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The Clash live 1980 - Foto: Hulton Archive/Getty Images

Zeitsprung: Am 19.5.1980 gibt’s Kloppe bei The Clash in der Hamburger Markthalle.

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 19.5.1980.

von Christof Leim

Irgendwann hat Joe Strummer die Schnauze voll: Ein besonders nerviger Hamburger Punk kriegt eine Gitarre über den Schädel. Damit wird die Stimmung auf dem Konzert in der Markthalle noch ein bisschen schlechter. Und der Frontmann von The Clash wird verhaftet. Rückblick auf den 19. Mai 1980.

Hier gibt es zur Lektüre London Calling zu hören:

Es ist nicht einfach mit den Punks: The Clash haben sich Ende der Siebziger viele Fans erspielt, doch als sie 1979 ihr drittes Album London Calling (wie schon die beiden Vorgänger auch) bei einem Majorlabel veröffentlichen und immer größer werden, schrillen bei der Szenepolizei irgendwann die Alarmglocken. Verrat am Punk Rock wird den Briten vorgeworfen – ein Kapitalverbrechen. Mindestens.

Kinderkram

Beim ausverkauften Konzert in der legendären Markthalle am 19. Mai 1980 (verlegt vom 12. Mai) jedenfalls finden sich nicht nur Fans ein, sondern auch, sagen wir, besorgte Mitmenschen in Lederjacken, die ihre tief empfundene Unzufriedenheit über die Unreinheit des neuesten Clash-Werkes zur Diskussion stellen möchten. (Was mal wieder zeigt, dass es bei manchen, womöglich allen Subkulturen erschreckend oft nicht um Musik, sondern um Gesinnung geht. Aber das ist ein Tresenthema für ein andermal.)

The Clash in Hamburg 1980. Die Show wurde um eine Woche auf den 19. Mai verschoben.

Achim Karstens, damals junger Fan, heute Musikmanager, ist an dem Abend dabei und berichtet: „Es herrschte eine aufgeladene und aggressive Stimmung. Schon am Eingang wurde die Security überrannt, es fühlte sich an, als wären 500 Punks mehr in der Halle als überhaupt möglich. Die Lichter blieben jedenfalls die ganze Zeit an.“ Das scheint in Hamburg in diesen Tagen nichts Ungewöhnliches zu sein, wie zum Beispiel im Buch Yesterday’s Kids von Tim Hackemack über die Punk-Szene zu lesen steht: „Damals auch ein Hobby von uns Hamburg-Punks war es, Konzerte zu stürmen. Einfach mit so vielen Leuten wie möglich auf die Ordner zu zu rennen, meist haben die recht schnell Platz gemacht.“

„Habt ihr noch nie Blut gesehen?“

The Clash starten mit Clash City Rockers und Brand New Cadillac – und werden von Teilen des Publikums bespuckt und beworfen. „Nach dem fünften Song hat Strummer genug“, berichtet Karstens, „zieht einem der Punks seine Gitarre über den Schädel. Dann herrscht erstmal Stille. 45 Minuten später geht es erst weiter.“

Es gibt einen Bootleg von der Show, auf dem zu hören ist, wie Strummer während I Fought The Law ruft: „Ain’t you ever seen blood? You don't even know what you’re asking for!“ Auch singt er eine Weile nicht, während um ihn herum der Song ein bisschen auseinanderfällt. Das hier könnte die Stelle sein.

Natürlich steht das Ganze am nächsten Tag in der Zeitung… - Quelle: Punky Gibbon

In einer Abhandlung über den 40. Geburtstag der Markthalle schreibt der NDR über die Situation: „Das Konzert steht kurz vor dem Abbruch, wird aber auf Anordnung der Polizei zu Ende gebracht, um weitere Ausschreitungen zu verhindern.“ The Clash spielen deshalb noch elf Songs, aber die Stimmung dürfte nicht beste gewesen sein. Mehr noch: Joe Strummer wird unmittelbar nach dem Auftritt verhaftet, aber ziemlich schnell wieder freigelassen. Was ein schöner Abend…