Am 16. April 1991 veröffentlichte die Grunge-Supergroup Temple Of The Dog ihr erstes und einziges Album — und schrieb damit Rockgeschichte.
von Markus Brandstetter
Hier könnt ihr Temple Of The Dog hören:
Der Terminus „Supergroup“ wird dieser Tage gerne inflationär gebraucht: Sobald sich zwei Musiker*innen von einigermaßen bekannten Bands für ein Projekt zusammentun, wird gleich mit dem S-Wort um sich geworfen. Bei Temple Of The Dog handelt es sich hingegen definitiv um eine Supergroup, die ihren Namen wirklich verdient — denn eine solche Besetzung wie die 1990 gegründete Band, die im Jahr darauf ihr Debütalbum veröffentlichte, hat die Welt des Grunge nie mehr gesehen.
Die Entstehung der Band
Das Projekt Temple Of The Dog entstand eigentlich aus einem sehr traurigen Grund: Chris Cornell rief es ins Leben, nachdem sein Freund und Mitbewohner Andrew Wood, Sänger von Mother Love Bone und Malfunkshun, am 19. März 1990 an einer Überdosis gestorben war. Der Bandname wurde einer Zeile des Mother-Love-Bone-Songs Man Of Golden Words entnommen. „I want to show you something, like joy inside my heart / Seems I been living in the temple of the dog / Where would I live if I were a man of golden words / Or would I live at all“, heißt es darin.
Bei Temple Of The Dog kam das beste der Grunge-Welt zusammen: Cornell sang, Matt Cameron spielte Schlagzeug und die beiden Mother-Love-Bone-Mitglieder Stone Gossard (Gitarre) und Jeff Ament (Bass), die kurz darauf Pearl Jam gründeten, waren ebenfalls mit an Bord.
Aus zwei Songs wurde ein Album
Eigentlich war es gar nicht geplant gewesen, ein ganzes Album aufzunehmen. Cornell hatte zwei Songs geschrieben, Say Hello 2 Heaven und Reach Down. Er hätte diese Stücke auch mit den damals bereits existierenden Soundgarden aufnehmen können, empfand sie aber nicht als passend für die Band. Es kamen mehrere Lieder dazu — und weitere Musiker: Mit Mike McCready und Eddie Vedder schlossen sich zwei weitere Musiker an, die wenig später zu Pearl Jam gehören sollten. Vedder ist auf der Platte bei mehreren Stücken im Hintergrund zu hören, bei einem Stück — Hunger Strike – singen Cornell und er im Duett. Ein historisches Ereignis, schließlich ist der Song die erste Aufnahme, auf der Eddie Vedder als Sänger zu hören ist. Mehr noch: Für Vedder und McCready waren die Aufnahmen die erste Studioerfahrung überhaupt.
Entspannte Aufnahmesessions, zunächst kein großer Erfolg
Das Album entstand im entspannten Rahmen, Druck seitens der Plattenfirma (die Platte erschien via A&M Records) gab es keinen. Die Band arbeitete in Eigenregie, in fünfzehn Tagen waren die Aufnahmen im Kasten. Die Bitte von Jeff Ament, auf dem Albumsticker die zu diesem Zeitpunkt bereits existierende Band Pearl Jam zu erwähnen, lehnte das Label ab. Am 16. April 1991 war es soweit, das Album erschien. Die Kritiken waren wohlwollend, die Verkaufszahlen eher mau: 70.000 Einheiten wurden in den USA zunächst abgesetzt – weniger, als man erwartet hatte.
Veröffentlichung und Verkaufserfolg
Das Debüt von Temple Of The Dog sollte aber natürlich trotzdem nicht in der Rock-Geschichte untergehen. Bereits wenige Monate nach Veröffentlichung wurde das Album von Presse, Fans aber vor allem der Industrie wiederentdeckt: Am 27. August desselben Jahres veröffentlichten Pearl Jam ihr höchst erfolgreiches Debüt Ten, am 24. September folgten Soundgarden mit ihrem dritten Album Badmotorfinger. Das ließ das Album natürlich noch mal in ganz anderem Licht erstrahlen, gab der Sache auch eine ganz neue, kommerzielle Relevanz. 1992 veröffentlichte A&M das Album erneut und koppelte Hunger Strike als erste Single aus — ein Musikvideo inklusive. Das sorgte für einen Verkaufsboost – und eine Platin-Schallplatte in den USA.
Historisches Zeitdokument
Es sollte das einzige Album von Temple Of The Dog bleiben. Kein Wunder: Die Karrieren von Soundgarden und Pearl Jam kamen mit genannten Alben so richtig ins Rollen, der Rest ist Musikgeschichte. 1992 wurde das Projekt beendet, im Guten. Zwar trafen die Bandmitglieder immer wieder mal zusammen und performten in diversen Kombinationen gemeinsam. 2016 fand sich die Band sogar zu einer Tour zusammen, um das 25. Jubiläum des Albums zu feiern — ohne Vedder, der aufgrund familiärer Verpflichtungen absagen musste. Traurigerweise wird die Band das 30. Jubiläum nicht gemeinsam feiern können — Chris Cornell starb 2017.
Das Debütalbum von Temple Of The Dog ging nicht nur als exzellentes Album, sondern vor allem als wichtiges Zeitdokument in die Rockgeschichte ein. Es zeigt zwei der größten Bands ihrer Ära vor dem großen Durchbruch.
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