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Foto: C. Maher/Getty Images

Zeitsprung: Am 19.9.1934 kommt Beatles-Manager Brian Epstein zur Welt.

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 19.9.1934.

von Timon Menge und Christof Leim

Er gehört zu den berühmtesten Musikmanager*innen aller Zeiten, hat frühzeitig die Beatles entdeckt und ihnen zu einer beispiellosen Karriere verholfen. Vor allem während der „Touring Years“ unterstützt Brian Epstein die vier Liverpooler mit Rat, Tat und Anwesenheit. Am 19. September hätte er seinen Geburtstag gefeiert.

Hier könnt ihr euch die frühen Beatles anhören:




Wann immer eine Band große Erfolge feiert, steckt auch ein fähiges Management dahinter, ob innerhalb oder außerhalb der Gruppe. Zu Beginn ihrer Karriere haben John, Paul, George und Trommler Pete Best noch keine Ahnung vom Geschäft, nehmen aber gerne die Hilfe von Brian Epstein an, den man später als „fünften Beatle“ kennen wird (genau wie Produzent George Martin). Schauen wir uns einmal an, wie der Musikmanager mit dem vielleicht besten Riecher aller Zeiten den „Fab Four“ zu unvergleichlicher Größe verholfen hat — und wie es zu seinem tragischen Tod im Alter von 32 Jahren kam.


Die Beatles bei uns im Store:


Eigentlich beginnt Brian Samuel Epsteins Leben ganz bodenständig. Am 19. September 1934 wird er in Liverpool in eine Kaufmannsfamilie hineingeboren. Während des Zweiten Weltkrieges verlassen die Epsteins Liverpool und ziehen nach Southport, kehren nach Kriegsende aber in ihre alte Heimat zurück. Dort übernimmt Sohnemann Brian schnell die Plattenabteilung des NEMS Music Store, der sich im Familienbesitz befindet. Er lässt keine Möglichkeit aus, Kraft in seinen neuen Job zu investieren, und sorgt dafür, dass das Geschäft zu einem der erfolgreichsten der Sparte in Nordengland wird.

Im Plattenladen geht's los

Als Plattenladenbesitzer bewegt sich Epstein zwangsläufig in der Liverpooler Musikszene. Während der frühen Sechziger gründet John Lennons ehemaliger Klassenkamerad Bill Harry das Magazin Mersey Beat, ein wichtiges Sprachrohr der lokalen Musikwelt. „Eigentlich war es eher ein Beatles-Magazin“, schmunzelt er später in einem Interview. Harry überredet Epstein, das Heft in seinem Laden auszulegen. Als der durch das Heft über die Beatles stolpert, wird er neugierig.

Zu jener Zeit spielt die Band regelmäßig im Cavern Club, also sucht Epstein den Laden auf. Er lernt seine zukünftigen Schützlinge kennen, ganze drei Wochen lang schaut er sich die Beatles immer wieder und wieder an. Schließlich fasst er einen Entschluss und entscheidet sich dazu, dass er Lennon, McCartney, Harrison und Best unter seine Fittiche nehmen möchte — trotz seiner fehlenden Erfahrung als Musikmanager.

Gut gebadet

Zu einem ersten Treffen kommt es am 3. Dezember 1961. Lennon, Harrison und Best tauchen zu spät auf, weil sie noch ein Bierchen trinken waren. McCartney verspätet sich noch mehr, weil er gerade erst aufgestanden sei und noch ein Bad nehmen müsse, wie Harrison den Bandkollegen entschuldigt. Dafür sei der aber sehr sauber, wenn er dann eintreffe. Epstein ärgert das verständlicherweise, dennoch kommt es am 6. und am 10. Dezember zu weiteren Verabredungen.

Der große Tag folgt am 24. Januar 1962: Es kommt zur Vertragsunterschrift. Weil McCartney, Harrison und Best noch nicht volljährig sind, müssen sie ihre Eltern um Erlaubnis fragen, Lennon ist älter als der Rest und darf auch so unterschreiben. Von diesem Moment an beginnt eine Erfolgsgeschichte, die es in der Rock- und Popmusik kein zweites Mal gibt. Angefangen damit, dass er die Beatles in maßgeschneiderte Anzüge steckt, verhilft Epstein ihnen zu einem neuen Image und zieht schließlich einen Plattenvertrag für sie an Land, indem er EMI-Produzent George Martin von der Gruppe überzeugt. In den folgenden Jahren handelt Epstein zwar nicht immer den besten Deal aus, weil er sich zu sehr an den bisherigen Gepflogenheiten des Musikgeschäfts orientiert, ohne dabei zu berücksichtigen, dass es ein Phänomen wie die Beatles noch nicht gab. Dennoch verhilft er den vier Liverpoolern innerhalb kürzester Zeit zu ungeahnter Größe.

Personalentscheidungen

Für eine der vielleicht wichtigsten Änderungen in der Geschichte der Beatles sorgt Epstein im Sommer 1962. Er setzt Pete Best vor die Tür und engagiert stattdessen Ringo Starr, der Best vorher schon öfter vertreten hatte. Die „Fab Four“, wie wir sie kennen, sind komplett. Es folgen ein Hit nach dem anderen, der Durchbruch in den USA, Konzerte der Superlative sowie erfolgreiche Kinofilme. Mit dem Erfolg schleichen sich allerdings auch dicke Probleme ein. Epstein entdeckt die Drogen, zunächst Aufputsch-, später auch Beruhigungsmittel. Auch in Casinos hält er sich gerne auf.

Einen besonders herben Rückschlag erleidet er am 29. August 1966: Nach zahlreichen Tourneen und Jahren, die von engen Zeitplänen geprägt sind, haben John, Paul, George und Ringo die Schnauze voll und möchten nicht mehr live spielen. Für Epstein, der zu jener Zeit vor allem die Konzerte der Band bucht und als Tourmanager mitreist, bricht eine Welt zusammen. Er spürt, dass er weniger gebraucht wird, seine Schützlinge nabeln sich von ihm ab. Sowohl sein Drogenkonsum als auch seine Spielsucht nehmen größere Ausmaße an. Während der Aufnahmen zu Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band (1967) sucht Epstein eine Entzugsklinik auf, kann seine Sucht aber nicht überwinden. Und genau die wird ihm am 27. August 1967 zum tragischen Verhängnis.

Ohne diese zwei wär alles anders

In der Geschichte der Beatles gibt es genau zwei Schlüsselpersonen, die alle anderen Beteiligten in den Schatten stellen: Produzent George Martin und Manager Brian Epstein. Mit geschäftlichem Geschick und vor allem Hartnäckigkeit verhilft Epstein seinen Schützlingen John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr zur unangefochtenen Spitzenposition in der Geschichte der Rock- und Popmusik und ebnet den Weg für die spätere experimentellere Karriere der Gruppe. In seiner Funktion als Beatles-Macher geht er einerseits auf, andererseits kostet der Job ihn nicht nur viel Kraft, sondern letztendlich auch sein Leben, zumindest anteilig. Zu sehr leidet er unter dem Druck, sowohl in der Öffentlichkeit als auch hinter verschlossenen Türen. Dass er davon regelrecht überfahren wurde, verwundert nicht. Wer rechnet schon damit, dass vier Jungs aus Liverpool zur größten Band aller Zeiten werden? Epstein hat es zumindest frühzeitig geahnt.

Dass Brian Epstein homosexuell ist, erfährt die Öffentlichkeit erst Jahre nach seinem Tod, doch in seinem Freundeskreis und seinem geschäftlichen Umfeld handelt es sich dabei um ein offenes Geheimnis. So spricht er seine möglicherweise letzten Worten auf den Anrufbeantworter seines Musikmanager-Kollegen Simon Napier-Bell, wie der in einer Dokumentation zu Protokoll gibt. Epstein habe ihn am Wochenendes seines Todes zur Übernachtung in sein Ferienhaus einladen wollen, was Napier-Bell abgelehnt habe, da er nicht interessiert gewesen sei. In der Nacht vom 26. auf den 27. August habe Epstein ihm dann mehrere Nachrichten aufs Band gesprochen, sein Zustand sei dabei hörbar schlechter geworden. Am nächsten Tag wird Epstein tot aufgefunden. Die Ursache: Beruhigungsmittel, gemischt mit Alkohol. Als offizieller Todesgrund wird später „unabsichtliche Überdosis“ festgelegt. Berücksichtigt man, dass sein persönlicher Assistent Peter Brown bereits in den Jahren zuvor einen Abschiedsbrief von Epstein fand, darf diese Unabsichtlichkeit zumindest angezweifelt werden.

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