Die einen wurden zu Evergreens, die anderen gerieten in Vergessenheit: Nicht alle beliebten Songs aus einem Jahrzehnt bleiben im kollektiven Gedächtnis hängen, das gilt auch für die so aufregenden 1960er-Jahre. Ob dabei alleine die Qualität entscheidet, ist höchst fraglich, wie man an dieser Liste der vergessenen Hits sieht. Wir haben tief gegraben und echte Perlen an die Oberfläche gehievt, die teilweise nur echten Liebhaber*innen und Expert*innen ein Begriff sein dürften. Aber man lernt ja nie aus. „Best of the 60s“ mal anders, aber mindestens genau so gut.
Hör hier unsere 10 Hits der 60er, die heute keiner mehr kennt:
1. The Human Beinz – Nobody But Me
Vergebenes Potenzial oder doch One Hit Wonder? Diese Band aus Ohio stürmte 1967 mit ihrer Debütsingle Nobody But Me die US-Charts, einer mächtig nach vorne gehenden Nummer zwischen Garagenrock und britischem Beat. Sowohl das folgende Album als auch spätere Singles von The Human Beinz floppten allerdings in ihrer Heimat. Kurioserweise landeten sie mit Turn On Your Love Light einen Nummer-eins-Hit in Japan, doch das konnte ihre Karriere auch nicht mehr retten. Quentin Tarantino, ein Connaisseur verschollener Rock-Hits, verwendete Nobody But Me in seinem Klassiker Kill Bill: Vol. 1, was den Kultstatus des Songs nur unterstreicht.
2. Johnny Rivers – Secret Agent Man
Johnny Rivers war während der 1960er-Jahre eine amtliche Hit-Maschine, doch seine großen Erfolge sind heute nur noch wenigen bekannt. Secret Agent Man war einer seiner größten Songs, ein Rock’n’Roll-Hammer, der jede 60s-Party sprengt und sich ebenfalls gut in einem Tarantino-Film machen würde – das Gitarrenriff am Anfang erinnert jedenfalls stark an Pulp Fiction. Secret Agent Man wurde ursprünglich als Theme-Song zur britischen TV-Serie Danger Man aufgenommen, doch die Nummer war so populär, dass Rivers 1966 eine normale Single-Version davon einspielte, mit der er Platz 3 der Billboard-Charts erreichte.
3. Claudine Clark – Party Lights
Verschollene Soul-Klassiker aus den 1960ern gibt es wie Sand am Meer. Immer wieder werden neue alte Perlen ausgegraben, die über die Jahre in Vergessenheit gerieten. Party Lights von Claudine Clark ist ein Favorit von Soul-Nerds, und man fragt sich schon, wieso es die Nummer nicht in die Evergreen-Listen der Radiosender geschafft hat. Die Karriere der Künstlerin aus Philadelphia lief Anfang der 1960er-Jahre recht gut, doch irgendwann begann sie abzuflauen. Party Lights war ihr erstes selbstkomponiertes und -getextetes Stück, mit dem sie damals auch am erfolgreichsten war und 15 Wochen in den Top 100 verbrachte.
4. Strawberry Alarm Clock – Incense And Peppermints
Kennt noch irgendjemand Strawberry Alarm Clock? Allein der Bandname hätte eigentlich dafür sorgen müssen, dass man sich an diese Psychedelic-Truppe aus Los Angeles erinnert. Für mehr als zwei Top-40-Hits und eher belanglose Alben hat es aber leider nicht gereicht für die 1967 gegründete Band, die seit 1982 wieder aktiv ist. Incense And Peppermints war ihr großer Hit aus dem Jahr 1967, mit dem sie in den USA direkt auf Platz 1 gingen. Stilistisch ist der Song nicht weit weg von den Doors, doch in der Musikgeschichte ist offenbar doch meistens nur Platz für die Sieger.
5. The High Numbers – Zoot Suit
Dieser Song ist eine Kuriosität: Bei seiner Veröffentlichung im Jahr 1964 interessierte sich niemand für Zoot Suit. Deshalb beschlossen The High Numbers, wieder ihren ursprünglich angedachten Bandnamen zu verwenden – The Who. Ein Jahr später veröffentlichten sie My Generation, und der Rest der Geschichte dürfte bekannt sein. Fans von The Who und Mod-Liebhaber*innen kennen Zoot Suit natürlich trotzdem, denn die Beat-Hymne wurde 1979 im Kultfilm Quadrophenia eingesetzt und 1980 als Single wiederveröffentlicht, dieses Mal mit einschlagendem Erfolg.
6. The Zombies – She’s Not There
Keine Summer-Of-Love-Compilation kommt ohne Time Of The Season von The Zombies aus. Ziemlich in Vergessenheit geraten ist dagegen die Debütsingle der britischen Band: She’s Not There war ein massiver Hit sowohl auf der Insel als auch in den Vereinigten Staaten. Immerhin listete der Rolling Stone She’s Not There auf Platz 297 der 500 größten Songs aller Zeiten. Das muss den Leuten mal jemand erzählen!
7. Nancy Sinatra & Lee Hazlewood – Some Velvet Morning
Echte Musikexpert*innen kennen natürlich vieles aus dieser Liste, und ganz bestimmt auch diesen Klassiker, der schon von Künstler*innen wie Primal Scream und Kate Moss, Slowdive oder Lydia Lunch und Rowland S. Howard gecovert wurde – eine echte Outlaw-Hymne sozusagen. Das Original von Some Velvet Morning stammt von Nancy Sinatra und Lee Hazlewood, die 1967 damit einige Platten verkaufen konnten.
8. Shocking Blue – Mighty Joe
Wenn ein Hit die gesamte Karriere überschattet – noch viel tragischer als bei den Zombies ist dieses Missverhältnis bei Shocking Blue, der niederländischen Band, die mit Venus aus dem Jahr 1969 unsterblich wurde. Nur kurze Zeit später schickten sie mit Mighty Joe einen Kracher nach, der wohl zu roh und rockig für die Oldie-Hitlisten war, auf denen Venus seinen festen Platz hat. Mighty Joe schaffte es damals sogar in den deutschen Charts auf Platz 6. Shocking Blue scheinen auch den ein oder anderen einflussreichen Fan gehabt zu haben: Ihren Song Love Buzz, ebenfalls von 1969, coverte knapp 20 Jahre später eine junge Band namens Nirvana und veröffentlichte den Song als ihre Debütsingle.
9. The Troggs – I Can’t Control Myself
Okay, noch einer aus dieser Kategorie. The Troggs sind natürlich keine Unbekannten, sondern werden für viel mehr geliebt und verehrt als nur ihren Klassiker Wild Thing. Dennoch sind ihre anderen Hits in der breiten Öffentlichkeit völlig in Vergessenheit geraten, zum Beispiel ihre dritte Single aus dem Jahr 1966 namens I Can’t Control Myself, mit der The Troggs damals ähnliche Erfolge feierten wie mit ihrem Signature-Hit. Pures 60s-Feeling.
10. The Creation – Making Time
Und zuletzt eine Band, die wirklich keine Sau mehr kennen würde, wäre da nicht dieser eine Song. Making Time von The Creation passt perfekt zum Sound von The Troggs oder Shocking Blue und es ist einfach nur jammerschade, dass aus The Creation nicht mehr geworden ist. Aber auch so gilt Making Time bei Liebhaber*innen von charmantem, charakterstarken 60s-Sound als absoluter Klassiker. Zum Beispiel bei Wes Anderson, der den Song in seinem Film Rushmore (1998) verwendete. Da ist diese Perle bestens aufgehoben.