Anekdoten, Jubiläen und wilde Geschichten: Was an diesem Tag in der Welt der Musik passiert ist, lest ihr täglich in unserem Zeitsprung. Heute: 6.5.1965.
von Christof Leim
Wie gut, das Keith Richards einen Kassettenrekorder dabei hatte: Es ist schon tief in der Nacht, als der Rolling Stones-Gitarrist am 6. Mai 1965 schnell mal eben ein Riff aufnimmt, das ihm in Kopf herumspukt. Der Mann schläft da fast schon, denn laut seiner Autobiografie Life kann er sich nicht mal mehr daran erinnern. Auf dem Band hört man zwei Minuten Gitarrengeplänkel, dann „vierzig Minuten Schnarchen“. Ein gewöhnliches Ereignis im Leben eines Songwriters, könnte man meinen. Ideen kommen, Ideen gehen, manche werden festgehalten, manche verschwinden für immer. Zum Glück passiert das hier nicht, denn dieses kleine Riff hat etwas. Richards spielt es Sänger Mick Jagger vor, zusammen schreiben die beiden einen der ikonischsten Songs der Rockgeschichte: (I Can’t Get No) Satisfaction.
Zum Ort dieser folgenschweren Aufnahme gibt es verschiedene Aussagen. Oft wird von einem Motelzimmer in Clearwater, Florida gesprochen, ebenso von einem Haus in Chelsea oder dem Londoner Hilton. Richards selbst jedoch nennt in seiner Autobiografie sein Appartement in St. John’s Wood, einem Stadtteil von London. Er gibt zudem an, Jagger habe den Text am Pool des Hotels in Clearwater fertiggestellt, was die Konfusion erklären könnte.
Das ikonische „Satisfaction“-Riff."Keef" wollte es anders
Die Rolling Stones nehmen die Nummer zum ersten Mal am 10. Mai 1965 in den Chess Studios in Chicago, Illinois auf, fangen aber zwei Tage später in den RCA Studios in Hollywood, Kalifornien von vorne an. Hier legen legen sie einen anderen Beat darunter, und Richards benutzt einen neuen Gitarreneffekt von Gibson namens Maestro FZ-1 Fuzz-Tone. So erhält sein Riff diesen markanten verzerrten Ton. Allerdings hatte der Meister einen ganz anderen Sound im Kopf, denn Bläser sollten das Riff spielen. Die Fuzztone-Gitarre gilt nur als „Notiz“, als Platzhalter. Doch der Rest der Band sowie Produzent Andrew Loog Oldham finden es so großartig, dass die Passage bleibt, wie sie ist. Es sind auch vor allem die anderen, die dafür stimmen, Satisfaction zur Single zu machen.
Im Juni 1965 erscheint das Ding – und bringt die Stones zum ersten Mal auf Platz eins in den USA. In ihrem Heimatland Großbritannien läuft es nicht so gut, weil viele Sender sich weigern, die Nummer wegen ihres „anzüglichen“ Textes zu spielen. Die Piratensender der Zeit stören sich daran weniger. Trotz allem steigt Satisfaction auch auf der Insel später bis an die Spitze der Charts. Wie bei vielen Tonträgern Mitte der Sechziger üblich, erklingen alle Veröffentlichungen der Single zunächst nur in Mono. Erst Mitte der Achtziger erscheint eine Stereoversion auf der deutschen und japanischen Ausgabe der Hot-Rocks-Kompilation. Wegen des Erfolges der Nummer bricht unter Gitarristen zudem ein „Run“ auf die Gibson Fuzzbox los, so dass Ende des Jahres sämtliche verfügbaren Geräte ausverkauft sind.
Ein Glück...
(I Can’t Get No) Satisfaction gehört 50 Jahre später zu den wichtigsten Songs der Rock’n’Roll-Geschichte, wurde millionenfach gecovert, gesendet und gespielt. Das Stück beeinflusste nicht nur Heerscharen an Musiker*innen, sondern bescherte der Truppe auch ihren endgültigen Durchbruch, wie Mick Jagger kommentierte: „Das Lied machte uns von einer weiteren Band unter vielen zu einer riesigen Monsterband.“ Ein Glück, dass Keith Richards im Halbschlaf auf Aufnahme gedrückt hat…
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