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Foto: Cover/ Pennie Smith

Zeitsprung: Am 20.9.1979 entsteht das „London Calling“-Foto von The Clash.

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 20.9.1979.

von Christof Leim

Manchmal muss es raus: Am 20. September 1979 zerschlägt Paul Simonon von The Clash vor Wut und Frustration seinen Bass. Die Fotografin Pennie Smith fängt den Moment ein – und produziert so eines der legendärsten Fotos des Rock’n’Roll. Mehr Punk geht quasi nicht. Hier ist die Geschichte dieses Schnappschusses.


Hier gibt’s "London Calling" von The Clash zu hören:



Im Herbst 1979 touren The Clash bereits zum zweiten Mal durch die USA und machen sich allerorten viele neue Freunde. Am 20. September spielt das britische Quartett im Palladium in New York City. Die Zuschauer wollen feiern, wie es sich für Krachmusik gehört, doch sie müssen sitzen bleiben. So zumindest lautet die offizielle Anweisung, und das Sicherheitspersonal sorgt dafür, dass sich alle daran halten. Es könnte ja was kaputt gehen, oder jemand wird versehentlich geschubst. Oh je, oh je.

Nach 100 Prozent Punk Rock fühlt sich das so allerdings kaum an, nicht für die Fans und auch nicht für die Musiker, die wildere Reaktionen gewohnt sind. Das frustriert Bassist Paul Simonon so dermaßen, dass ihm irgendwann die Sicherung durchbrennt – und er wütend seinen Fender-Precision-Bass auf die Bühne knallt.


Das hat Wumms

Die Londoner Fotografin Pennie Smith reist damals mit The Clash durch die Staaten, hält im richtigen Sekundenbruchteil drauf und fängt den Moment ein. Das fertige Foto gefällt ihr allerdings nicht so sehr – zu unfokussiert, zu unsauber.  Als es Wochen später darum geht, ein Bild für das Cover des dritten Albums London Calling auszusuchen, wühlt sich die Band durch zahllose Bilder. Doch erst als die Momentaufnahme aus New York auftaucht, erklärt Frontmann Joe Strummer: „Das da!“

Und er hat Recht: Das Foto besitzt Wumms, Kraft, Dynamik. Perfekt für Punk Rock! Grafikdesigner Ray Lowry gestaltet damit die Albumhülle für London Calling – und  bezieht sich in Farbgebung und Schriftsatz auf Elvis Presley, der 1956er-Scheibe vom „King“ höchstselbst, als wollten The Clash den Thron des verstorbenen „König des Rock’n’Roll“ übernehmen. Natürlich verfehlt Smith’ Bild seine Wirkung nicht: Es wird 2002 vom Magazin zum besten Rock’n’Roll-Foto aller Zeiten erkoren. Die Begründung: „Es fängt den ultimativen Rock’n’Roll-Moment ein – der völlige Verlust der Kontrolle.“ Da ist was dran.


Wenn man’s genau nimmt…

Unter Musikhistorikern und Rocknerds wie uns gibt es in den folgenden Dekaden immer wieder Unstimmigkeiten bezüglich des genauen Datums von Simonons basszerstörendem Ausflipper, denn The Clash haben im Herbst 1979 zwei Konzerte im Palladium gespielt. Oft wird die zweite Show am 21. September als Entstehungszeitpunkt des Bildes genannt, doch ein Fan namens Dave Marin führt in einem längeren Online-Text akribisch recherchierte Argumente an, warum es der erste Gig am 20. September 1979 gewesen sein muss. Da geht es um Aufkleber auf Instrumenten, verschiedenenfarbigen Brusttaschen an Hemden und nicht zuletzt um einen deutlich hörbaren Knall auf Live-Bootlegs von diesem Abend. Sherlock Holmes wäre stolz gewesen, wir sagen Danke und folgen seiner Argumentation. Punk Rock hin oder her, will ja keiner an einem Tresen sitzen und falsche Rock’n’Roll-Geschichten erzählen…


The Clash - Name ist Programm: