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Der tragische Prototyp der Seattle-Szene: Die Geschichte von Mother Love Bone

In der Grunge-Historie gibt es eine ganz besondere Band, die trotz ihres tragisch kurzen Bestehens als Bindeglied gilt. Ein Bindeglied zwischen musikalischen Epochen – vom Glam über den Classic Rock bis hin zum Grunge. Ein Bindeglied und zugleich Ausgangspunkt für neue Bands. Für Bands, die das schafften, was Mother Love Bone selbst verwehrt blieb: eine nachhaltige Karriere, kommerziellen Erfolg und den Einfluss, die Popkultur für immer zu verändern.

Und dennoch: Ohne Mother Love Bone hätte es vieles vielleicht gar nicht gegeben – und genau das ist Grund genug, einen genaueren Blick auf die Historie dieser so wichtigen Band zu werfen.

Ganz frisch – hier gibt's die neuesten Re-Issues der Alben von Mother Love Bone:

1988, Seattle.

Wir schreiben das Jahr 1988. Location: Seattle. In jener Stadt, die damals noch weit abseits vom Radar des Mainstreams vor sich hin brodelte, gründete sich eine Formation aus den Überresten von Green River. Mit Gitarrist Stone Gossard, Bassist Jeff Ament, Sänger Andrew Wood, Gitarrist Bruce Fairweather und Schlagzeuger Greg Gilmore nahm die Geschichte ihren Anfang.

Gossard und Ament hatten zuvor bereits gemeinsam bei Green River gespielt, einer Band, die oft als eine der Geburtsstätten des Seattle-Sounds bezeichnet wird. Die Band verlief sich, da die Mitglieder unterschiedliche Vorstellungen hatten, wohin die Reise musikalisch gehen sollte. Klassischer Rock oder doch härter, punklastiger? Gossard und Ament wollten irgendwie beides.

Prägend für Mother Love Bone war vor allem Andrew Wood – ein charismatischer Frontmann, der optisch an Meat Loaf erinnerte und sang wie Axl Rose, hätte der seine Jugend damit verbracht, David Bowie nacheifern zu wollen. Zuvor spielte er bei Malfunkshun, das er 1980 mit seinem Bruder Kevin gegründet hatte. Wood brachte etwas ganz Besonderes in den Mix: Charisma, Dramatik, aber auch jede Menge Glam-Rock-Vibes.

Wenn die Chemie passt, dann passt sie eben – und genau das war hier der Fall. Man begann mit gemeinsamem Songwriting, 1989 entstand die EP Shine, die mit dem epischen Chloe Dancer / Crown of Thorns das spätere Meisterstück der Band enthielt. Die Veröffentlichung sorgte für viel Aufmerksamkeit – auch von Majorlabels. Der Plattenvertrag mit PolyGram war damals der höchstdotierte Deal, den je eine Rockband aus Seattle erhalten hatte.

Arbeiten am Debütalbum

Die Band zog nach Kalifornien, ins legendäre The Plant Studio in Sausalito, um sich den Arbeiten an ihrem Debütalbum Apple zu widmen. Dort hatte schon Fleetwood Mac Rumours aufgenommen. Mit Produzent Terry Date, der später mit Pantera, Soundgarden und Deftones arbeiten sollte, entstand ein Album, das stadiontauglichen Rock mit verspielten Elementen wie dem Elton-John-esken Gentle Groove verband. Alles lief vielversprechend, die Sessions gingen gut voran. Alles sah danach aus, als stünde der ganz große Durchbruch bevor.

Tragischer Tod von Andrew Woods

Der aber konnte nie passieren. Wood, der bereits mit zwölf Jahren Alkohol und Marihuana konsumiert hatte, später zu LSD und Pilzen griff und schließlich Heroin verfiel, war innerlich zerrissen. Zwar hatte er sich Ende 1989 nach einer Familienintervention in eine Entzugsklinik begeben, doch Anfang 1990 erlitt er einen Rückfall. Am 16. März wurde er bewusstlos in seiner Wohnung gefunden. Drei Tage später, am 19. März 1990, starb er im Alter von nur 24 Jahren. Chris Cornell, Woods Mitbewohner und enger Freund, nannte diesen Moment später „den wahren Tod der Unschuld der Szene“.

Apple wurde posthum am 19. Juli 1990 veröffentlicht – rund vier Monate nach Andrew Woods Tod. Woods Tod ging der Seattle-Szene durch Mark und Bein. Mother Love Bone waren Geschichte, aber die Show musste weitergehen. 1991 entstand als Kurzzeitprojekt Temple of the Dog. Am Start: Woods enger Freund Chris Cornell, gemeinsam mit Gossard und Ament – dazu Mike McCready und Matt Cameron. Später stieß Eddie Vedder hinzu, frisch in Seattle angekommen und hungrig, Musik zu machen.

Auch Mother Love Bone waren nur kurzlebig – dafür ging aus ihr eine jener großen Seattle-Bands hervor, die bis zum heutigen Zeitpunkt aktiv und wichtig sind: Pearl Jam. 1991 erschien deren Debütalbum Ten – ein Mega-Erfolg und eines der wichtigsten Alben der 1990er-Jahre. Teile des Songmaterials stammten ursprünglich aus Mother Love Bone-Sessions.

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