Nach ihrem zweiten Album unter dem Namen Gorillaz verfolgen Damon Albarn und Jamie Hewlett ambitionierte Pläne: Sie möchten ein kreatives Großprojekt auf die Beine stellen, ob Musik oder Film – oder beides. Doch dann sorgt ein Ausflug zum Strand dafür, dass die zwei Künstler die Arbeit an Plastic Beach aufnehmen.
Das war eigentlich anders geplant. Bereits im November 2007 beginnen Musiker Damon Albarn und Künstler Jamie Hewlett mit der Vorbereitung eines neuen Gorillaz-Projekts. Carousel soll das Ganze heißen und eine Art multimediales Großkonzept werden. „Im Grunde genommen machen wir, was wir wollen, ohne darüber nachzudenken, ob es für eine Plattenfirma oder eine Filmfirma oder was auch immer ist“, erklärt Hewlett damals in einem Interview mit dem Observer. Inhaltlich soll es bei dem Projekt um die mythischen Aspekte Großbritanniens gehen, von denen es ja nun wirklich genug gibt. Doch dann vollziehen die Gorillaz eine Kehrtwende und widmen sich einer anderen Idee: Sie möchten nun doch ein gewöhnliches Album aufnehmen. Der Gedanke dazu kommt Damon Albarn in der Nähe seines Hauses.
Plastic Beach: Idylle am Müllstrand
Als Albarn einen Ausflug an den Strand unternimmt, staunt er nicht schlecht. „Da war dieses ganze Plastik im Sand“, erzählt er im Gespräch mit dem Guardian. Später in Mali habe er ebenfalls große Mengen Plastikmüll gesehen, aber auch den Eindruck gehabt, dass dies nun die neue Natur sei. „Ich habe dort so eine seltsame Art von Optimismus empfunden“, erinnert er sich an die Reise. Der Musiker beschließt, seine Eindrücke in das neue Gorillaz-Album einfließen zu lassen. „All das in Popmusik zu verarbeiten, ist schwierig. Aber wichtig.“ Er und Hewlett legen los. Sie kooperieren mit dem National Orchestra For Oriental Arabic Music aus Beirut, ebenso wie mit dem Symphonieorchester Viva aus der britischen Stadt Derby — und das sind noch längst nicht alle Gast-Stars auf Plastic Beach.
Inhaltlich geht es auf der Platte um genau die Dinge, die der Titel verspricht. „Ich denke, ich wollte eine gewisse Pop-Sensibilität mit dem Wunsch verbinden, den Menschen die Melancholie zubereiteter Fertiggerichte in großen Plastikverpackungen nahezubringen“, erklärt Albarn im Interview. Damit das gelingt, holt er sich jede Menge Kolleg:innen an Bord, wie zum Beispiel Snoop Dogg, Bobby Womack, Mos Def, De La Soul, Lou Reed und Mick Jones von The Clash. Nicht auf der Platte zu hören ist Engelbert Humperdinck, dessen Manager eine Beteiligung seines Schützlings ablehnt. Auch John Lydon von den Sex Pistols und Tom Waits passen, ebenso wie Barry Gibb von den Bee Gees. Doch im November 2009 haben die Gorillaz ihre dritte Platte im Kasten, die einen ihrer größten Erfolge markieren soll.
Kommt eine Fortsetzung?
Großbritannien, Deutschland, die USA: Mit Plastic Beach gelingt den Gorillaz weltweit der Einstieg in die Top 5. In einigen Ländern reicht es sogar für die Pole Position, wie zum Beispiel Australien, Belgien und Dänemark. Sie treffen mit ihrer kleinen Dystopie einen Nerv. Und wenn man mal ehrlich ist, ist das Thema Plastikmüll mehr als 15 Jahre später leider immer noch akut. Zum Glück hat Damon Albarn noch eine potenzielle Fortsetzung von Plastic Beach in der Schublade. So verkündet er im Oktober 2020, dass er „Songs um Songs“ für ein eventuelles Sequel übrig hat: „Ich hätte gerne ein Album, das Clean Beach heißt, aber im Moment ist es immer noch ein Plastic Beach.“ Wer weiß, vielleicht bauen die Gorillaz aus den fertigen Songs noch eine weitere Platte. Bis dahin wird uns nichts anderes übrig bleiben, als uns weiter in ein wenig Fertiggerichte-Melancholie zu sonnen.