Die Idee zu Yesterday ist ebenso absurd wie genial: Nach einem globalen Stromausfall sind die Beatles aus der kollektiven Menschheitserinnerung gelöscht. Nur ein armer Straßenmusiker erinnert sich an ihre Songs – und steigt zum Weltstar auf. Wir haben den Soundtrack mal genauestens unter die Lupe genommen.
von Björn Springorum
Loriot sagte ja mal so was wie „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos“. Viele Musikliebhaber dürften den Mops in dieser steilen These mühelos mit den Beatles ersetzen können. Keine Band ist wie sie, ihre Errungenschaften sind für die Musik und die Popkultur von unschätzbarem Wert, ihre Lieder erschufen die moderne Popmusik und haben sich bis in den allerletzten Winkel dieses Planeten verbreitet.
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Spaß für Musik-Nerds und Beatles-Fans
Was wäre also, wenn diese Band plötzlich verschwinden würde? Einfach so, als hätte es sie nie gegeben? Genau dieser ebenso absurden wie spannenden Frage geht Danny Boyles jüngster Film Yesterday nach. Ein globaler Stromausfall, mehr ist nicht nötig, um die Beatles aus der kollektiven Menschheitserinnerung zu löschen. Einzig der arme und erfolglose Straßenmusiker Jack Malik (gespielt von Newcomer Himesh Patel) kann sich an die unsterblichen Songs erinnern. Und steigt zum Megastar auf, gegen den selbst Ed Sheeran mächtig alt aussieht.
Sieht man mal davon ab, dass die gesamte Musikgeschichte ohne eine Band wie die Beatles komplett anders verlaufen wäre, ist das ein hintersinniger, hübscher Spaß für Musik-Nerds und Beatles-Fans. Und natürlich auch ein wunderbarer Anlass, sich mal wieder mit der wundervollen, zeitlosen, unerreichten Musik der Fab Four auseinanderzusetzen. Denn ihre Songs, die gibt es natürlich auch im Soundtrack von Yesterday. Allerdings nicht von den Beatles, sondern von Hautpdarsteller Patel persönlich eingespielt.
Ein entscheidender Vorteil
Das kann in die Hose gehen. Rami Malek versuchte es in Bohemian Rhapdosy gar nicht erst und bewegte nur die Lippen, Taron Egerton hingegen machte in Rocketman einen famosen Job. Patel hat nun den Vorteil, dass er keinen Beatle spielt, sondern einen ärmlichen Straßenmusiker. Und die Beatles-Songs frei Schnauze covern kann, sozusagen. Das gelingt nicht nur in der Geschichte des Films wunderbar, in der Malik zum gefeierten Idol wird.
Hier könnt ihr euch den Yesterday-Soundtrack anhören:
Yesterday ist seiner Zartheit und Verletzlichkeit sehr nah am Original, I Saw Her Standing There kommt noch ein wenig rotziger und punkiger daher, Something verdeutlicht wahrscheinlich am allerbesten, wieso die Beatles-Songs auch noch ein halbes Jahrhundert später so gut funktionieren: zeitlos, in der scheinbaren Einfachheit doch durchdacht und genial arrangiert – und gesegnet mit wunderbaren Melodien.
Let It Be hätte durchaus etwas mehr Eigenständigkeit vertragen, doch bei The Long And Winding Road kann Patel wieder glänzen. Und spätestens, wenn Help! in einer Live-Version mit kompletter Rock-Band furios-punkig auftrumpft, steht das Verdikt fest: Yesterday ist auch als Soundtrack eine wundervolle Verbeugung vor der größten und wichtigsten Pop-Band aller Zeiten. Besser sind die Songs natürlich nicht. Aber großartig sind sie auch in Patels Herangehensweise.
Lob der Beatles
Während es also durchaus unlogisch ist, dass sich die Welt auch ohne die Beatles genauso entwickelt hätte (und letzten Endes auch keinen Ed Sheeran hervorgebracht hätte, der in dem Film als wunderbarer Co-Star agiert), ist es absolut glaubwürdig, dass diese legendären Songs auch im Jahre 2019 auf offene Ohren stoßen würden. Paul McCartney zumindest zeigte sich nach dem Genuss des Trailers begeistert, Ringo Starr und George Harrisons Witwe waren vom fertigen Film sehr beeindruckt. Der enthält einen ziemlich bahnbrechenden, unerwarteten und für viele vielleicht auch skandalösen Plot-Twist. Aber den verraten wir natürlich nicht.