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Foto: Stefan Hoederath/Redferns

„Repentless“: Slayer und ihr großes Finale – bis jetzt?

Es ist das erste Slayer-Album ohne den verstorbenen Gitarristen Jeff Hanneman und die bis heute letzte LP der Bay-Area-Legenden: Repentless, erschienen am 11. September 2015. Eine Rückschau auf ein in fast jeder Hinsicht besonderes Slayer-Album, das dennoch genauso klingt, wie Slayer eben klingen: wie Slayer.

Es ist Frühling 2013, als Slayer plötzlich vor einem Scherbenhaufen stehen. Ihr Drummer Dave Lombardo hat gerade die Band verlassen, weil er „schlecht beraten wurde“, wie Gitarrist Kerry King in einem Interview mit dem OX Fanzine zu Protokoll gibt. Und am 2. Mai starb Jeff Hanneman, der Gründungsgitarrist der Thrash-Metal-Legenden, an einer Leberzirrhose. Von 1981 bis zu seinem Tod war er durchgängig Slayer-Mitglied, ohne Pause. Nun, wo er weg ist, fragen sich seine Kollegen: Können wir ohne ihn weitermachen? Zumindest Frontmann Tom Araya stellt sich diese Frage – King hat eine klare Meinung zu dem Thema: Er denkt gar nicht daran, mit Hanneman auch Slayer zu beerdigen.

Gary Holt von Exodus springt ein

Mit der Arbeit an ihrem zwölften Album hatten Slayer schon vor Hannemans Tod begonnen. Nicht nur das: Mit Piano Wire hatten die Kalifornier auch schon einen Song aufgenommen. Im März 2015 berichtet das US-Magazin Loudwire sogar, dass Aufnahmen des verstorbenen Hanneman auf der Platte zu hören sein würden. „Bullshit“, erklärt kurz danach Kerry King. „Jeff Hanneman ist kein physikalischer Teil des Albums.“ Trotzdem: Piano Wire stammt aus der Feder des verstorbenen Gitarristen und so hinterlässt er den Slayer-Fans zumindest einen Song. Keinen Beitrag zum Songwriting leistet hingegen der neue Mann der Gitarre: Gary Holt von Exodus.

Holt war schon früher bei Slayer eingesprungen, zum Beispiel als Hanneman 2011 an einer nekrotisierenden Fasziitis litt, einer potenziell lebensbedrohlichen Infektion. Holts Verpflichtung lag nach Hannemans Tod also nah. Dass Holt keine Ideen zu Repentless beisteuert, sondern einspielt, was ihm vorgesetzt wird, erklärt Kerry King damit, dass die Fans dafür nach Hannemans Tod nicht bereit seien. Der Job als „hired gun“ ist ungewohnt für Holt, doch missen möchte er die Zeit bei Slayer nicht. „Slayer waren großartig“, berichtet er im Interview mit Guitar World. „Sie haben mich von Tag eins an wie Familie behandelt.“ Das Schlagzeug übernimmt nach Lombardos Abgang Paul Bostaph.

„Sie haben mich von Tag eins an wie Familie behandelt.“

Repentless: Slayer bleiben Slayer bleiben Slayer

Inhaltlich zeigen sich Slayer auf Repentless von ihrer stärksten Seite. Nach dem atmosphärischen Intro Delusions Of Saviour startet mit dem Titeltrack gleich die erste gut dreiminütige Riff-Attacke. Doch Repentless, was bedeutet das eigentlich? „Dieses Wort sollte einfach existieren“, erklärt Kerry King im OX Fanzine. „‚Repentless‘ zu sein, heißt für mich: No regrets, kein Bedauern. Das ist meine Definition und es bringt Slayer auf den Punkt.“ Auf den Punkt geht es auch weiter: Brecher wie Take Control, Vices und You Against You lassen nach dem viel zu frühen Tod von Jeff Hanneman keinen Zweifel daran, dass Slayer auch auf ihrem zwölften Album gekommen sind, um für Verwüstung zu sorgen.

„Ich bin kein Fan von Experimenten“, erklärt King im OX-Interview. „Ich mag, wofür Slayer stehen und wie Slayer klingen.“ Das gilt auch für Millionen Fans weltweit. „Ich will den Leute nie das Gefühl geben, das nächste Album könnte nicht wie das Album davor klingen, denn das sollte es.“ King selbst sei deshalb großer Bewunderer von Bands wie AC/DC, Black Sabbath und Iron Maiden – und von ihrem klassischen Sound. Den klassischen Slayer-Sound gibt es auf Repentless auch abseits der hervorstechenden Nummern zu hören, zum Beispiel in Atrocity Vendor und in Chasing Death, einer Nummer, die auch auf Reign In Blood hätte stattfinden können.

Ein Abschied wie ein Donnerschlag

Dass das Slayer-Erfolgsrezept immer wieder aufgeht, wird gleich nach der Veröffentlichung von Repentless deutlich. Platz eins in den deutschen Albumcharts und Platz vier in den USA zeigen, dass King und Co. auch mehr als 30 Jahre nach ihrer Gründung nichts von ihrer Qualität eingebüßt haben. Jeff Hanneman wird der Band für immer fehlen, völlig klar – aber Repentless ist der Beweis dafür, dass sein Einfluss auf Slayer die Band sogar über seinen Tod hinaus gestärkt hat. „Wir haben einige großartige Alben gemacht und hatten wirklich einen guten Lauf“, findet auch Kerry King im OX Fanzine. „Leider gibt es jetzt nur noch einen von uns.“

Ob Slayer in Zukunft noch ein Album veröffentlichen werden, steht in den Sternen, ist aber unwahrscheinlich. „Auf diese Frage kann ich dir ein 99,9-prozentiges Nein geben“, erklärt Gitarrist King Anfang 2025 in einem Interview mit Blabbermouth. Er habe sich gerade erst seine Soloband zusammengestellt und nicht vor, die Musiker gleich wieder vor die Tür zu setzen. Dass er eine Restwahrscheinlichkeit von 0,1 Prozent im Raum stehen lässt, erlaubt allerdings einen Hoffnungsschimmer: Vielleicht meint Satan es ja irgendwann doch noch einmal gut mit uns und sorgt für eine gleichzeitige Lücke in den Kalendern von Tom Araya, Kerry King, Gary Holt und Paul Bostaph. Bis dahin: Repentless aufdrehen, headbangen!

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