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Foto: Andrew H. Walker/Getty Images

„1989“ wird 10: Taylor Swifts Metamorphose zum Megastar

Aus Country wird Synth-Pop: 1989 ist Taylor Swifts Wiedergeburt. Mit ihrem fünften Album stellt sie vor zehn Jahren die Weichen, die sie zur mächtigsten Künstlerin der Welt machen werden.

Es ist ja nicht so, dass Taylor Swift vor 1989 ein Nobody gewesen wäre. 2012 veröffentlicht sie mit Red ein Country-Pop-Album, das sich allein in den USA über 4,5 Millionen Mal verkauft, weltweit Platin holt und die dazugehörige Tournee zur erfolgreichsten Country-Konzertreise aller Zeiten macht. Mit anderen Worten: Es läuft schon damals echt ganz okay für sie. Gemessen an dem, was kommt, ist das jedoch alles kaum der Rede wert. Mit Album fünf, symbolisch nach ihrem Geburtsjahr benannt, beginnt die gewaltigste Metamorphose, die die Popwelt jemals gesehen hat: Die Country-Larve verpuppt sich – und wird zum Pop-Schmetterling. Der unaufhaltsame Aufstieg der Taylor Swift beginnt.

Umzug nach New York

Die Geschichte fängt da an, wo die meisten Geschichten anfangen: Bei einem gebrochenen Herzen. Red ist ein großes Breakup-Album, ein Werk, das sich mit verlorener Liebe und Desillusionierung auseinandersetzt – im Grunde also die kleine Schwester von The Tortured Poets Department. Wer Schuld an diesem gebrochenen Herzen ist, verrät sie natürlich nicht. Zwischen 2010 und 2013 datet sie Jake Gyllenhaal, Conor Kennedy und Harry Styles. Mitschuld haben wahrscheinlich alle.

Wie nach einer schmerzhaften Trennung so üblich, sucht auch Taylor Swift nach Veränderung. Sie findet sie in einem neuen Image: Wo Red trotz poppiger Einflüsse noch stark im Country verhaftet ist, schlägt sie einen radikalen neuen Kurs ein: Schluss mit Country, hallo Stadion-Pop. Nicht mal sie selbst kann damals ahnen, was diese Metamorphose nach sich ziehen wird. Zehn Jahre später ist sie der größte Popstar nicht nur unserer Zeit, die einflussreichste Entertainerin, die jemals gelebt hat. Und wenn man ihr so zuhört, dann all das nur wegen einer Trennung und eines Umzugs nach New York City.

Annie Lennox und Peter Gabriel im Geiste

In der Stadt, die niemals schläft, erfindet sich Swift neu, begräbt sich und lässt sich wiederauferstehen. Nach Red ist dieser Schritt nötig, sagte sie selbst mal darüber. Es sei einfach unmöglich, Country und Pop gleichzeitig gerecht zu werden: „Wenn man zwei Kaninchen jagt, verliert man beide.“ Sie lässt sich vom Synthie-Pop der Achtziger und vom pulsierenden Leben in NYC beeinflussen, saugt die Trademarks dieser Zeit auf, erforscht Synthesizer, Drum-Pads und sich überlagernden Gesang. Mit Annie Lennox und Peter Gabriel im Geiste macht sie sich auf in Richtung Neuland. Und erschafft eines der besten amerikanischen Popalben aller Zeiten.

Zentrale Figur hinter 1989 ist Jack Antonoff. Die beiden kennen sich von einer gemeinsamen Soundtrack-Arbeit und beginnen eine Kollaboration, die bis heute Bestand hat und die Leben beider nachhaltig prägen wird. „Taylor ist die erste Person, die mich einen Song produzieren ließ“, sagte er mal. „Vor Taylor sagten alle: ‚Du bist kein Produzent.‘ Es brauchte Taylor Swift, um zu sagen: ‚Ich mag es, wie es klingt.‘“

„Ich wollte nicht mehr wie ein Opfer wirken“

Die erste Single aus 1989 ist Shake It Off. Heute längst einer ihrer Klassiker, zeigt uns der aufputschende Song exemplarisch, was wir von der neuen Taylor Swift zu erwarten haben – New Yorkerin, kürzere Haare, Single statt Nashville-Mädchen mit langen Haaren und Gitarre. „In Shake It Off geht es darum, wie ich mit Kritik, Klatsch und Demütigung umgehe und mit all den Dingen, die mich früher fertig gemacht haben. Jetzt gehe ich mit diesen Dingen um, indem ich über sie lache“, sagte sie 2014 dem Billboard Magazine. „Ich wollte nicht mehr wie ein Opfer wirken. Vor vier Jahren habe ich einen Song mit dem Titel Mean herausgebracht, in dem es um die Frage ging: ‚Warum hackt ihr auf mir herum? Warum kann ich in deinen Augen nie etwas richtig machen?’ Ein paar Jahre später heißt es: ‚Weißt du was? Wenn du dich darüber aufregst, dass ich einfach nur ich selbst bin, werde ich noch mehr ich selbst sein und habe dabei mehr Spaß als du.’“

Das erfolgreichste Album des Jahres

Das gilt auch für 1989 in seiner schillernden, pulsierenden Gänze. Es ist ein überbordendes Pop-Album, unapologetisch catchy, bunt wie Konfetti und glitzernd wie eine Discokugel. Sie liegt goldrichtig damit: 1989 wird das erfolgreichste Album des Jahres in den USA, die Tournee dazu ist ebenfalls erfolgreicher als jede andere. Es gibt einen Grammy und über 14 Millionen verkaufte Einheiten. Mehr noch: Es verändert die Poplandschaft radikal und nachhaltig. Taylor Swift ist plötzlich Popstar – und noch dazu ein Star, der Musik zu ihren eigenen Bedingungen macht. Das ist damals sehr selten und wird zum Vorbild für eine ganze Generation.

„Dieses Album habe ich ganz allein nach meinen Vorstellungen gemacht, ohne dass die Meinung anderer oder die Agenda anderer eine Rolle gespielt hätte“, betonte sie Ende 2014. „Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich mir zu viele Gedanken über die musikalische Richtung machen musste. In der Vergangenheit habe ich immer versucht, zwei verschiedene Genres zu bedienen, und dieses Mal musste ich nur über eines nachdenken, was kreativ eine Erleichterung war. Es war schön, ehrlich darüber zu sein, was ich mache.“

Taylor gegen ihr altes Label

Ganz ohne Probleme kommt sie aber nicht davon: Einige Jahre später gerät sie in Rechtsstreit mit ihrer damaligen Plattenfirma Big Machine. Weil die Rechte ihrer Songs vor 2018 nicht bei ihr liegen, nimmt sie kurzerhand ihre ersten Alben noch mal auf. Neben den neu aufgenommenen Songs wird 1989 (Taylor’s Version) mit fünf unveröffentlichten Songs bestückt, die bei ihr immer unter dem Namen From The Vaults laufen. Ein Präzedenzfall, der die Diskussion um Musikrecht neu entfacht und unzählige Künstler:innen beeinflusst hat. All das wegen einer Trennung und eines Umzugs nach New York…

Der Erfolg des Albums setzt sie einer so gewaltigen Aufmerksamkeit durch Medien, Paparazzi und Fans aus, dass sie sich nach der Tour erst mal zurückzieht. Als sie wiederkommt, hat sie Reputation im Gepäck. Und alles wird noch viel, viel größer.

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