Sie ist eine der wichtigsten Musikerinnen der Indie-Geschichte - am 28. April feiert Kim Gordon ihren 70. Geburtstag. Wir gratulieren der Bassistin und Songschreiberin mit einem Blick auf ihr Leben.
von Markus Brandstetter
Eigentlich hatte Kim Althea Gordon zunächst vor, primär bildende Künstlerin zu werden. Geboren in Rochester, New York, zog es Kim später zum Studieren an die US-amerikanische Westküste - nach Los Angeles, wo sie einen Abschluss am Otis College of Art and Design, einer Privatschule für Kunst und Design, absolvierte. Danach ging es wieder zurück auf die andere Seite der USA, diesmal ins Epizentrum — nach New York City. Zunächst waren es New Yorker Underground-Bands, die ihr Interesse an einer Karriere als Musikerin weckten. „Als ich nach New York kam, habe ich mir in der Innenstadt Bands angesehen, die No-Wave-Musik spielten. Sie war expressionistisch und auch nihilistisch. Punkrock war augenzwinkernd und sagte: 'Ja, wir zerstören den Rock.' Bei der No-Wave-Musik hieß es eher: 'Nein, wir zerstören wirklich den Rock.' Es war sehr dissonant. Ich hatte das Gefühl: 'Wow, das ist wirklich frei. Ich könnte das machen'“, erinnert sich Gordon (die damals noch kein Instrument spielen konnte).
Sie begann in einer Band namens CKM zu spielen und durch eine Bandkollegin lernte sie Thurston Moore und Lee Ranaldo kennen. Moore und Gordon wurden ein Paar, 1981 wurde Sonic Youth gegründet. Drei Jahre später heirateten Moore und Gordon. Dass sie zur Bass-Ikone wurde, war nicht geplant: "Bass zu spielen war nie mein Wunsch. Es war ein Nebenprodukt des Wunsches, etwas Aufregendes zu machen", erzählte sie.
1982 erschien das selbstbetitelte Debütalbum — ein Meilenstein für Alternative Rock und experimentellen Noise Rock. Neun Songs, allesamt selbstproduziert, zwischen Noise, Feedback und gewichtigen Riffs, dazu Texte voller Abstraktion und Medien- und Konsumkritik standen auf dem Programm.
Musikgeschichte mit Sonic Youth
Sonic Youth zählen heute als eine der einflussreichsten und bahnbrechendsten Bands der 1980er und 1990er Jahre — und Gordon hatte in vielerlei Hinsicht einen gewichtigen Anteil daran. Da wäre zum einen ihr unverkennbares Bassspiel, ihre Stimme, ihre Vocals, aber auch ihr Selbstverständnis als Musikerin in einer männlich dominierten Indie-Szene. „In Großbritannien stellten mir die Journalisten immer wieder eine einzige Frage: 'Wie ist es, ein Mädchen in einer Band zu sein?' Darüber hatte ich nie wirklich nachgedacht. Die überwiegend männliche Musikpresse im Vereinigten Königreich war feige und nicht konfrontativ, wenn man sie persönlich traf. Sie gingen dann nach Hause und schrieben grausame, altersdiskriminierende und sexistische Dinge. Ich nahm an, dass es daran lag, dass sie Angst vor Frauen hatten; schließlich hatte das ganze Land einen Königinnenkomplex“, erinnerte sich Gordon im Interview mit der britischen Zeitung The Guardian. „Ich weigerte mich, dieses Spiel mitzuspielen. Ich wollte mich nicht wie Siouxsie Sioux kleiden oder die Rolle einer imaginären Frau spielen, die mehr mit ihnen als mit mir zu tun hatte. Damals gab es einen populären Look - das Vintage-Kleid, das Make-up - der einfach nicht zu mir passte.“
Gordon trat aber nicht nur als Musikerin, sondern auch als Produzentin in Erscheinung – unter anderem beim Debüt von Hole im Jahr 1991. Zunächst lehnte sie eine Zusammenarbeit mit Courtney Love ab, ließ sich dann aber doch überzeugen. „Ich konnte sehen, dass sie eine verrückte, ansteckende Energie hatte, und ich versuche, diese Art von Drama zu vermeiden. Aber dann habe ich es mir anders überlegt, weil ich dachte, dass sie etwas Interessantes vorhat“. Allerdings stellte sich bald Ernüchterung ein: „Ich hatte das Gefühl, dass sie mich nur gefragt hat, weil sie meinen Namen mit der Platte in Verbindung bringen wollte“, so die Bassistin. „Sie war die Art von Mensch, die als Kind viel Zeit damit verbrachte, in den Spiegel zu starren und ihr Aussehen zu üben. Aber sie hatte eine tolle Punkrock-Stimme, und die Songtitel und Texte waren eine reine Provokation: Pretty On The Inside und Teenage Whore. Ihre frühe Karriere als Stripperin gab ihr großartiges Material, mit dem sie arbeiten konnte, und sie hatte ein Gespür dafür, Aufmerksamkeit zu erregen.“ Gordon arbeitete aber auch stets als bildende Künstlerin (und auch als Kuratorin) — ihre Arbeiten waren auf der ganzen Welt zu sehen.
Sonic Youth lösten sich 2011 auf — nachdem sich Gordon und Moore scheiden ließen. Acht Jahre nach der Auflösung veröffentlichte sie ihr erstes und bisher einziges Soloalbum No Home Record. Nachzulesen ist ihr Leben unter anderem in ihrer Autobiografie Girl in a Band.
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