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Interview mit Blackout Problems: „Musik hat was mit Werten zu tun“

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Münchens Alternative-Darlings Blackout Problems sind wieder auf Tour. Nach einer triumphalen Festivalsaison bringen sie dann ihr aktuelles Top-5-Album Riot erneut in die Clubs. Wer die Band schon mal live gesehen hat, weiß, was das bedeutet: ein Sturm zwischen Abriss und Liebe. Wir haben beim Hurricane Festival mit Sänger und Gitarrist Moritz Hammrich gesprochen.

20 Jahre gibt es Blackout Problems jetzt schon. 20 Jahre, in denen wir einer der besten und tollsten deutschen Rockbands beim Laufenlernen und Großwerden zusehen durften. Fünf Platten, eine unvergessene Split mit Heisskalt, Features mit den größten der internationalen Alternative-Szene und Konzerte, die zum Besten und Intensivsten gehören, das man aus Deutschland kennt: Die Münchener machen vor, wie man Indie, DIY, Menschlichkeit und Toleranz lebt.

Ihr habt seit Jahren euer eigenes Label, lasst euch aber durchaus auch mal Zeit, bis ihr ein neues Album herausbringt. Macht euch das in Zeiten von Streaming-Dauerfeuer und Algorithmus-Knechtschaft nicht nervös?

Wir versuchen, das nicht so an uns ranzulassen. Wir wissen, dass man eher rausballern sollte, als gäbe es kein Morgen, aber wir sind da nicht so. Wir wollen nur etwas veröffentlichen, wenn wir auch was zu sagen haben. Und das kann manchmal dauern. In unser aktuelles Album Riot haben wir sehr viel gesteckt, und danach waren wir leer. Die Batterien müssen erst mal wieder aufladen und wir müssen erst wieder was erleben, das dann irgendwann zu Songs wird. Unsere Songs sind keine Fantasiegeschichten, sondern unser Tagebuch. Die Musik, die am Ende dabei herauskommt, hat immer davon profitiert, wenn sie ehrlich war und aus tiefstem Inneren kommt. Wir haben mit den Blackout Problems eine Bühne. Das nehmen wir ernst.

Was gibt euch eure Band eigentlich? Immerhin verbringt ihr mehr oder weniger schon euer halbes Leben mit ihr.

Wir nutzen unsere Band, um uns auszuleben. Um etwas Ausdruck zu verleihen, das in uns schlummert. Deswegen haben wir uns auf dem kreativen Level auch völlig freigespielt und machen alles selbst – von der Musik über die Shows bis hin zu den Videos, dem Artwork oder dem Merchandise. Die Blackout Problems sind wie ein Trichter, durch den wir alles pressen, was uns widerfährt. Unsere gemeinsame Geschichte. Wir gehen durch alles gemeinsam, alle Höhen und Tiefen, und am Ende kommt dann irgendwann eine Platte raus, die all das enthält. Klar ist ein Album erst mal ein Produkt, aber wenn man zwischen die Rillen schaut, dann sieht man dort unser ganzes Leben.

„Hosenverbot im Proberaum“

Fällt es euch manchmal schwer, so offen und schonungslos ehrlich zu sein?

Man macht sich schon nackt, das stimmt. Aber wir kennen uns als Menschen so gut, dass wir uns eigentlich immer nackt begegnen. Hosenverbot im Proberaum, sozusagen. Wir wissen genau, was den anderen gerade umtreibt, was er fühlt. Es gibt nichts Besseres als in diesen ehrlichen Momenten gemeinsam Musik zu machen. Dann steht rein gar nichts zwischen uns. Das Krasse und Schöne ist aber eben, dass sich dieses Vertrauen und diese Offenheit auch auf unser Publikum überträgt und Besucher dann ihre Geschichten erzählen.

Ihr habt immer klare Kante gezeigt, politisch wie sozial. Ist es euch wichtig, auch so wahrgenommen zu werden?

Wir haben wirklich viel Meinung in unseren Songs, das stimmt. Wer wissen will, wie wir ticken, muss sich nur mal mit einem Booklet hinsetzen und unsere Texte lesen. Wir sperren uns aber auch nicht dagegen, wenn man unsere Musik eher oberflächlich hören möchte. Doch wer tiefer gehen möchte, der wird viel finden.

Erzähl mal die Geschichte hinter dem grandiosen Song FRONTROW, den ihr dieses Jahr veröffentlicht habt.

Mir wurde irgendwann bewusst, dass wir uns selbst kaputt machen. Als Einzelpersonen, als Gesellschaft, als ganze Welt. Wir schauen dabei zu, wie wir uns selbst zerstören. In der ersten Reihe unseres eigenen Untergangs. Ich wusste, dass der Song was Besonderes war und auch noch zu einer wichtigen Zeit kam: Es waren gerade Wahlen, was dann zu einigen Zeilen führte, die sehr direkt wurden. Ich fragte mich, was das mit einem macht, wenn man eine gesichert rechtsextreme Partei wählt. Wir alle kennen ja diesen Satz „Ich bin doch kein Nazi“, aber wenn du dein Kreuz da machst, dann bist du vielleicht nicht aus tiefstem Inneren rechtsextrem, aber du trägst Mitschuld an der Entwicklung. Da gibt es keine andere Sichtweise. So ist es damals passiert, und darauf steuern wir derzeit wieder zu.

Welche Rolle siehst du da für die Musik?

Je nachdem, mit welcher Musik man aufwächst, kann sie schon politisieren. Musik kann ein Kompass sein. Wir haben in unserer Jugend alle viel Punkrock gehört und schnell dieses Gefühl und die dort vertretenen Werte übernommen. Die Bedeutung von Musik sollte man auf gar keinen Fall unterschätzen. Für mich hat Musik immer schon etwas mit Werten zu tun – und nicht mit Geld oder Business oder Statussymbolen. Blackout Problems sind eine strikt antikapitalistische Band, und wir wollen mit unserer Musik zeigen, dass man diesen ganzen Scheiß nicht braucht. Dafür stehen wir ein, denn wir sind der Meinung, dass jeder seine Bühne nutzen sollte, um Werte zu vermitteln – egal, wie groß die Band ist.

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