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Foto: Kristina Wolf

Blumengarten im Interview: „Nicht nur eine süße Liebessong-Band“

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Blumengarten wurden durch ehrliche Indie-Pop-Balladen mit Coming-Of-Age-Vibes zu einem der gehyptesten deutschen Acts der letzten Jahre. Wie sie sich weiterentwickeln wollen und welche Blume sie wären, verrieten sie im Interview.

Das Duo aus Sänger Rayan Djima und Produzent Sammy Eickmann genießt konstantes Lob der deutschen Musiklandschaft, seit ihr Song Paris Syndrom 2022 viral ging. Eine simple Ballade, die aber genau die richtigen Emotionen herüberbrachte. Schon damals merkte man: Blumengarten stehen für eine Herzlichkeit und Authentizität, eine Romantik und Ehrlichkeit, die wenige Pop-Acts so gut in Musik ausdrücken können.

Na gut, Pop ist natürlich ein schwammiger Begriff. Die Musik von Blumengarten ist eine Mischung aus R&B und Indie-Pop, es kommen aber auch mal House-Elemente vor und man hört eindeutig einen Background im Hip-Hop. „Ich glaube, wenn ich zusätzlich noch House-Musik hören würde, würde ich genau die Musik hören, die Sammy hört“, meint Rayan Djima. „Wir sind so ein bisschen eine Extension unserer einzelnen Geschmäcker.“

Von der Schulbank ins Studio

Als sie sich kennenlernten, hatten sie noch nicht diese gemeinsame Vision; die mussten sie erst mit der Zeit entdecken, meint Sammy Eickmann: „Ich glaube, schon sehr früh haben uns dieselben Sachen inspiriert, obwohl wir noch nicht auf demselben Weg waren.“ Die beiden machten gemeinsam Abitur, freundeten sich aber erst danach so richtig an. Es entstand ein musikalisches Ausprobieren.

„Am Anfang war das nie der Plan, Musik rauszubringen“, gibt Djima zu. „Man hatte diesen Mitteilungsdrang. Aber es ging nie darum, Kohle zu machen oder erfolgreich zu sein. Es war fast eine spontane Übersprungshandlung, dass wir Musik rausgebracht haben, weil wir dachten: ‚Okay, wir haben jetzt etwas. Im Endeffekt laufen wir Gefahr, dass wir uns bei all unseren Freunden blamieren. Aber warum sollten wir das nicht mit der Welt teilen?‘ Das haben wir dann getan und das hat sich direkt bezahlt gemacht. Damit hätte niemand rechnen können.“

Dass es so erfolgreich wie jetzt werden würde, war also eher ein Wunschdenken, aber kein direktes Ziel. Djima fährt fort: „Wir leben in einem System, wo sich jede:r vorstellt, sich selbst zu verwirklichen, und sich jede:r wünscht, man könnte das, was man liebt, beruflich machen. Das hat auf jeden Fall auch mitgeschwungen, aber wir haben nicht darauf hingearbeitet. Man dachte auch, man kommt bei Mädels besser an, wenn man bei Tinder in seine Bio schreiben kann: ‚Musician.‘“

Eickmann erklärt, in dieser Anfangsphase sei es noch schwer gewesen, so richtig hinter dem Projekt als sein Steckenpferd zu stehen. „Bevor man auf einer Party selbstbewusst sagen konnte: ‚Ich bin Musiker‘ – das hat echt lange gedauert. Ich kann mich noch an die erste Party erinnern, wo wir Sean [Janssen] als unseren Manager vorgestellt haben, aber noch keinen Song draußen hatten. Die Leute waren so verwirrt: ‚Manager, aber wofür? Was macht ihr denn eigentlich? Ihr macht Musik? Aber ihr habt doch nichts.‘ Das war eine lustige Zeit.“

Flower Power

Mittlerweile aber ist Blumengarten eine echte Marke geworden. Ihre Songs treffen den Zahn der Zeit, den Gen-Z-Nagel auf den Kopf. Djima singt Zeilen wie: „2012, Nostalgia, Ultra in meinem Zimmer / Und ich glaub‘, ich liebe dich für immer“ – Frank-Ocean-Referenzen kreuzen den Vibe eines Coming-Of-Age-Films.

Schon der Name „Blumengarten“ vermittelt diese Wärme und wholesome Aura ihrer Musik. Die Antwort auf die Frage, welche Blume am besten ihre Musik repräsentiere, fällt aber gar nicht so einfach: „Boah, das ist crazy, denn ich kenne so drei Blumen“, gibt Djima zu. „Ich hätte Pfingstrose gesagt. Denn ich finde, die sehen einfach geil aus und ich finde unsere Musik auch einfach geil. Fertig, das ist meine Antwort“, sagt er lachend.

Eickmann entscheidet sich wiederum für eine Sonnenblume. „Meine Oma hatte letztes Jahr im Vorgarten eine riesige Sonnenblume, wirklich eine riesige Sonnenblume! Die ist höher gewachsen als alle anderen Sonnenblumen.“ Die sieht nicht nur schön aus, die beiden stellen auch fest: „Man kann die auch essen.“ Djimas Fazit: „Sonnenblumenöl, Sonnenblumenkerne, Sonnenblume… Wir sind vielseitig!“

Ein bunter Garten

Vielseitig stimmt, da Blumengarten auch zum musikalischen Austausch und Features neigen. Djima erläutert: „Blumengarten war schon immer rooted in Kollaboration. Auch auf Sammys und meinen Lieblingsalben. Wenn man etwa die Travis-Scott-Diskographie heruntergeht, solche Alben, die sind immer voll mit Features. Ich fand es immer so geil, wenn Künstler so egolos waren, zu wissen, wann jemand etwas besser konnte als man selbst. Das ist so eine Power, wenn man sagt: ‚Den Refrain oder die Harmonie, die könnte ich singen, aber die könnte auch eine Person singen, die es noch nicer macht oder eine andere Perspektive auf das Thema bringt.‘“

Letztes Jahr etwa waren Blumengarten ein entscheidender Bestandteil des Albums 100Angst von Bazzazian – dem Producer, den man vor allem von seiner Arbeit mit Haftbefehl oder Schmyt kennt. Eine Kombi, die erst ungewöhnlich klingt, aber extrem gut funktioniert. Dieser Kontakt sei zustande gekommen, weil sie alle in Köln wohnen und zusammen etwas probieren wollten, erzählt Djima. Mittlerweile seien sie aber vor allem gute Freunde – nebenbei ist dadurch viel Musik entstanden und Bazzazian fragte immer wieder nach ihrem Rat. Ein erfolgreiches Experiment, denn die Songs zeigten Blumengarten von einer düstereren Seite.

Der nächste große Schritt

Djima merkt an, sie wollen sich ohnehin nicht auf einen einzigen Vibe eingrenzen. Mit ihrem kommenden Debütalbum könne sich Blumengarten noch breiter präsentieren: „Ich find es schade, dass man uns manchmal nur als die süße Liebessong-Band sieht. Nicht, dass ich mich dagegen wehre, das ist ein großer Teil unserer Identität. Aber ich bin glücklich, dass wir es geschafft haben, uns auf dem Album nochmal von einer anderen Facette zu zeigen, die ein bisschen tiefer und selbstreflektierter ist.“

Dieses Album trägt den Titel Ich liebe dich für immer und wird am 28. März erscheinen. So ein erstes richtiges Album ist auch nach mehreren EPs und vielen Singles ein großer Schritt. Mit welchem Gefühl geht man in so eine Release-Phase hinein? „Mit Dankbarkeit, dass man in dieser Situation ist und sein darf“, sagt Djima. „Ich versuche einfach, so eine Mindfulness gerade zu leben und den Moment als das wahrzunehmen, was er ist. Denn das ist schon etwas, wovon Sammy und ich unser ganzes Leben geträumt haben: Ein Album machen und sich kreativ ausleben dürfen.“

Blumengarten im Circle Store:

Für das Album nutzte das Duo einen anderen Ansatz als zuvor. Denn sie integrierten ihre Live-Band in den Songwriting-Prozess, erklärt Eickmann: „Wir konnten sehr von deren Input profitieren, weil wir für das Album sehr viele Ideen hatten. Aber wir sind keine Profis und wir wollten das Beste aus jeder Idee rausholen. Da ist das Einfachste, was man machen kann, sich mit seinen Freund:innen, die alle Musiker sind, in einen Raum zu setzen und zu gucken: Wir haben jetzt diese Idee, lass mal gucken, wo die hinführt. Wir haben mit jeder Idee gejammt, stundenlang einfach gespielt und geguckt, was uns einfällt, und das in jeder möglichen Form probiert, umzusetzen.“

Ich liebe dich für immer setzt einen Stempel dafür, was Blumengarten ausmacht, lässt aber auch neue Einflüsse zu. Wo geht es danach hin? Eickmann meint: „Ich würde sagen, das Album ist jetzt der Höhepunkt unserer letzten drei Jahre, in denen wir zusammen Musik gemacht haben. Wo am meisten Arbeit und Vision eingeflossen ist. Wo es hingeht? Gute Frage. Ich glaube, der Prozess ist genau derselbe wie sonst auch immer. Wir finden jetzt wieder Sounds und Ideen und Themen und arbeiten die so lange aus, bis wir da was Gutes haben. Aber die Frage stellen wir uns genauso.“

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