
Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 23.6.1955.
von Christian Böhm und Christof Leim
In seiner Karriere begründet Glenn Danzig ein neues Genre, entwickelt sich musikalisch weiter und betätigt sich in einigen anderen Bereichen. Nicht mit allem, was er sagt oder tut, macht sich der Muskelprotz, jedoch ist sein Einfluss unbestritten. Wir blicken zurück.Hier könnt ihr euch die besten Danzig-Songs anhören:
Ein kleiner Junge erblickt am 23. Juni 1955 das Licht der Welt. Doch Licht taugt gerade nicht als Leitmotiv im Leben des späteren Glenn Danzig, den man nur schwarz gekleidet auf der Bühne sieht und dessen künstlerisches Schaffen von Dunkelheit durchzogen ist. Rein körperlich wird der Mann kein Riese, aber der 1,60 Meter messende Muskelprotz ist eine Größe auf seinem Gebiet: Vom Punk kommend erfindet er mit dem Horrorpunk zuerst ein neues Genre, um sich dann musikalisch Richtung Rock, Metal und gar in klassisch-sphärische Gefilde zu begeben. Obwohl die meisten ihn als Rockmusiker kennen, pflegt Danzig gleich mehrere Steckenpferde: Comic-Verleger, Film-Produzent, Schauspieler und Veranstalter. Er war nicht immer bekannt dafür, Nettes zu sagen und stand manches Mal in der Kritik, aber sein Einfluss ist unbestritten. Musikalische Früherziehung Lodi, eine Kleinstadt in New Jersey. Hier kommt Glenn Allen Anzalone alias Danzig früh mit Musik in Berührung. Seine Mutter, die in einem Plattenladen arbeitet, mag ihm früh Elvis und später Black Sabbath und The Doors-Platten vorgespielt haben. Die hinterlassen bleibenden Eindruck: Oft wird Glenns Stimme später mit denen von Jim Morrison und Elvis Presley verglichen, und die Gitarrenriffs seiner Band Danzig erinnern nicht selten an die von Tony Iommi. Manche nennen ihn später den „Evil Elvis“. Früh kommt er mit Alkohol und Drogen in Berührung, wovon er jedoch schnell wieder die Finger lässt, um überschüssige Energien stattdessen im Fitnessstudio ab- oder auch aufzubauen. Auch dies bleibt: Bis heute ist der Künstler durchtrainiert und für seine Bodybuilder-Posen bekannt. Die machen seine Bühnenpräsenz aus, durch sie wird er aber auch den ziemlich unschönen Begriff „Schinkengott“ (was soll das eigentlich sein?) seit ewigen Zeiten nicht mehr los - eigentlich immer, wenn dieses Wort fällt, bezieht es sich auf den durchtrainierten Musiker. Eine stilbildende Entwicklung 1977 prägen Jerry Only und Glenn Danzig als Ur-Mitglieder die Band Misfits. Ihr oft schneller, einfach gehaltener Punkrock kombiniert mit Rockabilly-Sounds und Texten meist über Tod, Zombies und sonstige Abwegigkeiten wird später oft gecovert, kopiert und zitiert. Metallicas James Hetfield trägt das Misfits-Logo, den sogenannten „Crimson Ghost“, in den Achtzigern auf schwarzem Muscle-Shirt, ihr legendärer Bassist Cliff Burton hatte es gar auf den Oberarm tätowiert. Die Misfits-Songs Last Caress, Green Hell und Die, Die, My Darling schaffen es auf die Garage Days-EP (1987) und das Album Garage Inc. (1998) und sind lange feste Bestandteile der Setlisten. In Deutschland ist Horrorpunk spätestens seit der Band The Other und den anderen Künstlern auf dem Label Fiendforce seit der ersten Dekade des neuen Jahrtausends wieder präsent. Schon 1983 endet die Ära Misfits. Das neue Projekt Samhain deutet die Richtung an, in die es nun geht und die mit der Band Danzig ab 1987 konsequent weitergeführt wird: Mehr Hard Rock, Metal und Blues, dazu düstere Texte oft über Satan, aber bisweilen auch mit Sex-Appeal, etwa beim Song She Rides. Der Bandname macht aber ganz klar: Dies ist jetzt ganz und gar Glenn Danzigs Projekt! Während Jerry Only die Misfits mit wechselnden Sängern weiterführt (worüber Glenn jahrelang kein gutes Wort verliert, bis er 2016 dann doch ein paar Shows mit ihnen spielt), dreht sich auch bei Danzig das Besetzungskarussell: Chuck Biscuits (auch bei den Circle Jerks und Black Flag) anfangs, später Joey Castillo (in den Nullern bei den Queens Of The Stone Age) an den Drums, zuletzt Johnny Kelly (Schlagzeuger von Type O Negative) und Tommy Victor von Prong, um nur einige zu nennen. Verbales, Non-Verbales Etliche Bandmitglieder gehen nicht in Frieden. Mit manchem Kollegen werden Streitigkeiten nicht nur verbal ausgetragen - und aus mitunter nicht zu glaubenden Gründen: Eine Begegnung mit Def Leppard verwandelt 1993 Rock am Ring beinahe in einen Boxring. Dabei führt angeblich nur ein verschütteter Teller Suppe fast zur Schlägerei. Ähnlich skurril die Geschichte vom Dynamo Open Air, wo Danzigs Show vorzeitig abgebrochen wird, nachdem die Band viel zu spät begonnen hat - daraufhin soll der Veranstalter um ein Haar Glenn Danzigs Faust zu spüren bekommen haben.