Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 12.5.1950.
von Frank Thießies und Christof Leim
Anfang der Achtziger avanciert der Sänger und Gitarrist Billy Squier zum platindekorierten Posterboy des US-Stadionrock. Mit seinem Sound, der Hard Rock, Power Pop und AOR fusioniert, wird er zu einem gern gesehenen Gast auf MTV, zum Ende der Dekade verpufft die kometenhafte Karriere jedoch. Und auch wenn Squier seit Ende des letzten Jahrtausends selber keine neue Musik mehr veröffentlicht hat, bleibt der einstige Arena-Rocker für den Hip-Hop bis heute eine wichtige (Sample-)Bank. Am 12. Mai 1950 feiert Billy Squier Geburtstag.
Hier könnt ihr euch Billy Squiers 1981er-Hit-Album Don’t Say No anhören:
Solokünstlerqualitäten
Der 1950 als William Haislip Squier in Wellesley, Massachusetts geborene Musiker erlernt schon in seiner frühen Jugend sowohl das Piano- als auch das Gitarrenspiel. Mitte der Siebziger kann er mit der Band Piper erste Achtungserfolge aufweisen; die von Kiss-Manager Bill Aucoin vertretene Gruppe bringt es 1977 bis zur Vorgruppe für die heißeste Band der Welt, löst sich nach nur zwei vielversprechenden Alben im selben Jahr aber schon wieder auf. Was Squier zu seinem ersten Alleingang bewegt: The Tale Of The Tape (1980) erweist sich zwar noch nicht als die Überfliegerscheibe, etabliert den schwarzlockigen Beau aber als ernstzunehmenden Solokünstler und wird dank der Eröffnungsnummer The Big Beat Teil seiner Rentenversicherung. Doch dazu später mehr.
Für seinen zweiten Soloflug wendet sich der offensichtlich mit guten Kontakten gesegnete Sänger an Queen-Gitarrist Brian May als Wunschproduzenten. Dieser verweist Squier wegen terminlicher Schwierigkeiten jedoch an Reinhold Mack (Deep Purple, ELO, Queen). Das Ergebnis heißt Don't Say No (1981) und entpuppt sich als astreine AOR-Vollbedienung, zu der die geneigte Hörerschaft Anfang der Achtziger nur schwerlich Nein sagen kann. Mit dem richtigen Gespür für Groove, der Grandezza von Queen sowie haufenweise Hooks und praller Powerchords ist die zehn Songs starke Scheibe mehr als die Summe ihrer vier offiziellen Hits Lonely Is the Night, In the Dark, My Kinda Lover und The Stroke. Squiers zweites Soloalbum wird quasi zu einer Blaupause des Stadion-Rock der Achtziger, verkauft sich millionenfach und macht seinen Schöpfer über Nacht zum Superstar.
Der Video-Fall
Diese neue Popularität gilt es flott mit einem Nachfolger zu unterfüttern. Das mit einem Andy-Warhol-Cover verzierte Emotions In Motion erscheint 1982 und zementiert Squiers Lauf, wenn auch die Absätze nicht mehr ganz in die Dimensionen von Don't Say No vorstoßen. Freddie Mercury und Roger Taylor von Queen geben sich hier nicht nur als Backgroundsänger auf dem Titeltrack die Ehre, sondern nehmen Squier auch gleich 1982 als Support für die Amerika-Rutsche ihrer Tour zu Hot Space mit. Da Squiers erste Produzentenwahl für ein Folgealbum, nämlich Hitmogul Robert John “Mutt” Lange (AC/DC, Def Leppard, Foreigner), bereits mit den Cars verplant ist, wendet sich der Sänger für sein viertes Soloalbums vertrauensvoll an Meat-Loaf-Komponist Jim Steinman. Signs Of Life (1984) verstört Squiers (Hard-)Rock-affine Fans jedoch mit etwas zu gut gemeinter Synthie-Lastigkeit.
Als fast schon fataler Karrierekiller, so behaupten zumindest manche rockhistorisch Interessierte und sowie Squier selber, soll sich indes das Video zur Single Rock Me Tonite gestalten. Dass die – zugegeben – geschmacklich fragwürdige, pastellfarbene Flashdance-Clip-Fantasie aufgrund zu femininer Untertöne Squiers männliches Publikum derart verprellt habe, dass niemand mehr zu seinen Konzerten gekommen sei, scheint in Anbetracht der durchweg androgynen Achtziger allerdings doch ein bisschen weit hergeholt.
Hip-Hop-Hurra
Natürlich endet Squiers Karriere daraufhin nicht von heute auf morgen. Denn Hits kann der Sänger durchaus auch danach noch vorweisen. 1989 gelingt es ihm, mit Hear & Now seine Rock-Reputation zu rehabilitieren, und auch das 1991 veröffentlichte Creatures Of Habit beheimatet einen Stapel an Radiohits. Mit der Blues-Scheibe Happy Blue vollzieht Squier 1998 schließlich eine stilistische Kehrtwende und hält sich fortan mit neuen musikalischen Veröffentlichungen komplett bedeckt. Sorgen um seinen Lebensunterhalt muss sich der Mann aber wohl auch weiterhin nicht machen.
Denn abgesehen von den Tantiemen für seine zahlreichen Rockradio-Standards und lukrativen Gigs als Tourneemusiker von Ringo Starr & His All-Starr Band etwa, verdient Squier nämlich bis heute wohl recht gut daran, dass Teile der markanten Rhythmusspuren seiner Stücke zu den beliebtesten Sample-Standards im Hip-Hop zählen und dort seit Jahrzehnten hundertfachen Einsatz finden. So taucht bereits 1983 der voluminös schnalzende Schlagzeug(auf-)takt von The Big Beat auf Here We Go von Run-DMC auf; 2004 erreicht das Sample in Jay-Zs 99 Problems (2004) seinen vermutlich höchsten Bekanntheitsgrad. Darüber hinaus bedient sich auch Eminems Berzerk (2013) bei Squier. Diesmal ist es der charakteristischen Eröffnungsbeat von The Stroke, der den Hip-Hop-Track vorantreibt.