Beatles-Platten, Obama und eine geheime Reunion-Show: 5 Anekdoten, die nur aus dem Leben von Chris Cornell stammen können
popkultur18.05.22
Mit Soundgarden gehörte er zu den wichtigsten Persönlichkeiten des Grunge, mit Audioslave mischte er ab 2001 die Welt des Alternative Rock auf. Auch solo berührte uns Chris Cornell mit seiner vier Oktaven starken Ausnahmestimme. Diese fünf Anekdoten können nur aus seinem Leben stammen, das im Mai 2017 leider viel zu früh endete.
von Timon Menge
Hier könnt ihr euch No One Sings Like You Anymore von Chris Cornell anhören:
1. Als Kind rettete er eine Beatles-Plattensammlung aus dem Keller seiner Nachbarn.
Wenn man eine Erhebung starten würde, welche Band am häufigsten als wichtiger Einfluss auf andere Bands genannt wird, gäbe es wohl einen klaren Sieger: die Beatles. Auch Chris Cornell gehörte zu den leidenschaftlichen Anhänger*innen der „Fab Four“. „Ich erinnere mich daran, dass ich mal eine Beatles-Plattensammlung aus dem Keller meiner Nachbarn geklaut habe“, beichtete er im Interview mit den Los Angeles Times. „Sie hatten sie auf den Boden geworfen und der Keller lief voll Wasser und alle Hüllen waren kaputt. Ich habe die Platten rausgeholt und sie zwischen Küchentücher gelegt. Dann habe ich sie mit nach Hause genommen und sie gehört. Ich habe wochenlang in meinem Zimmer gesessen und mir diese Platten angehört.“ In einem anderen Interview erzählte Cornell: „Die Beatles waren meine Musikschule.“ Eine besondere Bindung baute Cornell zu dem Song Hey Jude auf. „Ich habe dabei Gefühle gehabt, die ich noch nie vorher hatte“, berichtete er. „Eine Art seltsame Euphorie.“ Für eine Initialzündung sorgte die Musik der Beatles noch nicht, wie Cornell erzählte: „Es gab nicht diesen einen Moment, in dem ich dachte: ‚Wow, das möchte ich machen!‘ Überhaupt nicht. Ich habe mich einfach nur gut gefühlt.“
2. Als er in der sechsten Klasse war, sang er zum ersten Mal vor einem Publikum — und rührte einige Lehrer*innen zu Tränen.
Cornell fühlte sich durch die Musik der Beatles offenbar so angespornt, dass er nur wenig später Klavierstunden nahm und schließlich das Schlagzeug für sich entdeckte. So behauptete er später sogar, seine Mutter habe ihm das Leben gerettet, als sie ihm eine Snaredrum kaufte. In die Geschichtsbücher ging Cornell allerdings weder als Pianist noch als Schlagzeuger ein: Wir kennen ihn vor allem als einen der größten Sänger der Rockgeschichte. Schon in der sechsten Klasse traute er sich, an einer Talentshow in seiner Highschool teilzunehmen und rockte das Ding gewaltig. „Ich erinnere mich daran, dass ich total nervös war, aber auch daran, dass es stürmischen Beifall gab“, so Cornell. „Manche Lehrer haben geweint. Ich habe damals einen Song namens One Tin Soldier gesungen und wurde dabei von einer Klassenkameradin begleitet, die das Stück auf dem Klavier spielen konnte.“
3. Als er 2008 mit Linkin Park tourte, kollaborierte er mit Chester Bennington.
Als Linkin Park im Jahr 2008 zum siebten Mal in Folge ihre hauseigene Festivaltour Projekt Revolution starteten, handelte es sich dabei nicht nur um die erste Ausgabe der Konzertreise, die den Tross auch nach Europa führte. Nein, es kam im Rahmen der Tour auch zur Kollaboration zwischen zwei der besten Sänger des 21. Jahrhunderts: Chester Bennington und Chris Cornell. So sang Bennington am 20. Juli 2008 mit, als Cornell die Ballade Hunger Strike von Temple Of The Dog anstimmte. Cornell wiederum enterte die Bühne, als Linkin Park ihr Stück Crawling zum Besten gaben. Im Anschluss animierte Bennington das Publikum auch noch zu einem Ständchen für Cornell, der am 20. Juli 2008 seinen 44. Geburtstag feierte.
4. Am 16. April 2010 spielte er mit Soundgarden eine geheime Reunion-Show im Showbox Theater in Seattle —allerdings unter dem Namen Nudedragons.
Als Soundgarden am 8. April 1997 ihre Auflösung bekanntgaben, brach für viele Fans der Gruppe eine Welt zusammen. „Es war ziemlich offensichtlich, dass jeder von uns im Lauf des letzten halben Jahres unzufrieden war“, erzählte Gitarrist Kim Thayil einige Monate später in einem Interview mit Guitar World. Soundgarden verschwanden von der Bildfläche, doch am 1. Januar 2010 kam es zum großen Knall: Nach insgesamt zwölf Jahren Pause gaben die Grunge-Helden ihre Reunion bekannt. Den Auftakt markierte ein Konzert am 16. April 2010 im Showbox At The Market in Seattle. Gerade einmal gut 1.100 Zuschauer*innen passen in den Club, weshalb Soundgarden dort nicht unter ihrem echten Namen auftraten, sondern als Nudedragons. Ausverkauft war der Laden natürlich trotzdem, denn die große Nachricht des Abends lautete: Soundgarden sind wieder da.
5. Am 21. Januar 2013 trat er mit Soundgarden bei der zweiten Amtseinführung von Barack Obama auf. Es handelte sich um den ersten Auftritt einer Rockband zu solch einem Anlass.
„Wir waren der letzte Act des Abends“, erinnerte sich Soundgarden-Gitarrist Kim Thayil später im Interview mit The Pulse Of Radio. „Als wir angefangen haben, sind definitiv viele Leute Richtung Tür gegangen, weil wir laut und aggressiv sind. Die Leute in ihren Stöckelschuhen und Ballkleidern hatten wahrscheinlich was anderes vor und haben gemerkt, dass ihr Abend vorbei ist. Es waren aber auch einige Hunderte bis Tausende dabei, die ihre Kragen und Fliegen gelockert haben und sich auf uns einlassen konnten.“ Eine lustige Vorstellung. Treffen durften die Musiker den damaligen Präsidenten und die First Lady vor ihrem Set übrigens auch.
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