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Foto: Phil King

Zeitsprung: Am 20.8.1948 kommt Robert Plant zur Welt.

Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 20.8.1948.

von Christof Leim

Mit Led Zeppelin hat er definiert, was Rockmusik ausmacht. Als Solokünstler bleibt er fortwährend in Bewegung. Mit seiner Stimme hat er mehr Leute beeinflusst, als wir hier aufschreiben können. Am 20. August feiert er seinen Geburtstag – und wir blicken auf ein höchst kreatives Leben zurück.

Hört hier in die besten Solo-Songs von Robert Plant rein:

Man sieht folgendes Bild, wenn man an Robert Plant denkt: Blonde Locken, blanke Brust und die Haltung eines jungen Mannes, der mit jedem Schrei, jeder Pose Zehntausende in seinen Bann zieht. Dabei will die Hälfte der Fans mit ihm ins Bett, die andere Hälfte will schlicht sein wie er. So geht „Rockgott“, ein ikonisches Bild aus den Siebzigern, geprägt nicht zuletzt durch Plant als Frontmann der größten Band der Zeit. Doch der legendäre Sänger der noch legendäreren Led Zeppelin hat sein künstlerisches Schaffen schon lange über diese Rolle hinaus ausgedehnt – und gilt weiterhin als eine der großartigsten Stimmen der Rockmusik. Nach über fünf Dekaden bleibt Plant als Künstler weiter kreativ, wandelbar und auf der Suche nach neuen Klängen. In der Vergangenheit möchte er nicht leben, deshalb ist er es, der weiteren Reunion-Aktivitäten von Led Zeppelin konsequent eine Absage erteilt.

Selbständige musikalische Frühbildung

Robert Anthony Plant kommt am 20. August 1948 im englischen West Bromwich in Staffordshire zur Welt. Schon als kleiner Junge entwickelt er ein Interesse an Musik und Gesang. Vor allem der Blues hat es ihm angetan, zu seinen Helden gehören Willie Dixon und Robert Johnson. Als Teenager verlässt er die Schule, auf eine Ausbildung als Buchhalter hat er nach zwei Wochen keine Lust mehr. Stattdessen schreibt er sich an einer Universität ein und versucht, in der Blues-Szene von Mittelengland Fuß zu fassen. „Ich habe mein Zuhause mit 16 verlassen und mich meiner musikalischen Bildung gewidmet“, wird er später im Classic Rock zitiert. „Auf eine Band folgte die nächste, was mein Verständnis des Blues nur noch verstärkt hat, ebenso für andere Arten von Musik mit einem gewissen Gewicht und Wert.“ Berufsmusiker wird man allerdings nicht aus dem Stand, also muss Robert eine Menge an eines zukünftigen Rockgottes unwürdigen Jobs erledigen. So arbeitet er im Straßenbau und in einem Kaufhaus, nimmt aber immerhin drei obskure Singles für CBS Records auf, die jedoch alle umgehend in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Außerdem arbeitet er mit Terry Reid (der beinahe Led-Zeppelin-Sänger geworden wäre) und Alexis Korner. Außerdem singt Plant in einer Vielzahl an Bands, darunter die Crawling King Snakes, bei denen er einen Drummer namens John Bonham kennenlernt. In der Band Of Joy widmen sich die beiden dem Blues in Verbindung mit neueren psychedelischen Sounds. Schade finden wir, dass aus der Gruppe Hobstweedle nichts wurde – der Name ist doch so schön.

1968 schließlich sucht Yardbirds-Gitarrist und Sessionprofi Jimmy Page neue Musiker. Als er Plant singen hört, fragt er sich, ob mit dem Mann irgendwas nicht stimmt: „Vielleicht seine Persönlichkeit, vielleicht kann man mit ihm nicht vernünftig arbeiten“, sagt er später. „Ich konnte einfach nicht verstehen, warum nach einigen Jahren als Sänger noch nicht zu den ganz großen Namen gehörte. Ich habe ihn zu mir nach Hause eingeladen, und wir haben uns prima verstanden.“ Mit John Paul Jones findet Page einen passenden Bassisten, Plant empfiehlt seinen Drummer-Kumpel John Bonham – und am 12. August 1968 spielen die vier Musiker von Led Zeppelin dann zum ersten Mal zusammen (alles dazu hier). Der Rest ist Rock’n’Roll-Geschichte vom Feinsten…

Sex & Hobbits

Schon ein halbes Jahr später sorgt das Debüt Led Zeppelin für Furore, in den folgenden Jahren wird das Quartet zu einer der größten und aufregendsten Rockbands aller Zeiten. Ihre Musik gilt als Grundlage für den harten Rock, bietet neben Riffs aber noch viel mehr: Blues, Folk, Country, keltische Musik, Americana, Spurenelemente von Pop, Funk und Reggae und sogar Weltmusik. Texte schreibt Plant zunächst keine, doch anspornt von Page entwickelt er ab Led Zeppelin II (1969) seinen eigenen Stil, der oft mystisch, philosophisch und spirituell klingt. Der Sänger bezieht sich in seinen Worten gerne auf nordische Mythology, walisische Geschichte – und J.R.R. Tolkiens Der Herr der Ringe. Anderseits folgt er der Tradition des Blues und der frühen Rock’n’Roller und lässt jede Menge sexuell aufgeladene Zwei- und auch Eindeutigkeiten vom Stapel (man höre etwa The Lemon Song).

Led Zeppelin werden zu weltweiten Stars und leben ein Leben als überlebensgroße Rockgötter. Sie spielen riesige Shows, verdienen eine noch riesigere Menge an Geld und reisen auf Tour sogar in einem Luxusflugzeug. Plant gilt als der archetypische Frontmann, mit überbordendem Selbstbewusstsein, Sex-Appeal und begeisterndem Ausdruck. (Die englische Sprache bietet dafür die wunderbaren Begriffe „bravado“ und „swagger“.) In dieser Rolle können ihm damals höchstens Mick Jagger (The Rolling Stones), Roger Daltrey (The Who) und Jim Morrison (The Doors) das Wasser reichen. Als Songwriter schafft Plant vor allem in Zusammenarbeit mit Jimmy Page unsterbliche Stücke. Doch am 25. September 1980 ist alles vorbei: John Bonham stirbt an den Folgen seines ausschweifenden Lebensstiles. Weil Led Zeppelin von der Chemie genau dieser vier Musiker lebt, löst sich die Band auf. Robert Plant ist da gerade mal 32 Jahre alt.

Den Blick immer, immer nach vorne

Kurzzeitig denkt Plant darüber nach, die Musik hinter sich zu lassen. Angeblich soll er sogar eine Laufbahn als Lehrer an einer Rudolf-Steiner-Schule ins Auge gefasst haben. Rockfans wie wir müssen an der Stelle erstmal schlucken und danken schweigend allen uns sympathischen Gottheiten, denn Plant besinnt sich eines besseren und startet eine erfolgreiche, vielseitige und bis heute andauernde Solokarriere. Dazu redet ihm insbesondere Genesis-Drummer Phil Collins ins Gewissen; später spielen die beiden sogar zusammen. Sein erstes Soloalbum Pictures At Eleven erscheint 1982, bis 1993 folgen fünf weitere. Auf den dazugehörigen Tourneen gehören Stücke seiner alten Band zunächst nicht zum Programm, weil Plant nicht bis in alle Zeiten als „ehemaliger Led-Zeppelin-Sänger“ bekannt sein will.

Über die Jahre kooperiert er trotzdem immer wieder mit seinem Songwriting-Partner Jimmy Page, etwa 1984 in der kurzlebigen All-Star-Truppe The Honeydrippers, die die gemeinsamen R&B-Wurzeln feiert. (Jeff Beck spielt ebenfalls mit.) 1988 wirkt Plant an Jimmy Pages Solowerk Outrider mit, der revanchiert sich auf Now And Zen im gleichen Jahr. 1994 schließlich macht das Duo wieder ganz offiziell gemeinsame Sache als Page & Plant und veröffentlicht das Album No Quarter: Jimmy Page And Robert Plant Unledded, auf dem sie Led-Zeppelin-Stücke im Akustikgewand und mit Weltmusik-Einschlag präsentieren und sogar neues Material schreiben. Die Tour erfreut sich großer Beliebtheit, die Fans wünschen sich (natürlich) eine „richtige“ Led Zeppelin-Reunion, doch zunächst schreiben unsere beiden Helden mit Walking Into Clarksdale (1998) ein neues Studioalbum (alles dazu hier).

Geld ist nicht mehr wichtig

Doch für Robert Plant muss es nicht immer „groß“ sein, denn er gründet die Folk Rock-Truppe Priory Of Brion und spielt für ein, zwei Jahre am liebsten in kleinen Läden. Danach gibt es noch eine neue Band namens Strange Sensation, die mit Dreamland (2002) Blues- und Folk-Songs wiederbelebt und auf Mighty ReArranger (2005) sogar neue Stücke bietet. Das funktioniert so gut, dass dabei vier Grammy-Nominierungen rausspringen. Aber Robert Plant hält sich nie gerne an Erwartungen – und tut sich mit Bluegrass-Musikern Alison Krauss zusammen. 2007 erscheint Raising Sand, und damit gewinnen die beiden sogar mehrere Grammys. Mit über 60 könnte sich der Mann dann theoretisch zur Ruhe setzen, aber das kommt selbstredend nicht in Frage: 2010 veröffentlicht er mit Band Of Joy ein gleichnamiges Album – eine Referenz an seine erste Band mit John Bonham Dekaden vorher. 2012 und 2013 spielt er schließlich mit den Sensational Shape Shifters. (Mal ehrlich: Wenn ihr an der Stelle schon den Überblick über Bands von Robert Plant verloren habt, macht euch nix daraus. Das geht uns auch so.)

Mit all diese vielseitigen Aktivitäten erweitert Plant konsequent seinen künstlerischen Ausdruck, doch der Schatten Led Zeppelin bleibt groß – und das ist nicht mal schlimm, finden wir. Mit den überlebenden Mitgliedern der Band tritt er am 13. Juli 1985 bei Live Aid auf (Phil Collins und Tony Thompson trommeln), außerdem am 15. Mai 1988 beim 40. Jubiläum von Atlantic Records, hier mit Bonhams Sohn Jason am Schlagzeug. Beide Male spielen die Musiker nur wenige Songs mit minimaler Vorbereitung, was Plant mit „Sex mit der Ex-Frau“ vergleicht. Am 10. Dezember 2007 passiert es dann endlich: Led Zeppelin spielen mit Jason Bonham ein zweistündiges Konzert in London (alles dazu hier). Schon im Vorfeld war die mediale Aufmerksamkeit gewaltig, die Show wird ein großes Ereignis (aber angeblich setzt sich Plant danach erstmal alleine in eine Kneipe). Die Nachfrage nach weiteren Gigs überrascht nicht, doch eine Tour mit Led Zeppelin – für 200 Millionen Dollar – lehnt er ab.

Heute hat er sich als Solokünstler etabliert, dessen Liebe zur Musik ungebrochen scheint (und der immer noch eine blonde Löwenmähne trägt). Sein Einfluss auf alle Rockstimmen der Welt ist immens. Die Encyclopædia Britannica schreibt: „Plant übertreibt den Stil und Ausdruck von Blues-Vokalisten wie Howlin' Wolf und Muddy Waters und kreiert so den Sound, der viel von Hard Rock und Heavy Metal definiert mit großem Stimmumfang, viel Lautstärke und emotionalem Exzess.“ Gut so.

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