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Phil Dent/Redferns

Queen bei Live Aid: Die Königin, die allen anderen Acts die Show stehlen sollte

Am 13. Juli 1985 fand im alten Wembley-Stadion eines der größten Live-Events der Musikgeschichte statt: Live Aid. Alle waren mit dabei: Sting, U2, Dire Straits, The Who, Elvis Costello, Elton John sowie George Michael gaben sich unter anderem in London die Ehre – während Größen wie Bob Dylan, Eric Clapton, Mick Jagger, Madonna und Tom Petty zeitgleich in Philadelphia auftraten.

von Martin Chilton

Sämtliche Superstars jener Tage, so vereint wie nie, gebündelt an zwei Orten. Und trotz dieser extrem hohen Superstar-Dichte waren sich hinterher alle einig, dass der Auftritt von Queen alles andere in den Schatten gestellt hatte. Ihr Set war zwar gerade mal 21 Minuten lang. Aber die hatten es in sich...

Hört hier den Soundtrack zu Bohemian Rhapsody:

„Wir waren zunächst unsicher, ob wir Live Aid überhaupt machen sollten.“

Der Queen-Blockbuster Bohemian Rhapsody beginnt und endet nicht ohne Grund mit nachgestellten Szenen aus der besagten Live-Aid-Show – ein Auftritt, der seither als beste Live-Performance ihrer Karriere gilt. Queens Teilnahme am Benefiz-Spektakel stand dabei ziemlich lang auf der Kippe, wie Gitarrist Brian May erst im Juni 2019 bestätigte: „Wir haben auf jeden Fall gezögert mit der Zusage für Live Aid“, so May.

Die Proben und Vorbereitungen

Nachdem die Band schließlich doch die Einladung von Bob Geldof und Midge Ure angenommen hatte, machten sich Freddie Mercury, Brian May, John Deacon und Roger Taylor sofort daran, ihren Auftritt minutiös einzustudieren. Das Timing sollte auf die Sekunde genau sitzen, jedes Solo wirklich 100% perfekt sein. Der Auftritt sollte die Essenz ihrer Live-Show werden.

Also mieteten sie sich das eher überschaubare Shaw Theatre in der Nähe von King’s Cross, um dort eine Woche lang an jenem legendären Kurz-Set (5 Songs!) zu feilen, das sie den 72.000 Zuschauern im sehr viel größeren Wembley-Stadion präsentieren wollten – sowie natürlich den geschätzt rund 1,9 Milliarden Fernsehzuschauern, die aus 130 Ländern live zugeschaltet waren.

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Obwohl Queen nur sehr ungern bei Tageslicht auftraten und sie obendrein wussten, dass es keinen Soundcheck geben würde, der ihren Qualitätsansprüchen gerecht werden könnte, war eine Sache klar: Mit diesem Konzert konnten Queen der ganzen Welt zeigen, was für eine umwerfende Live-Band sie waren. „Das war die Gelegenheit, um zu zeigen, dass es uns wirklich um die Musik geht. Dass sie ganz klar an erster Stelle steht“, so May.

Geldof hatte alle Teilnehmer gebeten, keine neuen Songs zu spielen, sondern nur Hits, nur die bekanntesten Songs. Eine Auflage, die Queen nur zu gerne befolgten. Auch bei der Wahl ihres Slots hatten sie ein gutes Händchen: Um 18.41 Uhr sollte der Startschuss erfolgen. Kurz vor Primetime in Großbritannien also, und auch für die Satellitenübertragung in andere Teile der Welt ein idealer Zeitpunkt.

Die große Show

Direkt vor ihrem Auftritt standen zwei Comedians auf der Bühne: Griff Rhys Jones und Mel Smith. Sie waren als Polizisten verkleidet, machten Witzchen über die enorme Lautstärke – es hätte ja sogar schon Beschwerden „von einer Frau aus Belgien“ gegeben. Und dann kündigten sie „die nächste Combo“ an: „Her Majesty... Queen“.

Im nächsten Moment stürmt ein wahnsinnig selbstbewusst wirkender Mercury auf die riesige Bühne, über der ein Banner mit dem Slogan „Feed The World“ prangt. Schnurrbart, weiße Jeans, weißes Unterhemd. Ein Band um den rechten Bizeps. Dann setzt er sich ans Klavier und spielt eine knackige Version von Bohemian Rhapsody. Bei Radio Ga Ga steht er auf und stolziert herum, animiert das Publikum zum Mitsingen. Das kollektiv improvisierte „ay-oh“ ist seither unvergessen. Nicht umsonst spricht man danach von der „Note, die auf der ganzen Welt zu hören war.“

Auf die große Mitsing-Aktion folgt Hammer To Fall, ein Stück aus der Feder von May. Mit umgeschnallter E-Gitarre richtet sich Mercury ans Publikum: „Dieser Song ist nur den schönen Menschen gewidmet, die heute Abend hier sind – womit ich euch alle meine! Danke fürs Kommen! Ihr habt diesen Abend in ein großartiges Ereignis verwandelt!“ Und schon geht’s weiter mit einer absolut explosiven Version von Crazy Little Thing Called Love.

Nach einer knackigen We Will Rock You-Einlage präsentieren Queen dem Publikum das große Finale: We Are The Champions. Mercury begeistert die Leute, zieht alle im Stadion in seinen Bann. „Ich hatte nie zuvor etwas Derartiges gesehen, und es war auch überhaupt nicht kalkuliert“, so May. „Es war der größte Tag unseres Lebens.“

„Ihr Mistkerle habt uns die Show gestohlen.“

Nicht nur Queen selbst wussten, als sie von der Bühne gingen, dass sie eine Hammer-Show hingelegt hatten. Paul Gambaccini, damals bei der BBC für die Live-Übertragung mitverantwortlich, erinnerte sich an die Reaktionen der Superstar-Kollegen. „Allen war klar, dass Queen den anderen die Show gestohlen hatten“, so Gambaccini. Mit genau diesen Worten hatte auch Elton John seinen Kollegen Mercury begrüßt, in dessen Trailer er gleich nach dem Auftritt gerannt kam. „Ihr Mistkerle habt uns die Show gestohlen“, scherzte der Rocket Man-Sänger.

„Queen haben alle anderen rundgemacht. Sie haben einfach alle mitgenommen. Sie gingen von der Bühne als die größte Band, die man je gesehen hatte... das war echt unglaublich“, kommentierte Dave Grohl von den Foo Fighters. „Und genau das machte die Band so großartig; deshalb müssen sie als eine der größten Rockbands aller Zeiten gelten: Weil sie einfach wussten, wie man solch eine Verbindung zum Publikum herstellt.“

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„Es war die perfekte Bühne für Freddie: Die ganze Welt“

Zwei Monate danach begannen Queen die Arbeit an ihrem Album A Kind Of Magic, das sich sechs Millionen Mal verkaufen und ihnen eine Rekord-Tournee bescheren sollte.

Der Titel des Albums hätte dabei nicht treffender gewählt sein können: Es war tatsächlich Magie, was Queen an jenem Juli-Tag des Jahres 1985 auf die Bühne brachten. „Queen waren ganz klar die beste Band des Tages“, sagte auch Live-Aid-Macher Geldof hinterher. „Sie haben am besten gespielt, hatten den besten Sound, haben ihre Zeit maximal ausgenutzt. Sie haben einfach genau verstanden, warum es ging – dass es eine globale Jukebox sein sollte. Sie legten einfach los und knallten einen Hit nach dem anderen raus. Es war die perfekte Bühne für Freddie: Die ganze Welt.“