von Christof Leim
Heute präsentieren wir euch zehn Fakten zur legendären Metallica-EP Garage Days von 1987. Mit vollem Titel heißt das gute Stück The $5.98 E.P.: Garage Days Re-Revisited, darauf covern Metallica fünf obskure Songs vor allem aus der New Wave of British Heavy Metal (auch bekannt als NWoBHM). Auf der Tracklist stehen Helpless von Diamond Head, The Small Hours von Holocaust, The Wait von Killing Joke, Crash Course In Brain Surgery von Budgie und das Misfits-Medley Last Caress/Green Hell.
Als Beschallung empfehlen wir diese Playlist:
1. Warum nahmen Metallica überhaupt eine Cover-EP auf?
Als Metallica im Februar 1987 von der Tour zu Master Of Puppets zurückkommen, haben sie nicht nur den Durchbruch geschafft und dem Metal einen zukünftigen Eckpfeiler des Genres spendiert. Die Musiker Anfang Zwanzig müssen auch den Tod ihres Bassisten Cliff Burton verkraften. Sein Nachfolger Jason Newsted schlägt sich auf der Bühne hervorragend, doch wie er beim Songwriting und im Studio zu James Hetfield, Lars Ulrich und Kirk Hammett passt, weiß noch niemand. Also verschanzt sich die Band in Lars’ Garage, um dort wie früher an neuen Songs zu arbeiten. Weil Metallica zudem im Sommer 1987 bei den legendären Monsters Of Rock-Festivals in Großbritannien spielen sollen, schlägt ihre englische Plattenfirma die Veröffentlichung einer EP vor. Dummerweise bricht sich Hetfield am 26. März 1987 zum zweiten Mal beim Skateboarden die Hand, was das Songwriting verlangsamt. Weil es bis auf ein Demo von Blackened noch kein brauchbares Material gibt, greifen die vier Headbanger auf einen altbewährten Zeitvertreib zurück: Sie spielen Coversongs.
2. Wieso heißt das Ding Garage Days Re-Revisited?
Wie so ziemlich bei jeder Band fing auch das Leben von Metallica in einer Garage an, und zwar mit Songs von den Künstlern, auf die die Musiker stehen. Als im November 1984 Creeping Death in Europa als Single veröffentlicht wird, packt die Band zwei Coversongs auf die B-Seite, die sie seit frühesten Tagen spielen: Am I Evil? von Diamond Head und Blitzkrieg von Blitzkrieg. Deshalb nennen Fans diese Zusammenstellung Garage Days Revisited. 1987 kehren sie zum zweiten Mal zu ihren Ursprüngen zurück, also heißt die EP folgerichtig: Garage Days Re-Revisited.
3. Und was hat es mit dieser Preisangabe auf sich?
Metallica wollen verhindern, dass die Fans zu viel für EP bezahlen, schließlich handelt es sich nicht um ein „richtiges“ Album und ist auch nicht ganz ernstgemeint. Den Preis, den sie für angemessen halten, nennen sie also nicht nur im Titel, sondern packen noch einen Aufkleber dazu, auf dem zu lesen steht: „Zahlt nicht mehr!“ Auf der Kassettenversion steht sogar „Wenn es teurer sein soll, dann klaut das Ding!“. Weil CDs üblicherweise doch mehr kosten, wird hier der Titel geändert in The $5.98 CD: Garage Days Re-Revisited. In anderen Ländern bleibt der Name der EP, aber ein Sticker weißt daraufhin, dass der Titel keine Preisangabe ist.
4. Metallica lieben Diamond Head, was?
Auf jeden Fall. Deshalb stammt Helpless, der erste Song auf Garage Days, auch von dieser britischen Combo. Das liegt vor allem an Lars Ulrich, der als Teenager zu der Band nach England gereist war und ihnen beim Songwriting über die Schulter geschaut hat. In den Riffs und Arrangements seiner eigenen Truppe macht sich das später deutlich bemerkbar. Im Laufe ihrer Karriere spielen Metallica mindestens fünf Diamond Head-Songs nach und veröffentlichen vier davon: Am I Evil?, The Prince, Helpless, It’s Electric. Lediglich ihre Version von Sucking My Love findet man nur auf Bootlegs.
5. Welche Songs standen noch zur Auswahl?
Als die Band White Lightning von der NWoBHM-Band Paralex proben, stimmt Kirk das Riff zu The Wait von den Post-Punkern Killing Joke an. Das scheint den Metallica-Jungs besser zu gefallen, denn sie ändern ihre Songauswahl. Pech für Paralex, die bereits vom Metallica-Management kontaktiert worden waren. In einem Eintrag auf ihrer Homepage schreibt die Band heute ganz sympathisch: „Es fühlt sich gut an zu wissen, dass eine Underground-Band wie Paralex die Metal-Götter Metallica beeinflusst hat.“ Ebenfalls zur Debatte für die EP standen Signal Fire von den Japanern Bow Wow und I'm No Fool der Briten Gaskin.
6. Was sind das für schiefe Töne ganz am Ende?
Dass die mächtigen Iron Maiden einen gewaltigen Einfluss auf Metallica hatten, steht außer Frage. Nach den letzten Takten von Last Caress/Green Hell täuschen Metallica deshalb das Intro des Maiden-Klassikers Run To The Hills an. Der Rhythmus stimmt, aber tonal spielen unsere Jungs mit Schwung und bewusst völlig in den Wald. Mit anderen Worten: Metallica haben sich hier einen Scherz erlaubt.
7. Wurde die EP also in einer Garage aufgenommen?
Nein, sondern in den hochklassigen A&M Studios in Santa Monica und den Conway Studios in West Hollywood. Die Songs wurden jedoch in Lars’ Garage geprobt. Die hatte die Band zuvor gemeinsam schallisoliert, und zwar laut den Liner Notes ohne die Hilfe von „K_ _ _“ (also Kirk) und unter der Leitung von „Building Master J. Newkid“.
8. Warum taucht Ted Nugent in der Dankesliste auf?
Weil der US-Rocker früher als geplant mit seinem Soloalbum If You Can’t Lick ‘Em … Lick’ Em fertig wurde, überließ er Metallica gebuchte Kapazitäten in den Conway Studios. Deshalb steht im Kleingedruckten zu lesen: „Thanx for Ted Nugent for studio time.“
9. Warum sieht man die Garage Days-Scheibe so selten?
Am 21. August 1987 erschien die EP, ab 1989 wurde sie nicht mehr nachgepresst und so zu einem beliebten Sammlerstück. Erst 1998 tauchten die Songs wieder offiziell auf der Metallica-Cover-Platte Garage Inc. auf. Am 13. April 2018 erscheint The $5.98 E.P.: Garage Days Re-Revisited wieder in der ursprünglichen Form als Remaster.
10. In den Credits steht „Not very produced by Metallica“. Was meint die Band denn damit?
Metallica nageln Garage Days im Juli 1987 in sechs Tagen auf’s Band. Laut den Liner Notes hat beim Vorgänger Master Of Puppets alleine das Aufbauen des Equipments so lange gedauert. Die sonst auf Perfektion bedachten Musiker lassen für die EP die Zügel ein wenig locker, schießen die Riffs aus der Hüfte und stören sich nicht an Nebengeräuschen. Daraus ergibt sich ein unperfekter, aber tatsächlich ziemlich fetter Sound, den viele Fans mögen. Das Perfide dabei: Jason Newsteds Bass ist deutlich zu hören, insbesondere im Intro von Crash Course In Brain Surgery, doch beim nächsten „richtigen“ Album …And Justice For All (1988) wird er gnadenlos in den Hintergrund gemischt.