ein Nachspiel. Genaugenommen sogar drei. Am nächsten Tag nämlich gibt die Band eine „richtige“ Show im Cathouse, um sich für vier Konzerte mit den Rolling Stones eine Woche später aufzuwärmen. Erneut sind Bowie und Ola Hudson zugegen, was Axl inspiriert, von der Bühne aus Beleidigungen vom Stapel zu lassen, wie Slash 2007 in seiner Autobiografie darlegt. Seine Mutter versteht das ganze Theater gar nicht, Sohnemann erklärt es ihr. 




Jagger und Clapton lästern

Die Auftritte im Vorprogramm der Stones vom 18. bis 22. Oktober 1989 verlaufen nicht problemlos und geben für sich genommen schon wieder herrliche Geschichten ab. Der Vorfall vom Videodreh hat da bereits die Runde gemacht, weswegen Mick Jagger und sein alter Kumpel Eric Clapton Axl Rose ansprechen: „Ich sitze so auf einem Verstärker rum, da stehen beide plötzlich vor mir“, erinnert sich Axl in einem Kerrang!-Artikel.  „Jagger redet ja eigentlich nicht viel, aber da fragt er mich: ‚Du hast dich mit Bowie gekloppt?‘ Also erzähle ich ihm die ganze Sache. Daraufhin unterhalten sich Clapton und Jagger über Bowie, komplett unter sich, über Dinge von vor ewigen Zeiten. Wenn Bowie säuft, würde er immer zum Teufel von Bromley, so Sachen. Ich bin an dieser Konversation gar nicht beteiligt, ich sitze nur da und höre zu, wie sie sich über Bowie das Maul zerreißen. Das war lustig.“


Interessanterweise vertragen sich die beiden Streitenden später, nachdem Bowie sich für sein Verhalten entschuldigt. „Wir haben geredet und sind Essen gegangen“, eröffnet Axl im gleichen Kerrang!-Text. Zusammen besuchen sie einen Laden namens China Club und nachher dankt der Neustar dem Veteranen: „Du bist der Erste, der jemals auf mich zukommen ist und gesagt hat, wie leid ihm die Situation tut.“ Beste Kumpels sind die beiden danach zwar nicht, aber erwartungsgemäß entdecken sie eine Menge Gemeinsamkeiten. Axl jedenfalls findet: „Das war cool. Ich mag Bowie.“ Na also.

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